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Mitgliederversammlung des Thüringer Handwerkstages e.V. am Donnerstag, 4. November 2004, im Congress Centrum Suhl

Mitgliederversammlung des Thüringer Handwerkstages e.V. im Congress Centrum Suhl am Donnerstag, 4. November 2004


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– Die Rede des Präsidenten
– Das Positionspapier

– Das Thüringer Handwerk in Zahlen

Pressemitteilungen:
– Ergebnis der Wahl des Präsidenten, des Vizepräsidenten und des Vorstandes
– Aktuelle Handwerkskonjunktur                     
– Novellierung der Handwerksordnung                               
– Reformen und Hartz IV
              
– Landespolitik: Dialog vor Entscheidungen
                    
– Ausbildung             

Ergebnis der Wahl des Präsidenten, des Vizepräsidenten und des Vorstandes

Wahl des Vorstandes des Thüringer Handwerkstages e.V. – Ostermann als Präsident bestätigt

Die Mitglieder des Thüringer Handwerkstages haben in der turnusmäßig anstehenden Wahl den bisherigen Vorstand im Amt bestätigt.

Präsident:
Rolf Ostermann
(Präsident der Handwerkskammer Erfurt)

Vizepräsident:
Karl-Heinz Schneider
(Landesinnungsmeister des Landesinnungsverbandes für das thüringische Dachdeckerhandwerk)

Weitere Vorstandsmitglieder:
Klaus Nützel
(Präsident der Handwerkskammer für Ostthüringen)
Henner Hartung
(Präsident der Handwerkskammer Südthüringen)
Hans-Jürgen Vogel
(Landesinnungsmeister des Landesinnungsverbandes des Kraftfahrzeughandwerks Thüringen)
Ullrich Eller
(Landesinnungsmeister des Landesinnungsverbandes des Schornsteinfegerhandwerks im Freistaat Thüringen).

Im Thüringer Handwerkstag sind die drei Handwerkskammern sowie 37 Fachverbände, Landesinnungsverbände und Landesinnungen organisiert. Damit bildet der Thüringer Handwerkstag die höchste Interessenvertretung des Handwerks im Freistaat.

Der Vorstand wird für drei Jahre gewählt.

Aktuelle Handwerkskonjunktur

Auch 2004 bleibt die Lage im Thüringer Handwerk angespannt: Die aktuell 29.440 Handwerksbetriebe, 824 mehr als zu Jahresbeginn, beschäftigten Ende September rund 141.000 Mitarbeiter, etwa 3.500 weniger als zu Jahresbeginn. Wie der Präsident des Thüringer Handwerkstages, Rolf Ostermann, anlässlich der Mitgliederversammlung in Suhl betonte, sei diese gegensätzliche Entwicklung von Betriebszuwächsen und Beschäftigtenabbau nicht weiter verwunderlich, weil sich an der grundsätzlichen Konjunkturlage nichts geändert habe. Gleich mehrere Faktoren sind dafür verantwortlich: die schwache Binnennachfrage aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit und der allgemeinen Verbraucherverunsicherung, leere öffentliche Kassen sowie enormer Kostendruck aufgrund des anhaltenden Dumpingwettbewerbs in vielen Branchen. Gestiegene Energie- und Rohstoffkosten, die an die Kunden aufgrund der Marktsituation nicht weitergegeben werden können, tragen ebenfalls dazu bei, dass Umsatz- und Ertragsentwicklung im Thüringer Handwerk mehr als unbefriedigend sind.

Für das Gesamtjahr 2004 erwartet Ostermann ein weiteres Anwachsen der Betriebszahl wie einen weiteren Abbau an Beschäftigten. Die deutliche Steigerung der Betriebszahlen um 824 bis zum Stichtag 30. September wird vom THT-Präsidenten als eine Sonderentwicklung eingeschätzt, die ausschließlich auf die novellierte Handwerksordnung zurückzuführen sei.

