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„MBG-Handwerk“ gestartet MBG und Thüringer Handwerk konzipierten Beteiligungsprodukt speziell für kleine und mittlere Betriebe

Mitteilung des Thüringer Handwerkstages vom 23. Juni 2009

„MBG-Handwerk“ gestartet

MBG und Thüringer Handwerk konzipierten Beteiligungsprodukt speziell für kleine und mittlere Betriebe
 
Die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Thüringen (MBG) und der Thüringer Handwerkstag (THT) haben mit dem Programm „MBG Handwerk“ jetzt ein speziell auf die Bedürfnisse von Handwerksbetrieben zugeschnittenes Förderinstrument entwickelt. Die Eigenkapitalbasis und damit die Existenzfähigkeit der Betriebe soll mit der neuen Möglichkeit Beteiligungskapital zu erhalten maßgeblich gestärkt werden.

„MBG-Handwerk“ sieht stille Beteiligungen in der Regel zwischen 50.000 und 200.000 Euro vor. Diese Beteiligung kann unter anderem Finanzierungen im Rahmen der Existenzfestigung, beispielsweise bauliche Investitionen, Kapazitätsänderungen, Rationalisierung/Modernisierung, Markterschließung sowie Sortimentserweiterungen beziehungsweise -veränderungen begleiten. Darüber hinaus soll es im Zusammenhang mit Umstrukturierungen vornehmlich für neue Vorhaben zum Einsatz kommen. Die Laufzeit beträgt 10 bis 15 Jahre.

Der entscheidende Unterschied von „MBG-Handwerk“ zu den bereits bestehenden MBG-Beteiligungsinstrumenten ist die Ausrichtung der Verfahren und der bereitgestellten Finanzmittel auf die spezifische Bedürfnisse gerade kleiner Betriebe. THT-Präsident Rolf Ostermann dazu: „MBG-Handwerk zielt mit seinen Konditionen und geringen Beteiligungsgrößen auf das Handwerk und kann damit Unterstützung bieten. Land und Bund haben zwar viele Förderprogramme initiiert, die meisten richten sich aber nur an mittelständische Industrieunternehmen und erreichen zu wenige Handwerksbetriebe. Unsere kleinen Betriebe fallen meistens durchs Sieb.“ Auch die Mittelaufstockung einiger Förderprogramme durch das Land gehe am Handwerk vorbei, kritisiert Ostermann die einseitige Ausrichtung. 

Hintergrund:
Neben der Fremdfinanzierung spielt die Frage der Eigenkapitalbasis im Handwerk eine zentrale Rolle. Gerade im derzeitig schwierigen Finanzierungsumfeld der Wirtschaftskrise wächst einerseits der Bedarf der Handwerkerbetriebe nach kurz- wie auch langfristigen Finanzierungen. Andererseits fordern Kreditinstitute immer stärkere Absicherungen.

Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, konzipierte die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Thüringen (MBG)  in Zusammenarbeit mit dem THT für Handwerksbetriebe im Freistaat ein spezielles Beteiligungsprodukt, um die Finanzbasis der Betriebe mittel- und langfristig zu verbessern.

Dieses neue Programm steht ab sofort zur Verfügung.

Weitere Informationen zum „MBG Handwerk“ erhalten interessierte Betriebe in der Betriebsberatung ihrer Handwerkskammer und direkt bei der MBG Thüringen, Tel. 0361/2135-0.

Erstes Wahlforum des Thüringer Handwerks am 12. Juni 2009 im BBZ der Handwerkskammer Erfurt Handwerk erwartet verlässliche und vertrauensbildende Politik

Erstes Wahlforum des Thüringer Handwerks am 12. Juni 2009 im BBZ der Handwerkskammer Erfurt


Gut aufgelegt: Michael Heym (CDU), Michael Gerstenberger (Linke), Dr. Hartmut Schubert (SPD), Thomas L. Kemmerich (FDP) und Dirk Adams (Bündnis 90/Grüne) diskutierten mit THT-Präsident Rolf Ostermann. Das Gespräch moderierte Veit Malolepsy. (v.l.n.r.) Foto: A. Türk

Handwerk erwartet verlässliche und vertrauensbildende Politik

Fast jeder dritte Betrieb in Thüringen ist ein Handwerksbetrieb. Mit 137 Handwerksbetrieben je 10.000 Einwohnern hat Thüringen damit deutschlandweit die vierthöchste handwerkliche Betriebsdichte. Aktuell sind rund 141.000 Menschen im Handwerk beschäftigt und lernen gut 12.500 Auszubildende in den Betrieben des Handwerks. Insgesamt zählt das Thüringer Handwerk rund 31.500 Betriebe.

