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Azubi-Ticket mausert sich zum Erfolg

Azubi-Ticket mausert sich zum Erfolg

Am 27. September vermeldete das Infrastrukturministerium, dass bereits vor dem offiziellen Start 1.300 Azubi-Tickets verkauft wurden. Zudem erklärten sich zuletzt deutlich mehr Landkreise bereit, das Ticket anzuerkennen. Das Thüringer Handwerk wertet das als starkes Signal für die duale Ausbildung und unsere Auszubildenden.
Stefan Lobenstein, Präsident des Thüringer Handwerkstag e.V., zeigt sich erfreut über die jüngsten Entwicklungen. „Wir haben auf allen Ebenen lange für eine kostengünstige Mobilität der Lehrlinge gekämpft. Die Auszubildendenzahlen im Thüringer Handwerk haben sich innerhalb der letzten zehn Jahre halbiert. Hier spielen auch Rahmenbedingungen wie Schulstandorte und Fahrtwege eine gewichtige Rolle.“, so Lobenstein. „Dass es Handlungsbedarf gab, war allen beteiligten Akteuren klar. Unsere Auszubildenden haben in einer Umfrage mit deutlicher Mehrheit für die Einführung eines günstigen Tickets plädiert“, erklärt der Präsident weiter.
Trotzdem blieb es lange ruhig um das Thema. „Unklar bleibt, warum wir uns jahrelang beim Infrastrukturministerium und den zuständigen Stadt- und Kreisverwaltungen für die Auszubildenden einsetzen mussten. Es sollte doch im Interesse aller sein, dass junge Menschen bei uns in Thüringen bleiben“, so der Präsident.
„Umso mehr freut es mich jetzt, dass auch dank der Landesförderung weitere Landkreise nachgezogen haben und das Azubi-Ticket zusehends seinen Namen verdient. 1.300 verkaufte Abos noch vor dem offiziellen Start zeigen einmal mehr, wie wichtig eine Lösung des Problems ist. Es bleibt zu hoffen, dass auch die restlichen Regionen positiv votieren und unsere Auszubildenden bald günstig mit einem Fahrschein in ganz Thüringen unterwegs sein können.“ 