Novellierung der Handwerksordnung

Eine Bilanz nach knapp neun Monaten zeigt deutlich, wie recht das Handwerk mit seinen Warnungen bezüglich der Auswirkungen der Novellierung der Handwerksordnung gehabt hat: Während die Eintragungen in den Anlage A-Berufen, den Berufen mit Meisterpflicht also, sowie in den handwerksähnlichen Branchen keine großen Schwankungen zu den Vorjahren aufwiesen, sind sie in den jetzt zulassungsfreien B-1-Berufen, die ohne jeglichen Kenntnisnachweis ausgeübt werden können, mit rund 11 Prozent förmlich in die Höhe geschossen. Spitzenreiter bei den Eintragungszahlen waren hier die Branchen Gebäudereiniger, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger und Raumausstatter. Rund 70 Prozent dieser neuen Unternehmer verfügt über keine fachspezifische Ausbildung, geschweige denn einen Meisterbrief. „Für die Leistungsfähigkeit und die Dauerhaftigkeit dieser Betriebe erwarte ich wenig Gutes,“ so Ostermann. Außerdem gehe diese Entwicklung einher mit einem deutlichen Qualitätsverlust, was auch den Ruf des Handwerks insgesamt schädigen könne.

Beschäftigungseffekte hat die Novellierung der Handwerksordnung bisher ebenso wenig gebracht wie Effekte auf dem Ausbildungsmarkt. Auch hier haben sich die Erfahrungen des Handwerks bestätigt, dass Kleinstbetriebe ohne qualifizierte Leitung, wie sie die meisten Existenzgründer in der Anlage B 1 sind, weder Mitarbeiter einstellen noch selbst ausbilden.

Ostermann appellierte daher an alle Existenzgründer, sich möglichst gut vorbereitet in die Selbständigkeit zu wagen. „Eine Erfolgsgarantie ist der Meisterbrief zwar nicht. Aber er ist das bewährteste berufliche Qualitätssiegel unserer Deutschen Wirtschaft,“ gab er zu bedenken. Es sei der Meisterqualifikation zu verdanken, dass das Handwerk zu den stabilsten Wirtschaftszweigen in Deutschland zählt.

Reformen und Hartz IV

Gäbe es Noten für das öffentliche Betragen der Politiker im Bund, der THT-Präsident würde dem Großteil der Politikerklasse ein „schlechtes Betragen“ ins Klassenbuch schreiben. Der Reformstau in Deutschland, so Ostermann, habe eine seiner Ursachen darin, dass Sachthemen immerwährend zu Personalthemen würden. Er  forderte die Politiker daher auf, in drängenden politischen Entscheidungsfeldern wie Steuerreform, Gesundheits-, Renten- und Arbeitsmarktreform endlich Problemerkennung und Lösungsdurchsetzung statt unendliche Streitereien zu betreiben.

Erste Signale setzt die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Das Prinzip des „Fordern und Fördern“ sei die richtige Zie
lrichtung, unterstrich Ostermann. Es dürfe bei der Umsetzung, insbesondere bei den über 6.000 in Thüringen vorgesehenen 1-Euro-Jobs, aber keine neuerliche Wettbewerbssituation entstehen. Erste Begehrlichkeiten seitens der Kommunen wurden bereits öffentlich. „Es darf nicht sein, dass wir Handwerker mit unseren Steuern und Abgaben unsere eigene Billig-Konkurrenz finanzieren.“ Hier forderte er alle Beteiligten auf, sehr sorgsam die Maßnahmen auszuwählen, in denen Arbeitslose beschäftigt werden.

Sorge bereitet dem Handwerk die stetig wachsende Staatsverschuldung, die bisher mit offenen oder verdeckten Steuererhöhungen abgemildert werden soll. Bessere Rahmenbedingungen für mehr Investitionen gibt es laut Ostermann indes nur, wenn innerhalb eines umfassenden Steuerreformpaketes Subventionen ebenso abgebaut würden wie die Steuerbelastung.