Im Vorfeld der Landtags- und Bundestagswahl führte der Thüringer Handwerkstag (THT) als Interessenvertreter dieser starken Säule der Thüringer Wirtschaft heute das 1. Wahlforum mit Vertretern der führenden demokratischen Parteien durch. Wichtige handwerkspolitische Themen wurden diskutiert. Eingangs erläuterte THT-Präsident Rolf Ostermann die wesentlichen Standpunkte und Forderungen des Handwerks im Freistaat.

Ostermann wies auf die Bedeutung des Handwerks mit seiner regionalen Präsenz und dem hohen Anteil an Ausbildung und Fachkräften hin. Damit werde ein wichtiger Beitrag für die Lebensqualität in den Regionen und damit die Attraktivität Thüringens geleistet.

Die wichtigsten Forderungen in Kürze:
– Vorrang der dualen Ausbildung vor schulischer Ausbildung
– ein Liquiditätsprogramm für kleine und mittlere Betriebe
– vorteils- und verursachergerechte Kostenverteilung im Rahmen der Infrastrukturmaßnahmen
– strukturelle Reformen bei Steuern und Abgaben mit deutlicher Reduzierung der „kalten Progression“ und damit Stimulierung der Binnenachfrage

 

Bildung
Die größte Bedeutung für das Handwerk hat die Duale Berufsausbildung, die eine Symbiose zwischen Theorie und Praxis bildet und damit den Anforderungen und Bedürfnissen gerade der kleinen Betriebe am besten entspricht. Aus diesem Grund muss laut Ostermann dieser Ausbildungsweg stets Vorrang vor schulischen Berufsausbildungsgängen haben.

Berufsorientierung und -vorbereitung sollten darüber hinaus als Grundstein des lebensbegleitenden Lernens frühzeitig initiiert und erfolgreiche Projekte fortgeführt werden. Als einen wesentlichen Baustein des lebenslangen Lernens sieht das Handwerk eine geordnete Durchlässigkeit im Bildungssystem. Die Landesregierung forderte Ostermann auf, in der Schulnetzplanung endlich eine stärkere koordinierende Rolle zu übernehmen, um die örtliche Nähe für die Lehrlinge zu gewährleisten und eine berufsschulische Über- oder Unterversorgung zu verhindern.

Mittelstandsförderung
Im Rahmen der Konjunkturprogramme brauchen die Betriebe handwerksspezifische – vor allem in kleineren als den bislang angebotenen Höhen – Finanzprodukte. Ostermann kritisierte, dass zwar der industrielle Mittelstand in Thüringen durch Entlastungsmaßnahmen wie zum Beispiel das 100-Millionen-Programm, die Vereinfachung in der GA-Förderung berücksichtigt wurde, auf das Handwerk hingegen keine Rücksicht genommen wurde. Er forderte für die Betriebe in dieser Krisensituation einen leichteren Zugang zu Kreditmitteln. „Es fehlt ein adäquates Liquiditätsprogramm für das Handwerk und für Gewerbetreibende“, betonte der THT-Präsident.

Kommunalabgaben
Ostermann regte in seiner Rede vor den Handwerkern und Politikern eine vorteils- und verursachergerechte Kostenverteilung im Rahmen der Infrastrukturmaßnahmen an. Nicht akzeptabel sei beispielsweise, dass die Refinanzierung der häufig überproportional ausgebauten Wasserversorgungsanlagen zu Lasten von Handwerksbetrieben mit großen Gewerbeflächen vorgenommen würden. Bei den Straßenausbaugebühren herrsche im Thüringer Handwerk Unklarheit, inwieweit die Beitragserhebung im Straßenausbaubeitragsrecht in das Ermessen der Kommunen falle.

Steuern und Abgaben
„Endlich strukturelle Reformen und nicht nur das Drehen an einigen, wenigen Stellschrauben“ im Bereich von Steuern und Abgaben, forderte der THT-Präsident. Hierzu gehörten eine umfassende Einkommensteuerreform und der Kurswechsel bei den Sozialversicherungen, um die Leistungsträger endlich zu entlasten. Leistungsträger seien nicht nur die Manager, sondern vor allem die Frauen und Männer, die hier mit ihren Ideen und ihrer Leistungskraft Werte schaffen.