Berufsorientierung im Lehrplan

Berufsorientierung im Lehrplan

Zur Novellierung des Thüringer Schulgesetzes
Die Thüringer Landesregierung überarbeitet derzeit das Schulgesetz. Während die öffentliche Diskussion vor allem vom zu hohen Unterrichtsausfall und möglichen Mindestgrößen für Schulen bestimmt wird, ist für das Handwerk ein weiteres Thema von zentraler Bedeutung. Die Dringlichkeit einer Ausweitung und Versteti-gung der Maßnahmen zur Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler wurde nun erneut im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens von Handwerksvertretern verdeutlicht. 
Zu viele Ausbildungsabbrüche
Diese Meldung sorgte für Schlagzeilen. Gemäß dem kürzlich veröffentlichten Berufsbildungsbericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wurden im Jahr 2016 bundesweit 146.376 Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst. Dies entspricht einer Vertragslösungsquote von 25,8 Prozent. Wenngleich nicht jede Vertragslösung einem endgültigen Ausbildungsabbruch gleichkommt, zeigt der Trend der letzten Jahre nach oben. „Die Gründe sind natürlich vielfältig. Oft sind es aber falsche Erwartungen vom Berufsbild und dem Arbeitsalltag, die letztlich zu einer Umorientierung der Jugendlichen führen“, schätzt Stefan Lobenstein, Präsident des Thüringer Handwerkstag und Konditormeister, die Lage ein. „Umso wichtiger ist es, Schülerinnen und Schüler schon frühzeitig auf Basis ihrer Interessen, Kompetenzen und Potenziale Orientierungshilfen zu geben.“
Orientierungsmaßnahmen
Mit der „Landesstrategie zur praxisnahen Berufsorientierung“ hat das Land Thüringen 2013 ein wegweisendes Instrumentarium geschaffen, welches durch Schulen und Wirtschaft erfolgreich getragen und entwickelt wird. Ziel ist es, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, sich selbstverantwortlich, frei von Klischees und aktiv für ihren weiteren Bildungs- und Berufsweg zu entscheiden. „Die Erfolge der letzten Jahre sind durchaus sichtbar. So liegen die Abbruchquoten im Thüringer Handwerk deutlich unterhalb des bundesweiten Durchschnitts. Aber keine Frage, es gibt Gewerke, in denen können wir mit der Entwicklung nicht zufrieden sein. Umso wichtiger ist eine Weiterentwicklung und Ausweitung der Berufsorientierungsmaßnahmen“, so Lobenstein.
Erstmals gesetzliche Verankerung
Im Zuge der Reform ist erstmals eine Festschreibung der beruflichen Orientierung im Gesetz vorgesehen. „Dieser Schritt wird ausdrücklich begrüßt. Die Formulierungen sind aber noch zu schwammig. Es fehlt das klare Bekenntnis zur Ausweitung auf die Gymnasien, denn hier findet bislang oftmals keine ausgeglichene Berufs- und Studienorientierung statt“, so Lobenstein.
Ausweitung auf Gymnasien gefordert
Die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Studienberechtigtenquote in Thüringen mittlerweile bei annähernd 50 Prozent liegt. Die ausgeprägte gesellschaftliche Entwicklung hin zum akademischen Bildungsweg führt dazu, dass großen Teilen der Schülerschaft die Alternativen zum Studium, etwa die klassischen und modernen Bildungswege des Handwerks, nur unzureichend bekannt sind. Derzeit beginnt nur jeder achte Abiturient eine Ausbildung in einem Handwerksberuf. „Die berufliche Orientierung an Gymnasien sollte im Gesetz deshalb deutlich differenzierter betrachtet und entsprechend einheitlich, analog den Regelschulen, gefasst werden“, fasst Lobenstein die Marschrichtung für den weiteren Abstimmungsprozess zusammen.