Statt beispielsweise die Eigenheimzulage – für die bauwilligen Familien hier in Thüringen und somit auch für das Thüringer Bauhandwerk eine wichtige Stütze – ersatzlos zu streichen, sollten Veränderungen beispielsweise in der Bemessungsgrundlage oder in der Einbeziehung von Aufwendungen überlegt werden. Dies könnte gleichzeitig sinnvoll Schwarzarbeit eindämmen.

Landespolitik: Dialog vor Entscheidungen  

Auf landespolitischer Bühne stand die Landtagswahl und die Neuaufstellung der Landesregierung im Blickpunkt.

Der Thüringer Handwerkstag möchte auch mit der neuen Landesregierung eine gemeinsame Vereinbarung zur Entwicklung des Handwerks erarbeiten und im Frühjahr 2005 unterzeichnen.

Kritisch sieht das Thüringer Handwerk aktuelle Bestrebungen insbesondere im Wirtschaftsministerium, bewährte Beratungsangebote der Kammern künftig in landeseigene Gesellschaften wie der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) zusätzlich und damit steuersubventioniert zu installieren. Außerdem drängt der THT das Wirtschaftsministerium darauf, die Förderbreite nicht zu Gunsten nur weniger Bereiche zu verengen. Die Förderung der Überbetrieblichen Lehrgänge als direkte Unterstützung für die ausbildenden Betriebe müsse auf gleichem Niveau fortgeführt werden. Doch ebenso sei es Aufgabe des Wirtschaftsministeriums, gerade die kleinen und mittleren Betriebe des Handwerks auf der Suche nach neuen Absatzmärkten zu unterstützen. Präsentationen auf Messen im In- und Ausland seien für viele Betriebe die einzige Möglichkeit, sich neue Märkte zu erschließen. „Wenn es uns nicht gelingt, diese Betriebe durch das allgemeine Konjunkturtal hindurchzuführen und langfristig auf stabile wirtschaftliche Beine zu stellen, werden wir nicht nur Unternehmen verlieren, sondern auch ein Stück Thüringer Identität.“

Ostermann forderte Thüringens Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz auf, nicht über die Köpfe der Handwerker hinweg Entscheidungen zu treffen. Im Dialog liege die Chance, neue Wege in der Handwerksförderung zu finden.

Ausbildung  

In den Bemühungen einer qualifizierten Ausbildung der Jugend weiß das Handwerk die Landesregierung an seiner Seite. Die Unterstützung der Überbetrieblichen Lehrunterweisung ist seit Jahren kontinuierlich hoch und liegt über dem Bundesdurchschnitt. Umso wichtiger wird es in den kommenden Jahren, die Qualität aufrecht zu erhalten.

Das Thüringer Handwerk wird im Rahmen des Thüringer Paktes für Ausbildung seine anvisierten 5.100 Ausbildungsverträge beisteuern und bis Jahresende mit einer Ausbildungsquote von rund 10 Prozent (bezogen auf die Beschäftigtenzahl im Handwerk) erneut deutlich über allen anderen Wirtschaftsbereichen liegen.

Mit Stand vom 31. Oktober 2004 wurden 5.029 neue Ausbildungsverträge im Thüringer Handwerk unterzeichnet; ein Plus von 8 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Damit hat das Handwerk im Freistaat 98,6 Prozent der bis zum Jahresende anvisierten 5.100 Ausbildungsverträge erreicht.

Ostermann wies darauf hin, dass nicht ausschließlich die Ausbildungsverträge das Ausbildungsengagement des Handwerk dokumentieren. Gerade als Partner der Schulen stelle das Handwerk mit seinen vielen tausend Praktikumsbetrieben eine wichtige Basis für die berufliche Orientierung der Jugend. In diesem Jahr sollen 294 Praktikumsplätze im Rahmen der Einstiegsqualifizierung für Jugendliche (EQJ) hinzukommen. Hier erhalten Jugendliche die Chance, in sechs- bis zwölfmonatigen betrieblichen Praktika in einen Beruf hinein zu schnuppern.