„Wir sind ein Land mit hoher Produktivität und hohem Leistungsvermögen der Menschen. Das darf der Staat nicht länger bestrafen.“ Ostermann erneuerte die Handwerksforderung, die kalte Progression durch einen Steuertarif auf Rädern zu verhindern.

Der Staat könne auf die meisten teuren staatlichen Förderprogramme und die unzähligen steuerlichen Ausnahmen und Schlupflöcher verzichten, wenn die Menschen mehr von ihrem verdienten Lohn behielten und damit über mehr Kaufkraft und Investitionsmittel verfügten.

Solange sich auf diesem Gebiet nichts bewegt, fordert das Handwerk weiter die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Handwerkerleistungen, um den Konsum zu stimulieren und die Schwarzarbeit in diesen Arbeitsfeldern einzudämmen.

1. Wahlforum des Thüringer Handwerks am 12. Juni in Erfurt

1. Wahlforum des Thüringer Handwerks am 12. Juni in Erfurt

Handwerk und Politik diskutieren

Am Freitag, 12. Juni, 17 Uhr, führt der Thüringer Handwerkstag e. V. (THT) im Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer Erfurt das 1. Wahlforum durch. Im Vorfeld der Landtags- und der Bundestagswahl werden Vertreter von CDU, SPD, Die Linke, FDP und Bündnis 90/Die Grünen mit Handwerkern aus dem Kammerbezirk Erfurt wichtige handwerksrelevante Themen diskutieren. Im Mittelpunkt stehen hierbei neben Bildung und kommunale Abgaben vor allem Mittelstandsförderung von Bund und Land, Steuerpolitik und die Entwicklung der Sozialversicherungsabgaben.

Unter dem Motto „Handwerk mischt sich ein“ bietet der THT mit dem Wahlforum interessierten Handwerkern die Möglichkeit, direkt mit Vertretern den führenden demokratischen Parteien speziell zu Themen, Problemen und Forderungen des Handwerks ins Gespräch zu kommen.

17. Parlamentarischer Abend des Thüringer Handwerks

17. Parlamentarischer Abend des Thüringer Handwerks

Donnerstag, den 7. Mai 2009 im Thüringer Landtag

Von Europa bis Thüringen – die anstehenden Parlamentswahlen stehen unmittelbar vor der Tür.

Dem Wähler bleiben nur noch wenige Monate, um sein politisches Meinungsbild zu festigen. Dies vor dem Hintergrund der sich zusehends verschlechternden wirtschaftlichen Lage. Finanz- und Wirtschaftskrise erreichen nun auch zeitversetzt das Thüringer Handwerk. Die Bundesregierung versucht mit zwei milliardenschweren Konjunkturpaketen die negativen Auswirkungen der gegenwärtigen Krise zu überwinden.

Wer wird Nutznießer dieser Maßnahmen sein?

Handelt es sich um reine Strohfeuereffekte oder lassen sich nachhaltige Wirkungen erzielen?

Der 17. Parlamentarische Abend behandelt deshalb die Frage: „Wie hilft der Staat in der Wirtschaftskrise dem Handwerk?“

Der Thüringer Handwerkstag wird in gewohnter offener Weise seine Meinung formulieren und politische Anstrengungen anmahnen.

Mitteilung des Thüringer Handwerkstages vom 20. Februar 2009

Maßnahmen aus dem Konjunkturpaket jetzt zügig umsetzen

Wenn heute der Bundesrat das Konjunkturpaket II absegnen wird, darf nach Meinung des Thüringer Handwerkstages nicht mehr gezögert werden, die bereitgestellten Mittel auch einzusetzen. „Ein großer Teil soll in die Sanierung von Schulen und Turnhallen fließen. Hier stehen jedoch nur die Ferienzeiten zur Verfügung. Berücksichtigt man die Ausschreibungsfristen, dann ist jetzt die Zeit zum Handeln,“ mahnt THT-Präsident Rolf Ostermann schnelle Investitionsentscheidungen und zügiges Vorgehen der Ämter an.