Thüringen und der Weltkindertag

Thüringen und der Weltkindertag

Landesregierung plant zusätzlichen Feiertag ab 2019
Die rot-rot-grüne Landesregierung plant die Einführung eines zusätzlichen Feiertags ab 2019. Favorit ist der Weltkindertag, der jedes Jahr am 20. September stattfindet. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Feiertage in Deutschland, die anhaltende Diskussion in Thüringen und mögliche Auswirkungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Handwerk.
Feiertage in Deutschland
Bundesweit einheitlich gibt es elf gesetzliche Feiertage im Jahr. Dazu zählen der Neujahrstag, die Tage um Ostern, der Tag der Arbeit, Christi Himmelfahrt, die Pfingsttage, der Tag der deutschen Einheit und der 1. und 2. Weihnachtstag. Je nach Bun-desland gibt es bis zu drei zusätzliche Feiertage. In den evangelisch geprägten Regionen zählt dazu etwa der Reformationstag. In einigen katholisch geprägten Regionen gelten Fronleichnam, Maria Himmelfahrt oder Allerheiligen zu den gesetzlichen Feiertagen. In Thüringen ist neben den elf bundesweiten Feiertagen der Reformationstag ein im Feiertagsgesetz verankerter freier Tag. Das Eichsfeld sowie einzelne katholisch geprägte Gemeinden im Unstrut-Hainich-Kreis und Wartburgkreis haben mit Fronleichnam einen weiteren gesetzlichen Feiertag. Außer dem internationalen Tag der Arbeit und dem geschichtsträchtigen Tag der deutschen Einheit handelt es sich bei allen anderen in Deutschland geltenden Feiertagen um religiös motivierte arbeitsfreie Tage.
Aktuelle Diskussion
Auch andere Regionen in Deutschland diskutieren über weitere Feiertage. Die norddeutschen Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben in den vergangenen Monaten die Aufnahme des Reformationstages als gesetzlichen Feiertag beschlossen. Die Entscheidung im Bundesland Berlin steht unterdessen noch aus. Ein wichtiger Unterschied zwischen Thüringen und den genannten Bundesländern ist jedoch, dass letztere bislang keinen landeseigenen Feiertag hatten. Sie ziehen mit Bundesländern wie Thüringen also gleich.
Auswirkungen auf die Wirtschaft
Es ist davon auszugehen, dass sich mit dem Weltkindertag für die Thüringer Unternehmen Einbußen bei Ertrag und Wirtschaftlichkeit ergeben. Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln zeigt in einer aktuellen Studie auf, dass ein zusätzlicher Feiertag die Jahres-Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent reduziert. Auch das Thüringer Finanzministerium geht von einem Rückgang in dieser Größenordnung aus, was in etwa 62 Millionen Euro entspricht. Gerade im mehrheitlich arbeitsintensiven Handwerk wird ein zusätzlicher Feiertag zu spürbaren Einbußen führen, wenn der Ausfall an Arbeitsstunden nicht durch Überstunden an anderen Tagen kompensiert werden kann. Vor dem Hintergrund der guten Auftragslage werden die Kapazitätsengpässe damit weiter verschärft. Offen ist zudem, welche Auswirkungen auf die Beiträge zur Pflegeversicherung zu erwarten sind. Nach Sozialgesetzbuch XI folgt einer Erhöhung der Zahl der Feiertage gegenüber dem Stand vor Einführung der Pflegeversicherung 1994 die Erhöhung des Pflegebeitrags um 0,5 Prozentpunkte. Der Versuch der Landesregierung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, wird am Ende nicht aufgehen. Anstatt Betreuungsmöglichkeiten zu verbessern oder entlastende Maßnahmen für das Familienbudget zu beschließen, wird hier bereits um die Wählergunst für die Landtagswahl 2019 gebuhlt. Der 20. September fällt im nächsten Jahr übrigens auf einen Freitag.

Zu viele brechen Lehre ab

Zu viele brechen Lehre ab

In Thüringen liegt die Quote unter dem Bundesdurchschnitt
Anfang April veröffentlichte das Bundesministerium für Bildung und Forschung seinen Berufsbildungsbericht, wonach im Jahr 2016 jeder vierte Ausbildungs-vertrag vorzeitig aufgelöst wurde. Als Gründe werden in der Studie u. a. die gute konjunkturelle Lage genannt, die einen Wechsel in ein anderes Ausbildungsverhältnis erleichtert. Eine Vertragsauflösung bedeute deshalb keinesfalls den Abbruch der gesamten Be-rufsausbildung. Weitere Gründe seien Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten, ungünstige Arbeitsbedingungen oder eine falsche Vorstellung vom gewählten Beruf. Aus Sicht der Betriebe werden eine zu geringe Leistungsbereitschaft und mangelnde Motivation genannt.
In Thüringen liegt die Abbruchquote mit 13 Prozent deutlich unterhalb des Bundesdurchschnitts, auch wenn es große Unterschiede zwischen den Branchen gibt. Laut Studie ist die Abbrecherquote in den Handwerksberufen vor allem bei den Gebäudereinigern, Friseuren, Gerüstbauern und Bauten- und Ob-jektbeschichtern groß. Die Zahl der Abbrüche hängt dabei stark vom Lehrjahr und Schulabschluss ab. Lehrlinge im ersten Lehrjahr und ohne Hauptschulabschluss brechen statistisch betrachtet deutlich häufiger ihre Ausbildung ab.
Die Bildungsberater der Handwerkskammern unterstützen Auszubildende, Ausbildungsbetriebe aber auch Eltern und Lehrer bei allen Fragen und Problemen rund um die Ausbildung.