Die Ausbildungssituation bleibt in diesem Jahr ähnlich schwierig wie in den Vorjahren. Dem Handwerk wird es aber aller Voraussicht nach gelingen, trotz anhaltend schwacher Konjunktur die Ausbildungszahlen zu stabilisieren. Der Appell Ostermanns ging auch zu diesem Zeitpunkt an die Betriebe, der Jugend und der eigenen Fachkräftegewinnung willen, Ausbildungsplätze bereitzustellen. Auch wenn es in diesem Jahr noch keinen Bewerberrückgang gab, in spätestens zwei Jahren werden die geburtenschwachen Jahrgänge der „Nachwende-Generation“ für deutlich weniger Schulabgänger- und somit Bewerberzahlen sorgen.

Mit dem Sinken der Bewerberzahlen in den nächsten Jahren kommen neue Herausforderungen auf das Handwerk zu. Es steht zu erwarten, dass es in einigen Branchen dann zu akutem Bewerbermangel kommt, zumal bereits heute schulische Qualifikation und Anforderung des Ausbildungsberufes auseinander klaffen. Hier ist in erster Linie das Kultusministerium mit den schulischen Partnern aufgefordert, geeignete Maßnahmen zu entwickeln, um die Ausbildungstauglichkeit der Schulabgänger zu erhöhen. „Wir können es uns nicht länger leisten, unsere Schulen ideologisch zu organisieren. Auch hier muss gelten ´fordern und fördern´. Und es muss der Blick über den Tellerrand gehen. Längeres gemeinsames Lernen und eine höhere Praxisbezogenheit im Unterricht sind die Vorschläge des Handwerks.“

Eindringlich warnt das Thüringer Handwerk vor einer Zersplitterung der beruflichen Bildung. „Berufliche Bildung muss in der Hoheit des Bundes bleiben.“ Ostermann forderte die  Landesregierung auf, den Bestrebungen, die berufliche Bildung in die Länderhoheit zu überführen, entgegenzuwirken.

Während man auf europäischer Ebene an der Vergleichbarkeit und damit an der gegenseitigen Anerkennung von Abschlüssen arbeitet, sollte Deutschland nicht den entgegengesetzten Weg einschlagen und den deutschen Exportschlager „Berufliche Bildung“ zersplittern.

Das Ergebnis wäre nicht nur für die berufliche Zukunft junger Menschen schädlich, denn ohne Vergleichbarkeit der Abschlüsse wäre die Mobilität der Absolventen beruflicher Ausbildung  stark eingeschränkt, sondern hätte auch hohen Kosten- und Organisationsaufwand für überregional tätige Betriebe und hohen Verwaltungsaufwand der für die berufliche Bildung zuständigen Stellen zur Folge. Nicht zu vergessen ist, dass das hohe Ansehen und die große Akzeptanz des Dualen Ausbildungssystem mit seinen umfangreichen Möglichkeiten der Aus- und der Weiterbildung nicht zuletzt auf den bundeseinheitlichen Ausbildungsstandards fußt.

Resolution des Thüringer Handwerkstages e.V. anlässlich der Mitgliederversammlung am 4. November 2004 in Suhl

Resolution des Thüringer Handwerkstages e.V. anlässlich der Mitgliederversammlung
am 4. November 2004 in Suhl

Reformwillen parteiübergreifend demonstrieren

Der Thüringer Handwerkstag e.V. als Spitzenorganisation des Thüringer Handwerks und somit von knapp 30.000 Betrieben mit 141.000 Beschäftigten und fast 16.000 Auszubildenden, fordert die Politiker aller Parteien in Bund,  Land und Kommunen auf, die allseits bekannten und erforderlichen Reformen endlich sachlich, konsequent und zügig anzupacken.

Unser Land kann es sich nicht leisten, fortwährend auf Landtags- oder Bundestagswahlen Rücksicht zu nehmen und damit dringend notwendige Reformschritte auf die lange Bank zu schieben.