Das Handwerk im Freistaat verspricht sich vom „Zukunftspaket“ Thüringens wichtige Impulse für das Bau- und Baunebengewerbe. Um einen möglichst großen Effekt für das Handwerk mit seinen überwiegend kleinen Betrieben zu erreichen, sollten die Bauämter der Vergabe von Fach- und Teillosen Vorrang geben. Diese Verfahrensweise sieht auch die kürzlich verabschiedete Reform des Vergaberechts vor.

Ostermann weiter: „Gerade im Sanierungsbereich sind unsere Handwerksbetriebe aufgrund ihres fachlichen Könnens, ihrer Erfahrung und ihrer Flexibilität prädestiniert für die Abarbeitung der Aufträge. Leider mussten wir in den letzten Jahren immer wieder feststellen, dass zum Teil bei öffentlichen Aufträgen ein niedriger Angebotspreis einer Qualitätsarbeit vorgezogen wurde. Hier fordern wir von den Vergabestellen ein Umdenken. Investitionen aus dem Konjunkturpaket sollen lange ihre Wirkung entfalten. Das geht mit nur mit guter Qualität.“

Der THT erwartet gerade von der Schwerpunktsetzung der Investitionen im Bildungsbereich auch nachhaltige Effekte durch das Investitionspaket. „Hier wird zwar vor allem in Beton investiert. Sanierte Schulen und Kindergärten, ordentliche Sport- und Schwimmstätten sowie moderne technische Ausstattungen tragen jedoch auch wesentlich zur Motivation von Schülern und Lehrern und damit zu Lernerfolgen bei,“ so Ostermann.

Die heutige Verabschiedung des 2. Konjunkturpaketes sollte laut Thüringer Handwerkstag nicht nur den Startschuss für Investitionen darstellen, sondern gleichzeitig den Blick für weiterreichende und strukturelle Reformen in Deutschland freiräumen.

Ermäßigter Mehrwertsteuersatz – Handwerk begrüßt Kurswechsel der Bundesregierung

Ermäßigter Mehrwertsteuersatz – Handwerk begrüßt Kurswechsel der Bundesregierung

In einigen europäischen Ländern gilt bereits für bestimmte arbeitsintensive Dienstleistungen ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz – mit spürbarem Erfolg. Bislang hatten sich die deutschen Regierungen stets gegen eine Einführung in Deutschland ausgesprochen und eine EU-weite Optionslösung abgelehnt. Dass nunmehr aus Kreisen der Bundesregierung ein Kurswechsel zu vernehmen ist, wird vom Thüringer Handwerkstag ausdrücklich begrüßt. Seit langem fordert der THT die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für bestimmte besonders arbeitsintensive Dienstleistungen.

Im März wird die Einführung eines dauerhaften Optionsrechts zur Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze im EU-Finanzministerrat erneut diskutiert und voraussichtlich entschieden. Der Präsident des Thüringer Handwerkstages, Rolf Ostermann, fordert in diesem Zusammenhang die Bundesregierung auf, der EU-weiten Optionslösung zuzustimmen und den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für ausgewählte arbeitsintensive Dienstleistungen auch endlich in Deutschland einzuführen. Ostermann sieht mit einem geringeren Mehrwertsteuersatz neue Chancen für den Dienstleistungssektor. Ostermann: „Das wäre endlich eine wirksame Maßnahme gegen die Schwarzarbeit und würde die Nachfrage stimulieren. Gerade arbeitsintensive Dienstleister aus dem Handwerk wie Friseure und Kosmetiker haben in den letzten Jahren nicht nur mit einem zurückhaltenden Konsum sondern vor allem auch mit einer massiven Schwarzarbeit und damit enormen Umsatzeinbußen zu kämpfen.“

Handwerk zufrieden mit zweitem Konjunkturpaket

Mitteilung des Thüringer Handwerkstages vom 13. Januar 2009

Handwerk zufrieden mit zweitem Konjunkturpaket

„In dem von der Großen Koalition beschlossenen zweiten Konjunkturpaket ist viel für die Stützung des Binnenmarktes drin. Das kann gerade den kleinen und mittleren Betrieben des Handwerks helfen, die auf den Konsum und die Investitionen im Inland angewiesen sind“, äußert sich der Präsident des Thüringer Handwerkstages, Rolf Ostermann, zufrieden mit den Ergebnissen der gestrigen Sitzung.