Fachkräfteengpass spitzt sich zu

Fachkräfteengpass spitzt sich zu

Bis 2030 braucht Thüringen 345.000 neue Arbeitskräfte
Die Thüringer Wirtschaft brummt. Was auf den ersten Blick erfreut, offenbart zugleich die zunehmenden strukturellen Probleme. Eine Anfang März im Arbeitsministerium vorgestellte Studie der Universität Halle rechnet vor, dass Thüringen bis 2030 345.000 neue Arbeitskräfte benötigt. 90 Prozent dieses Bedarfs liegen laut Studie auf Facharbeiterniveau.
Die prognostizierten Zahlen ergeben sich aus Daten der Bundesagentur für Arbeit sowie einer repräsentativen Befragung in mehr als 1.000 Thüringer Betrieben. Ursächlich ist vor allem die demografische Entwicklung. Der Berufseintritt der geburtenschwachen Jahrgänge kompensiert nicht annähernd das altersbedingte Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge. Laut Studie kommen zwischen 2025 und 2030 auf einen Berufseinsteiger im Schnitt 1,5 Ruheständler. Hinzu kommt ein Mehrbedarf aufgrund der anhaltend guten wirtschaftlichen Lage im Freistaat.
Entwicklungen auch im Handwerk spürbar
Die Entwicklungen sind auch im Handwerk spürbar. „Fähiges Personal ist am Arbeitsmarkt Mangelware. Bei der guten Auftragslage wird das für viele Hand-werksbetriebe zum Engpassfaktor und hemmt die vorhandenen Wachstumspotenziale“, warnt Stefan Lobenstein, Präsident des Thüringer Handwerkstag e.V. (THT). Überproportional betroffen sind aktuell die Bau- und Ausbaugewerke, die aufgrund anhaltender Niedrigzinsen und einer hohen privaten und staatlichen Baunachfrage volle Auftragsbücher vorweisen. „Kunden müssen vermehrt mit langen Wartezeiten rechnen. Der Auftragsvorlauf liegt aktuell bei zwölf Wochen und mehr. Viele Betriebe sind vollkommen ausgelastet und finden kein Personal, um ihre Kapazitäten auszuweiten“, konstatiert Lobenstein.
So blieben im vergangenen Jahr 22.000 Stellen unbesetzt. „Im SHK-Bereich und anderen Ausbaugewerken suchen Betriebe fast ein dreiviertel Jahr, um eine offene Stelle besetzen zu können. In ländlichen Regionen findet sich oftmals gar kein geeigneter Bewerber mehr“, so Lobenstein.
Handwerk blickt in schwierige Zukunft
Die Studie der Universität Halle empfiehlt höhere Löhne, die längere Beschäftigung von Älteren sowie mehr Digitalisierung, um dem Fachkräfteengpass zu begegnen. „Leider steht zu befürchten, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen, um die Entwicklungen im Handwerk aufzuhalten. Die Zahl der Lehrlinge hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als halbiert. Die Politik hat die Akademisierung der Gesellschaft lange befördert, bislang ist kein ernsthaftes Umdenken festzustellen. Hinzu kommt, dass insbesondere in den körperlich intensiven Gewerken irgendwann die Luft raus ist. Mit 65 Jahren Gerüstteile schleppen oder Dächer eindecken – das kann im Ausnahmefall gelingen, ist aber nicht die Regel.“ Auch bei der Digitalisierung sieht Lobenstein natürliche Grenzen im Handwerk: „Die Betriebe wissen um die Chancen der Digitalisierung, ob bei der Kundenakquise, in der Produktion und Dienstleistungserbringung oder im Büro. Einige Betriebe sind hier bestens für die Zukunft gewappnet, etwa in den Gesundheitsgewerken oder im Kfz-Bereich. Aber Handwerk – das ist und bleibt eine individuelle Leistungserbringung, die auch in Zukunft von Handarbeit geprägt sein wird“.
Um der Entwicklung entgegenzuwirken, werden sich die Thüringer Handwerksorganisationen weiterhin politisch engagieren. „Das Themenspektrum der Gespräche reicht von einer deutlich verbesserten Berufsorientierung an den Thüringer Schulen bis hin zu den Chancen von Arbeit 4.0 für ältere Arbeitnehmer. Hier werden wir weiter hart arbeiten, damit das Handwerk auch in Zukunft ein wichtiger Eckpfeiler der Thüringer Wirtschaft ist.“