In der Steuer- und Finanzpolitik muss das Hauptaugenmerk darauf gerichtet werden, dass  sich das Investitionsklima in Deutschland wieder verbessert, Arbeitslosigkeit abgebaut wird und die Konsumnachfrage steigt. Mehr Steuergerechtigkeit, Steuersenkungen und Subventionsabbau sind hierbei parallel durchzuführende Maßnahmen, um den Steuerdschungel zu lichten und für mehr Investitionen zu sorgen.

Um die Arbeitslosigkeit zu senken, bedarf es grundlegender Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt. Einstellungen müssen erleichtert werden, die ausgeuferten Lohnzusatzkosten reduziert und das Arbeitsrecht flexibilisiert werden. Der Beschäftigungsmotor Mittelstand ist unter anderem auch deshalb ins Stocken geraten, weil die standorttreuen kleinen und mittleren Betriebe unter der bürokratischen Regelungswut besonders zu leiden haben.

Um die Bedürfnisse und technischen Möglichkeiten kleiner Betriebe zu berücksichtigen, sollten bei allen geeigneten Gesetzen und Auflagen, insbesondere im Sozial- und Arbeitsrecht sowie Umweltrecht, Kleinbetriebsregelungen mit vereinfachten Anforderungen beziehungsweise Freistellungen eingeführt werden.

In Bezug auf die Arbeitsmarktreform Hartz IV werden Arbeitsagenturen und Kommunen aufgefordert, besonders sorgsam bei der Vergabe von sogenannten 1-Euro-Jobs vorzugehen, um eine mögliche Billig-Konkurrenz von vornherein auszuschließen.

Staatliche Existenzgründungsförderungen dürfen nicht länger zum Dumpingwettbewerb gegenüber bereits am Markt tätigen Betrieben führen.

Um Deutschland eine zukunftssichere Basis zu geben, braucht es dringend strukturelle Reformen in den sozialen Sicherungssystemen. Der Faktor „Arbeit“ darf nicht weiter verteuert werden. Insbesondere bedarf es einer Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung, um die Leistungsfähigkeit und Finanzierbarkeit  des Gesundheitssystems auf Dauer aufrecht zu erhalten. Das Thüringer Handwerk ist der Überzeugung, dass auf Dauer kein Weg an einem Mischsystem aus paritätisch finanzierten Pflichtleistungen und einer individuellen, kapitalgedeckten und eigenfinanzierten Zusatzvorsorge, ähnlich der Rentenversicherung, vorbeiführt.

Dringend reformbedürftig ist das deutsche Bildungssystem. In der Dualen Berufsausbildung im Handwerk ist seit Jahren das sinkende Bildungsniveau vieler Bewerber deutlich bemerkbar. Ziel der Bildungspolitik muss sein, Deutschland sowohl in der Spitzentechnologie, der Forschung als auch des allgemeinen Fachkräftereservoirs wieder auf eine internationale Spitzenposition zu bringen. Hierzu gehört neben Veränderungen in der schulischen Bildungslandschaft wie beispielsweise ein längeres gemeinsames Lernen, die Stärkung der beruflichen Bildung. Reformen müssen in diesem Zusammenhang im Handwerk zur Stärkung der Qualifizierung und nicht zur Dequalifizierung, wie im Rahmen der jüngsten Novellierung der Handwerksordnung, führen.

Mitgliederversammlung 2004

Mitgliederversammlung 2004

Das Thüringer Handwerk ist verunsichert. Einige Reformen, welche auch vom Handwerk lange angemahnt wurden, sind letztlich im parteiübergreifenden Konsens „vollbracht“. Doch die Reformen sind widersprüchlich im Inhalt und in der Wirkung. Politik und Gesellschaft drohen sich voneinander zu entfernen, die Industrie stellt sich außerhalb Deutschlands global auf. Der Arbeitsmarkt wird nur statisch dynamisiert. So stellen sich die für das Handwerk so wichtigen Rahmenbedingungen im Moment dar.

Die Mitglieder des Thüringer Handwerkstages e.V. werden dazu Stellung beziehen, ihre Positionen hierzu bestimmen und sich in den Möglichkeiten der Einflussnahme abstimmen.