Vor allem die beschlossenen Steuersenkungen und die Reduzierung des Krankenkassenbeitrags weisen laut Ostermann in die richtige Richtung, denn sie beließen den Beziehern gerade kleiner und mittlerer Einkommen mehr Netto vom Brutto in ihren Portemonnaies. Das Handwerk vermisse jedoch die Reduzierung der kalten Progression, die in den letzten Jahren massiv dazu geführt habe, dass bei Lohnsteigerungen vor allem der Staat durch steigende Steuereinnahmen profitierte.

Land und Kommunen forderte Ostermann auf, das geschnürte Investitionspaket der öffentlichen Hand schnellstmöglich umzusetzen. „Die Investitionen in Bildungseinrichtungen und Infrastruktur werden dringend gebraucht und dürfen nicht an der Kofinanzierung scheitern.“

Für das angeschlagene Kfz-Gewerbe sei die „Altauto-Stilllegungssprämie“ beim Kauf eines Neuwagens eine Hilfe in der Bewältigung der massiven Absatzkrise. Ostermann bleibt aber skeptisch, ob diese Prämie durchschlagenden Erfolg haben wird. Wichtig für die Kfz-Werkstätten und Autohäuser seien beispielsweise klare Regelungen in der CO2-Kfz-Steuer. Hier könnten Kaufanreize für die Verbraucher sowie Investitions- und Innovationsanreizen für die Industrie mit den klimapolitischen Zielen der Regierung verbunden werden.

Pressemitteilung: Ein mutiger Staat wirkt ansteckend – Thüringer Handwerkstag fordert verstärkte Anstrengungen, um die Binnennachfrage zu stabilisieren

Pressemitteilung

Mitgliederversammlung des Thüringer Handwerkstages am 25. November 2008 in Suhl

zum download als pdf

 

Ein mutiger Staat wirkt ansteckend

Thüringer Handwerkstag fordert verstärkte Anstrengungen, um die Binnennachfrage zu stabilisieren

Die deutsche Wirtschaft steckt in der Rezession und wird im kommenden Jahr auf eine erheblichen Belastungsprobe gestellt. Das stark verringerte internationale Wachstum und die immer noch nicht voll abschätzbaren negativen Rückwirkungen der Finanzkrise werden deutliche Bremseffekte quer durch die deutsche Wirtschaft zur Folge haben. Betroffen ist davon auch das Handwerk, ein Wirtschaftsbereich, der vorwiegend von der Binnenkonjunktur und der Binnennachfrage lebt und sich gerade auch in Thüringen in den letzten Jahren erfolgreich in Zulieferbereichen für die Industrie etabliert hat. Der Thüringer Handwerkstag als Interessenvertreter von rund 31.500 Handwerksbetrieben im Freistaat mit 141.000 Beschäftigten und über 12.700 Lehrlingen fordert von Bund und Land umgehend Maßnahmen, die sowohl kurzfristig Nachfrage schaffen als auch langfristig für die Stärkung des Binnenmarktes sorgen. Die bisher eingeleiteten Schritte sind nach Meinung des Thüringer Handwerkstages, dessen Mitgliedsorganisationen sich heute zur Mitgliederversammlung in Suhl treffen, richtig und wichtig, jedoch nicht ausreichend.

Die Herbst-Konjunkturumfrage der Handwerkskammern deuteten bereits auf ein Abflauen der Konjunktur hin, konnten aufgrund ihres frühen Zeitpunktes die Auswirkungen der Krise auf das Handwerk jedoch nicht komplett wiederzuspiegeln. Dennoch weisen der Konjunkturklimaindex, der im Vergleich zum Vorjahr um rund drei Punkte auf 75 Punkte gesunken ist, und die Einschätzung der Betriebe für das Winter-Quartal auf einen Abschwung im Handwerk hin.

„Die Weltfinanzkrise hat sich längst niedergeschlagen auf die reale Wirtschaft. Wir erleben derzeit einen Vertrauenseinbruch, der sich über alle Länder, die gesamte Wirtschaft und die Konsumenten erstreckt. Wo Vertrauen zerstört ist, muss Vertrauen wieder neu geschaffen werden, global wie lokal. Hierin sehe ich die Hauptaufgabe der Bundesregierung und auch unserer Landesregierung“, unterstrich der Präsident des Thüringer Handwerkstages (THT) während der THT-Mitgliederversammlung. Laut Ostermann ist das beschlossene 15-Punkte Maßnahmenpaket zur Stützung der Konjunktur ein wichtiger aber nur ein erster Schritt. „Jetzt gibt der Staat Geld dazu, wenn investiert und gekauft wird. Besser wäre, wenn der Staat den Menschen gleich genügend Geld ließe, um es zu investieren. Wir brauchen mehr denn je eine Reform der Lohn- und Einkommenssteuer, die vor allem kleine und mittlere Einkommen entlastet indem die kalte Progression und damit die heimliche Steuererhöhung eingedämmt wird. Hauptbegünstigte von Lohnsteigerungen müssen die Beschäftigten sein und nicht der Finanzminister.“