Fachkräftemangel und Nachfolgersuche spitzen sich zu

Fachkräftemangel und Nachfolgersuche spitzen sich zu

Wie die demografische Entwicklung das Handwerk verändert
Schaut man auf die Entwicklung des Handwerks in den letzten Jahren, so überwiegen die positiven Nachrichten. Die meisten Handwerksbetriebe profitieren von der anhaltend guten konjunkturellen Lage, wie die prall gefüllten Auftragsbücher zeigen. Wartezeiten von zehn Wochen sind für viele Kunden mittlerweile Alltag. Auch die Umsätze steigen mehrheitlich. Anhaltende Niedrigzinsen und die hohen privaten und staatlichen Konsumausgaben führen derzeit vor allem in den Bau- und Ausbaugewerken sowie bei den handwerklichen Zulieferern zu Hochstimmung.
Fachkräftesuche wird schwieriger
Doch immer häufiger suchen viele Betriebe händeringend nach Fachkräften, um ihre Kapazitäten ausweiten zu können. Die aktuellen Zahlen der Arbeitsagenturen zeigen: über 26.000 offene Stellen sind gemeldet, also knapp 3.000 Stellen mehr als vor einem Jahr. Stefan Lobenstein, Präsident des Thüringer Handwerkstag e.V., betrachtet die Entwicklung mit Sorge. „Das altersbedingte Ausscheiden vieler Fachkräfte wird die Situation weiter verschärfen! Hochrechnungen gehen in einigen Regionen Thüringens von einem 30-prozentigen Rückgang der Erwerbspersonenzahl bis 2030 aus. Konkret geht es hier um etwa 345.000 Thüringerinnen und Thüringer, die in den nächsten Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden.“
Der Berufseintritt der geburtenschwachen Jahrgänge kompensiert diese Entwicklung nicht annähernd. Laut einer aktuellen Studie der Universität Halle kommen zwischen 2025 und 2030 auf einen Berufseinsteiger im Schnitt 1,5 Ruheständler. Die Zahl der Thüringer Handwerkslehrlinge hat sich in den letzten zehn Jahren auf zuletzt 6.649 halbiert.
Kaum Nachfolger in Sicht
Schwieriger wird auch die Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Ein Drittel der Betriebsinhaber hat heute das 55. Lebensjahr bereits erreicht. Über 9.000 Handwerksbetriebe stehen in den nächsten zehn Jahren vor dem Aus. „Die klassische Betriebsübergabe an den Sohn oder die Tochter hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen“, fasst Lobenstein eine der Hauptursachen zusammen.
Um der demografischen Entwicklung entgegen zu wirken, empfiehlt die Universität Halle höhere Löhne, die längere Beschäftigung von Älteren sowie mehr Digitalisierung. „Leider steht zu befürchten, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen. Der Drang zu studieren, hat sich in den Köpfen vieler Jugendlicher festgesetzt. Das Handwerk wird oftmals als unattraktiver Arbeitgeber wahrgenommen. Hinzu kommt, dass insbesondere in den körperlich intensiven Gewerken irgendwann die Luft raus ist. Mit 65 Jahren Gerüstteile schleppen oder Dächer eindecken – das kann im Ausnahmefall gelingen, ist aber sicherlich nicht die Regel.“ Auch bei der Digitalisierung sieht Lobenstein natürliche Grenzen im Handwerk. „Die Betriebe wissen um die Chancen der Digitalisierung. Einige sind bereits bestens für die Zukunft gewappnet. Aber Handwerk – das ist und bleibt eine individuelle Leistungserbringung, die auch in Zukunft von Handarbeit geprägt sein wird. Dafür braucht es Personal“, so Lobenstein.
Um der Entwicklung entgegenzuwirken, werden die Thüringer Handwerksorganisationen sich weiterhin politisch engagieren. Das Themenspektrum der Gespräche reicht von einer deutlich verbesserten Berufsorientierung an den Thüringer Schulen, über neue Karrierewege im Handwerk, verbesserte Bedingungen für ältere Arbeitnehmer bis hin zu stärkeren Anreizen bei der Übernahme eines Betriebs.