Die Mitgliederversammlung 2004 des Thüringer Handwerkstages e.V. findet am 4. November 2004 im Congress Centrum Suhl statt.

4.253 neue Ausbildungsverträge – Thüringer Handwerk liegt im Ausbildungsplus

4.253 neue Ausbildungsverträge
Thüringer Handwerk liegt im Ausbildungsplus

Bis Jahresende will das Handwerk in Thüringen auf jeden Fall die im Thüringer Pakt für Ausbildung anvisierten 5.100 Ausbildungsverträge erfüllen. Und man ist auf gutem Weg.

In den drei Kammerbezirken wurden bis zum 30. September 4.253 neue Ausbildungsverträge unterzeichnet. Zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres waren es 4.190. Dies entspricht einer Steigerung im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Prozent.

Mit der Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt ist das Handwerk zufrieden. Nachdem in den letzten Jahren aufgrund der wirtschaftlichen Situation im Handwerk weniger Ausbildungsplätze bereitgestellt werden konnten, ist in diesem Jahr eine Stabilisierung, möglicherweise auch eine Steigerung der Ausbildungszahlen in Sicht. Rolf Ostermann, Präsident des Thüringer Handwerkstages, ist optimistisch, dass das angepeilte Ziel von 5.100 neuen Ausbildungsverträgen bis Jahresende erreicht wird.

Gesetzt wird im Handwerk auf Überzeugung. Schließlich ist im Handwerk Ausbildung als Fachkräfteentwicklung und als gesellschaftliche Aufgabe traditionell tief verwurzelt. Vor allem die Ausbildungsentwickler der Handwerkskammern sowie die Mitarbeiter der Kreishandwerkerschaften beraten das ganze Jahr über Betriebe zu Möglichkeiten der Ausbildung. Im Blickpunkt stehen hierbei vor allem Betriebe, die ausbilden können, jedoch noch nicht oder nicht mehr ausbilden. Hier konnten einige Erfolge verzeichnet werden.

Nach wie vor gibt es im Handwerk offene Ausbildungsplätze, die bisher nicht mit geeigneten Bewerbern besetzt werden konnten. Hauptproblem ist hierbei insbesondere die schulische Leistung der Bewerber. Insbesondere in den technischen Berufen sind die Ansprüche an eine handwerkliche Ausbildung hoch. Viele Bewerber haben hierfür gerade in den naturwissenschaftlichen Fächern nicht die entsprechenden Voraussetzungen, um erfolgreich eine solche Ausbildung absolvieren zu können.

Da berufsvorbereitende Maßnahmen allein dieses Manko nicht beseitigen können, fordert das Handwerk eine engere Verknüpfung von Schule und Wirtschaft wie beispielsweise eine intensivere Berufsorientierung in den allgemeinbildenden Schulen, um die Bandbreite der Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten im Handwerk besser aufzuzeigen. In kaum einem anderen Wirtschaftszweig sind Karrierechancen und die Möglichkeiten zur beruflichen Selbständigkeit so hoch wie im Handwerk. Von den 73.122 Gesellen, die seit der Wende im  Thüringen Handwerk ausgebildet worden sind, haben über 16.000 anschließend erfolgreich eine Meisterausbildung abgeschlossen und sich somit die Basis für eine Selbständigkeit im Handwerk gelegt.

Tag der Deutschen Einheit in Erfurt

Tag der Deutschen Einheit in Erfurt

Zeit fürs Handwerk – Eindrücke und Bilder vom großen Fest mit Handwerk zum 
Anfassen und erleben

Nicht nur die Stadt Erfurt und das Land Thüringen hatten zwei Tage viele tausend Gäste aus ganz
Deutschland zu Gast, auch das Thüringer Handwerk.

