Februar 2025 – Thüringer Handwerk -- archive.php --

Das Thüringer Handwerk vor der Bundestagswahl 2025: Interview mit Stefan Lobenstein

Die Bundestagswahl am 23.  Februar rückt näher – und mit ihr die Frage, welche Weichen für die Zukunft des Handwerks gestellt werden müssen. Stefan Lobenstein, Präsident des Thüringer Handwerkstag e.V., spricht im Interview über wirtschaftspolitische Herausforderungen und die Erwartungen des Thüringer Handwerks an die neue Bundesregierung.

Herr Lobenstein, wie blicken Sie als Vertreter des Thüringer Handwerks auf die aktuelle wirtschaftliche Lage?

Die wirtschaftliche Situation ist herausfordernd. Das Handwerk ist ein Stabilitätsanker, aber auch wir spüren die Belastungen durch hohe Energiekosten, wachsende Bürokratie und die zurückhaltende Investitionsbereitschaft vieler Betriebe. Besonders alarmierend ist, dass viele Unternehmen aufgrund der unsicheren wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen keine langfristigen Investitionen wagen. Das darf nicht so weitergehen.

Welche Erwartungen haben Sie an die neue Bundesregierung?

Die Betriebe brauchen verlässliche politische Entscheidungen, weniger Bürokratie und bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Dazu gehören unter anderem eine Entlastung bei Steuern und Sozialabgaben, eine gezielte Fachkräfteoffensive und Anreize für Betriebsnachfolgen. Besonders wichtig ist, dass Wirtschaftspolitik endlich wieder Chefsache wird. Gerade für Bundesländer wie Thüringen, das von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt ist, braucht es eine Politik, die die realen Herausforderungen der Betriebe ernst nimmt und praxistaugliche Lösungen bietet.

Der Fachkräftemangel ist ein Dauerbrenner. Wie könnte hier Abhilfe geschaffen werden?

Wir müssen die duale Ausbildung stärken und endlich für Gleichwertigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung sorgen. Die frühzeitige Berufsorientierung – auch an Gymnasien – muss gefördert werden. Die Praktikumsprämie in Thüringen hat sich als Erfolgsmodell erwiesen, daran könnte sich auch die zukünftige Bundespolitik ein Beispiel nehmen. Ebenso muss es einfacher werden, ausländische Fachkräfte ins Handwerk zu integrieren. Die aktuellen Hürden sind schlicht zu hoch.

Neben dem Fachkräftemangel ist auch die Betriebsnachfolge ein großes Thema. Was muss hier passieren?

Etwa ein Drittel der Betriebe in Thüringen steht in den kommenden Jahren zur Übergabe an. Häufig fehlt jedoch eine geeignete Nachfolge – sei es in der Familie oder aus dem Team. Das führt dazu, dass wirtschaftlich gesunde Betriebe schließen müssen. Die Politik muss hier gezielt unterstützen, beispielsweise durch steuerliche Erleichterungen und Förderprogramme, um die Übernahme für junge Handwerkerinnen und Handwerker attraktiver zu machen.

Was braucht das Handwerk in Thüringen, um gestärkt in die Zukunft zu gehen?

Wir benötigen verlässliche politische Rahmenbedingungen, eine deutliche Reduzierung bürokratischer Hürden und eine konsequente Förderung der beruflichen Ausbildung. Außerdem muss es wirtschaftspolitische Anreize geben, um Betriebsübernahmen zu erleichtern und Investitionen in Innovation und Digitalisierung zu fördern. Thüringen hat ein starkes Handwerk – doch ohne die richtigen politischen Entscheidungen kann sich dieses Potenzial nicht voll entfalten.

Ihr Fazit?

Das Handwerk wird gebraucht, gestern, heute und morgen. Unsere Betriebe sind der Motor der regionalen Wirtschaft und unverzichtbar für Thüringen. Damit das so bleibt, brauchen wir eine Bundespolitik, die das Handwerk unterstützt und nicht ausbremst.