Der schwache Konsum hat vor allem im Kfz-Handwerk und in den personenbezogenen Dienstleistungsberufen tiefgreifende Auswirkungen. Umsatzeinbußen und Auslastungsprobleme kennzeichnen beide Bereiche seit geraumer Zeit. In beiden Bereichen liegt der Herbst-Konjunkturklimaindex bei lediglich rund 60 Punkten. Zum Vergleich: Am besten schätzen das Nahrungsmittelhandwerk, die Ausbaugewerbe und die Handwerke für den gewerblichen Bedarf mit jeweils über 80 Punkten ihre aktuelle Lage ein.

Nach Auffassung des THT legt die Krise nunmehr die strukturellen Defizite in Deutschland offen. Er warnt davor, die zwingend notwendigen Reformen aufgrund der Wirtschaftskrise auf die lange Bank zu schieben. Die Bundesregierung habe eine Handlungsverantwortung gegenüber der Gesamtgesellschaft und nicht nur gegenüber einzelne kriselnde Industriebereiche, betont Ostermann.

In der aktuellen Situation fordert der Thüringer Handwerkstag von Bund und Ländern, verstärkt in Infrastrukturmaßnahmen zu investieren. „Das Land und die Kommunen sind für viele Betriebe wichtige Auftraggeber. Es wäre jetzt ein wichtiges Zeichen, wenn der unzweifelhaft bestehende Sparzwang der öffentlichen Hand zugunsten verstärkter Investitionen beispielsweise in Bildung, Verkehr und Kommunikation zeitweilig gelockert würde,“ so Ostermann. Man könne schließlich nicht von den Menschen erwarten, jetzt Autos zu kaufen oder ihre Häuserfassaden zu dämmen und selbst die notwendigen Investitionen nicht tätigen. Der THT-Präsident weiter: „Es gehört zur Psychologie der Wirtschaft, dass ein mutiger Staat ebenso ansteckend wirkt wie ein ängstlicher Staat. Ich wünsche mir in der jetzigen Situation einen mutigen Staat.“

Das 15-Punkte-Programm der Bundesregierung beinhaltet einige Punkte, von denen das Handwerk direkt profitieren kann. Vor allem sind dies der erhöhte Steuerbonus auf Handwerkerleistungen, die Aufstockung des CO2-Sanierungsprogramms sowie Kreditprogramme für kleine und mittlere Betriebe. Diese wie auch die anderen Maßnahmen des Pakets können ihren Beitrag dazu leisten, einen Konjunktureinbruch abzubremsen. In ihrer Gesamtheit, ihrem finanziellen Umfang und in ihrer zeitlichen Befristung sind sie jedoch eher als „ad hoc-Aktion“ zu begreifen und befreien nicht von weiterreichenden Reformschritten.

Der THT fordert daher von Bund und Ländern, die Krise als Chance für grundlegende Strukturreformen zu nutzen. Steuer- und Unternehmenssteuerreform, Reform der Sozialversicherungen, Reformen auf dem Arbeitsmarkt und ein konsequenter Bürokratieabbau sollten zu den Konsequenzen der Wirtschaftskrise gehören. In einem Positionspapier hat der Thüringer Handwerkstag die wesentlichen Forderungen näher ausgeführt.

Bildung und Fachkräftesicherung

Im Thüringer Handwerk wird weiterhin in die Zukunft investiert. Das Thema Bildung, Qualifizierung und Fachkräftesicherung bleibt weit oben auf der Agenda wichtiger Handlungsfelder für das Handwerk im Freistaat. Im Rahmen des Thüringer Bildungspaktes Handwerk, im Frühjahr diesen Jahres unterzeichnet, wurden erste Arbeitskreise gebildet, um die wichtigsten Handlungsfelder zwischen Kultusministerium und Handwerk abzustecken. Ganz wesentlich bleibt für das Handwerk die Heranbildung des Fachkräftenachwuchses, den das Handwerk traditionell über die eigene Ausbildung praktiziert. Mit sinkenden Schüler- und damit Bewerberzahlen wird sich die Suche nach geeigneten Bewerbern um offene Ausbildungsplätze jedoch zunehmend schwieriger gestalten.