Das Handwerk – Auf uns ist Verlass!

Das Handwerk – Auf uns ist Verlass!

26. Parlamentarischer Abend am 21. Februar 2018

Am 21. Februar ist es wieder soweit! Der ThüringerHandwerkstag e. V. – die Dachorganisation der Handwerkskammern, Landesinnungenund Fachverbände – lädt zum Parlamentarischen Abend in den Thüringer Landtagein. Vertreter aus Handwerk und Politik tauschen sich zum 26. Mal zuThemenstellungen aus, die die Handwerksbetriebe und ihre Angestellten inunserem Bundesland bewegen. Ob Nachwuchsgewinnung, Betriebsnachfolge oder Digitalisierungsförderung- die Handlungsfelder sind vielfältig und gemeinsame Lösungen dringenderforderlich.

Unter dem Motto „Das Handwerk – Auf uns ist Verlass! Und diePolitik …?“ werden die Baustellen des Handwerks in gewohnt offener Weiseformuliert und Landesregierung und Fraktionen zu konsequentemwirtschaftsförderlichem Handeln aufgefordert.

Denn die Herausforderungen bleiben umfangreich. Dazu zählenstrukturelle Gegebenheiten, wie die immer noch hohe Anzahl an Klein- undKleinstbetrieben, die geringen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und einanhaltender Investitionsaufschub trotz konjunktureller Hochphase. Dazu zählenaber auch und insbesondere die spürbaren Auswirkungen der demografischen undgesellschaftlichen Entwicklungen in Bezug auf die Nachwuchsgewinnung, dieFachkräftesicherung und die Suche nach geeigneten Betriebsnachfolgern.

Das Handwerk hat seine Hausaufgaben bereits verlässlicherledigt! Ein Viertel der Wirtschaftsleistung Thüringens wurde im vergangenenJahr von den 30.000 Handwerksbetrieben erarbeitet. Jeder fünftesozialversicherungspflichtig Beschäftigte verdient sein Einkommen im Handwerk.Und mit annähernd 6.500 Auszubildenden werden in allen Regionen Perspektivenfür junge Menschen geschaffen.

Nun ist die Politik gefordert Rahmenbedingungen zu schaffen,die das Handwerk auch zukünftig zu einer tragenden und innovativen Säule der Wirtschaftund Gesellschaft Thüringens machen. Ist auf die Politiker unseres LandesVerlass?

Der Thüringer Handwerkstag e. V. wird in gewohnt offener Weise seine Meinung formulieren und politische Anstrengungen anmahnen.