Sorge bereitet dem Handwerk die zunehmende Diskrepanz zwischen wachsenden Ausbildungsansprüchen und schulischen Grundkenntnissen. Obwohl seit vielen Jahren vom Handwerk Besserung angemahnt wird, bleiben vor allem in Mathematik und den naturwissenschaftlichen Fächern die schulischen Leistungen zu oft unzureichend und erschweren eine erfolgreiche Ausbildung. Weiterhin Probleme bereiten weiterhin die Sekundärtugenden wie Motivation, Pünktlichkeit, Höflichkeit oder Sauberkeit.

An einem weiteren Defizit – der unzureichenden Berufsorientierung – arbeitet das Thüringer Handwerk seit einigen Jahren erfolgreich mit Thüringer Regelschulen zusammen. Das Projekt „Berufsstart plus“ vermittelt Schülern der 7. bis 10. Klassen Ausbildungsberufe praxisnah. Viele tausend Schüler durchliefen die Infotage, Praktika und Eignungstests in den Bildungszentren des Handwerks und in kooperierenden Praktikumsbetrieben. Das Handwerk konnte dank dieses Projektes die ohnehin niedrige Abbrecherquote von rund sechs Prozent stabilisieren.

Zu den Zielen des Bildungspaktes Handwerk gehört die bessere Verknüpfung von beruflicher und schulischer beziehungsweise hochschulischer Bildung. Ein zweites Thüringer Duales Studien-Modell im Handwerk konnte im Zuge des Paktes in diesem Jahr mit neun Lehrlingen begonnen werden. Zusammen mit der Fachhochschule Schmalkald
en wird in dem neuen Modell eine Kombination von Elektronikerausbildung und Bachelor-Studium angeboten. Beide Ausbildungen werden in diesem Modell in insgesamt nur 5 ½ statt üblicher 7 Jahre absolviert.

Spitzenleistungen brauchen Spitzenhandwerker: Damit das Handwerk auch künftig den technischen Anforderungen und den Wünschen der Kunden gerecht wird, sind hervorragend ausgebildete und leistungsbereite Fachkräfte nötig.

Diese werden mehr denn je gebraucht. Der Thüringer Handwerkstag erwartet, dass in den nächsten 15 Jahren rund 10 000 Betriebe aus Altersgründen übergeben werden. Das ist rund ein Drittel des heutigen Betriebsbestandes. „Wir hatten nach der Wende eine Flut an Existenzgründungen. Viele der Existenzgründer von einst kommen in den nächsten 10 bis 15 Jahren ins Rentenalter. Die Betriebsübergaben wollen wir nutzen, nicht nur junge Handwerksmeister für eine Existenzgründung als Betriebsübernehmer zu begeistern, sondern damit auch gleichzeitig einen Know-How-Schub ins Handwerk zu bringen. Wir können es uns nicht leisten, das Wissen und die Erfahrung lange am Markt tätiger Betriebe einfach liegen zu lassen,“ erläutert Ostermann. Mit speziellen Beratungen und Qualifizierungen wollen die Handwerksorganisationen den Prozess unterstützen.

Da sich das Gros der Betriebsübergaben in einem Zeitraum abspielen wird, in dem sich in einigen Regionen teilweise massiv die demografische Entwicklung auswirken wird, kommt einer intensiven Beratung besondere Bedeutung zu. „Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass sich die Märkte in weiten Teilen Thüringens massiv ändern werden. Während sich die größeren Städte entlang der Autobahnen relativ konstant weiter entwickeln, wird es in manchen ländlichen Regionen zu einer Entvölkerung kommen. Wir als Handwerk sind aber von den Aufträgen aus der Region abhängig. Rund 80 Prozent unserer Betriebe leben vom Absatz in einem Umkreis von weniger als 30 Kilometern, also rund um den Kirchturm.“ Die Betriebe werden sich diesen veränderten Bedingungen anpassen müssen und beispielsweise neue und veränderte Dienstleistungen und Produkte anbieten. Diesen Prozess wird die Handwerksorganisation aktiv mit angepassten Bildungs- und Beratungsangeboten begleiten.