Meisterförderung im Vergleich

Meisterförderung im Vergleich
Wie unterschiedlich Jungmeister in den Bundesländern gefördert werden und warum Thüringen hinterherhinkt
Die Thüringer Wirtschaft brummt. Was auf den ersten Blick erfreut, offenbart zugleich die zunehmenden strukturellen Probleme in Thüringen. So blieben im vergangenen Jahr 22.000 Stellen unbesetzt. Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung geben 35 Prozent der Thüringer Unternehmer an, zunehmende Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen zu haben.
Fachkräftemangel im Handwerk
Die Entwicklungen sind auch im Handwerk spürbar. „Fähiges Personal ist am Arbeitsmarkt mittlerweile Mangelware. Bei der guten Auftragslage wird das für viele Handwerksbetriebe zum Engpassfaktor und hemmt die vorhandenen Wachstumspotenziale“, fasst Stefan Lobenstein, Konditormeister und Präsident des Thüringer Handwerkstag e.V. (THT), die aktuelle Lage zusammen.
Lobenstein sieht die Ursache vor allem in der zunehmenden Akademisierung unserer Gesellschaft. „Heute schließen 58 Prozent der Schüler ihre Schullaufbahn mit dem Abitur ab. Dann strömen sie an die Universitäten, anstatt Karriere im Handwerk zu machen. Dabei sind 80 Prozent des Arbeitskräftebedarfs in Thüringen auf Facharbeiterniveau. Das ist eine völlig verfehlte gesellschaftliche Entwicklung, die nicht nur die Personalsuche immer schwieriger macht, sondern auch beim Thema Betriebsnachfolge immer größere Sor-gen bereitet. Allein in den nächsten zehn Jahren steht ein Drittel der Thüringer Handwerksbetriebe vor der Herausforderung einen geeigneten Nachfolger zu finden.“
Verbessertes Meister-BAföG
Das Handwerk fordert hier seit Langem ein Umdenken. Allmählich beginnt die Politik zu begreifen und versucht gegenzusteuern. So erhalten angehende Meister seit dem vergangenen Jahr erhöhte Zuschüsse über das Aufstiegsfortbildungsgesetz (AFBG), besser bekannt als MeisterBAföG. Aktuell beläuft sich die Unterstützung auf 40 Prozent der Fortbildungskosten. Bei bestandener Prüfung werden 64 Prozent als Zuschuss gewährt. Die SPD forderte im Bundestagswahlkampf sogar die vollständige Abschaffung von Fortbildungskosten. „Das ist der einzig richtige Weg, um berufliche und akademische Ausbildung gleichzustellen. Die dafür notwendige Anpassung des AFBG (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz) muss Thema in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD sein“, so Lobenstein.
Bundesländer unterschiedlich weit
Bis dahin sind die Bundesländer gefordert, ihren Meisternachwuchs zu entlasten und Anreize zur Fortbildung zu schaffen. So vergibt Bayern bereits seit 2013 den sogenannten Meisterbonus in Höhe von 1.000 Euro an jeden Meisterabsolventen. Auch Mecklenburg-Vorpommern vergibt ein Meister-Extra von 1.000 Euro. Der niedersächsischen Landesregierung sind ihre Meister seit September sogar 4.000 Euro Prämie wert. In anderen Bundesländern hat sich ein anderes Modell, die Meistergründungsprämie, durchgesetzt. So vergeben Berlin und Nordrhein-Westfalen bereits seit vielen Jahren einen Zuschuss von aktuell rund 7.000 Euro an gründungs- und übernahmewillige Jungmeister. Bei Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen kommen weitere 5.000 Euro obendrauf. Seit 2015 erhalten auch Meisterabsolventen in Brandenburg einen Gründungszuschuss. Sachsen-Anhalt lockt seit die-sem Jahr junge Meister sogar mit 10.000 Euro Zuschuss in die Selbstständigkeit.
Die Thüringer Meisterprämie in Höhe von 1.000 Euro, die ausschließlich an die besten Jungmeister vergeben wird, wirkt da wie ein Tropfen auf den heißen Stein. „Die Landesregierung ist gefordert, sich im Bund für eine Aus-weitung des AFBG einzusetzen und mit Landesmitteln ihre Wertschätzung eines jeden Thüringer Meisters zum Ausdruck zu bringen“, fasst Lobenstein den Appell in Richtung Wirtschaftsministerium zusammen. „Sich fortzubilden muss bezahlbar sein. Wir werden hier nicht locker lassen und uns weiter für den Handwerkernachwuchs stark machen.“
Im vergangenen Jahr schlossen 439 Jungmeister erfolgreich ihre Meisterausbildung ab.

Duale Ausbildung stärken! Unternehmergeist wecken! Thüringer Handwerk stellt erneut Forderungen an die Landespolitik

Duale Ausbildung stärken!
Unternehmergeist wecken!

Thüringer Handwerk stellt erneut Forderungen an die Landespolitik

In diesen Tagen beginnt das neue Ausbildungsjahr und erneut bleiben hunderte Lehrstellen im Thüringer Handwerk unbesetzt. Der Nachwuchsmangel setzt sich damit ungehindert fort.

Demografie nicht alleiniger Grund

Stefan Lobenstein, Konditormeister und Präsident des Thüringer Handwerkstag e. V. (THT), sieht die demografische Entwicklung als wichtigen Treiber. „Die Auswirkungen sind heute in allen Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen zu spüren. Allerdings ist der rückläufige Trend im Handwerk deutlich stärker ausgeprägt“, fasst Lobenstein die aktuelle Entwicklung zusammen.

Die Statistik zeigt, dass sich zwischen 1996 und 2016 die Zahl der Schulabsolventen um 49 Prozent reduzierte, die Zahl der Lehrlinge im Thüringer Handwerk jedoch im gleichen Zeitraum um 76 Prozent zurückging. „Ursächlich ist hier die von der Politik geförderte Ansicht in unserer Gesellschaft, dass nur das Abitur und ein Studium für sichere Arbeitsperspektiven und Karrieremöglichkeiten sorgen. Dabei bietet das Handwerk hochanspruchsvolle und abwechslungsreiche Berufe, die gerade im Zuge der Digitalisierung immer mehr Köpfchen erfordern“, so Lobenstein.

Im vergangenen Jahr erwarben in Thüringen bereits 51 Prozent der Schulabsolventen die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife. Das Abitur wird damit zusehends zum Regelabschluss. Lobenstein zeigt sich besorgt. „Wenn der natürliche Weg eines Abiturienten an eine Hochschule zu führen hat, brauchen wir uns nicht wundern, wenn immer mehr Lehrstellen unbesetzt bleiben oder Betriebe mangels Erfolg sogar gänzlich auf die Ausschreibung von Ausbildungsplätzen verzichten.“

Maßnahmenkatalog vorgestellt

Um die duale Ausbildung zu stärken und den Unternehmergeist in den jungen Menschen zu wecken, stellte der Thüringer Handwerkstag e. V. kürzlich seinen aktuellen Maßnahmenkatalog vor. Thomas Malcherek, Geschäftsführer des THT, fasst die wesentlichen Handlungsfelder zusammen: „Das beginnt bei der Ausweitung von Berufsorientierungsveranstaltungen auf alle Schulformen. Gymnasiasten sollten das Recht haben, ausgeglichen über Studien- und Berufsmöglichkeiten informiert zu werden. Es bedarf auch einer stärkeren Vermittlung von Unternehmertum an den Schulen. Wir müssen es durch Planspiele, Betriebsbesichtigungen und Praktika stärker schaffen, den Unternehmergeist in den Jugendlichen zu wecken. Das erfolgreich gestartete Handwerkergymnasium mit über 80 Schülern ist dafür ein wichtiger Ansatz, der konsequent fortentwickelt werden muss. Aber auch die Rahmenbedingungen einer Ausbildung müssen attraktiver werden. Wenn die Landesregierung das Berufsschulnetz ausdünnt, dann muss sie auch Alternativen schaffen“, moniert Malcherek den aktuellen Stillstand. „Weder sind unsere Berufsschulen personell ausreichend ausgestattet, noch sind sie in der Lage, den digitalen Wandel des Handwerks durch moderne Unterrichtsmittel zu vermitteln. Der gleiche Stillstand ist beim seit langem geforderten Azubi-Ticket zu verzeichnen.“

Als weitere Handlungsfelder benennt der Maßnahmenkatalog etwa die verbesserte Gewinnung von Studienabbrechern oder die Weiterentwicklung der Ansätze zur Integration von Geflüchteten. „Der Maßnahmenkatalog nennt konkrete Ansatzpunkte und ist damit eine wichtige Grundlage für die kommenden Gespräche mit der Landespolitik und den Ministerien“, fasst Malcherek die Intention zusammen.

Zum Download als PDF: 10 Punkte-Programm Duale Ausbildung