Im historischen Handwerkerviertel an der alten Universität und hinter der Krämerbrücke lud das
Handwerk zum Bummeln, zum Reden, zum Schauen, Staunen, zum Kaufen  und Selbstmachen ein.
Rund 40 Handwerker, überwiegend aus dem Kunsthandwerk, präsentierten ihre Produkte und
ließen sich während der Arbeit über die Schulter schauen. Sie nahmen sich Zeit, um all die Fragen
der Gäste zu beantworten. Und die hatten jede Menge Fragen, denn viel dort gezeigtes ist
Handwerkskunst mit Jahrhunderte alter Tradition. Da wurde gefragt und gefachsimpelt, wurden Tipps
gegeben und Erfahrungen ausgetauscht.

So richtig Handwerk zum Anfassen gabs auf dem alten Uni-Hof. Ausbildungszentren wie das
ABW Weimar, das BBZ Erfurt, das Handwerks-Bildungszentrum Weimar und die Dachdeckerschule
Lehesten sowie das Solardorf Kettmannshausen widmeten das Terrain zum Handwerkerhof um.
Ständig wurde gehämmert, gesägt, gemalt, gemauert, geschnitten, geschraubt und gebohrt, drehten
sich Solarflugzeuge, kochten Würstchen ohne Feuer oder aktivierte sich ein Airbag.

Vor allem für die jüngsten Besucher waren die lebenden Werkstätten wahre Magneten. Denn hier
konnten sie ihre eigenen Fertigkeiten ausprobieren, entdeckten, testeten und staunten. Die gesamte
Bandbreite des Handwerks – vom traditionellen Schmiedehandwerk oder der altdeutschen Schiefer-
eindeckung bis hin zu modernster Automobiltechnologie oder regenerativer Energie – wurde den
vielen tausend Gästen ganz praktisch und nachvollziehbar vorgestellt.

Impressionen vom großen Fest mit Handwerk zum Anfassen und erleben

    
Die Eröffnung am Sonnabend Vormittag – traditionelles               Der Minister griff zum Hammer
Anschmieden durch den Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz
und den Präsidenten des Thüringer Handwerkstages
Rolf Ostermann

  
 Auch Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus besuchte
 am Sonnabend Nachmittag das Handwerk

 

Impessionen von Handwerk zum Anfassen
auf dem alten Uni-Hof

                

          

                      

      

 

Handwerk erleben – Bilder aus der Michaelisstraße und Kreuzgasse sowie von der Wiese hinter der Krämerbrücke

            

                          

                   

                   

Großes Fest mit Handwerk zum Anfassen

Großes Fest mit Handwerk zum Anfassen

In diesem Jahr ist Thüringen und somit die Landeshauptstadt Erfurt Austragungsort der zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit. Und das Handwerk ist Mitten drin.

Bereits am Samstag, 2. Oktober, öffnen sich die Tore des Handwerkermarktes in der historischen Altstadt. Um 11 Uhr wird der Präsident des Thüringer Handwerkstages, Rolf Ostermann, mit dem Anschmieden am Feuer aus dem Hof der alten Universität die Handwerkertage eröffnen. Von der Michaelisstraße bis zum Hof der alten Universität sowie im Hof der Handwerkskammer Erfurt und hinter der Krämerbrücke können die Gäste der Stadt Handwerk erleben und Handwerk selbst anfassen.

Handwerk zum Anfassen
Im alten Uni-Hof darf sich Groß und Klein selbst ausprobieren. Dort wird Handwerk zum Anfassen geboten. Pflaster- und Holzarbeiten, schmieden, Dächer decken und Schiefer schlagen, Kupfer treiben, Marzipan formen, Frisuren entwickeln und mit Energie umgehen: Dieses und vieles mehr wird dort geboten. Außerdem ist das Solardorf Kettmannshausen vertreten und zeigt, wie viel Energie auch im Oktober noch aus der Sonne zu holen ist. Es werden auf ganz besondere Art und Weise Eier gebraten. Beteiligt an diesem Aktivprogramm sind unter anderem das Aus- und Fortbildungszentrum Weimar, das Handwerksbildungszentrum Weimar, das Berufsbildungszentrum Erfurt, die Dachdecker aus Lehesten und der Landesinnungsverband der Karosserie- und Fahrzeugbauer.

Handwerk erleben
Rund 40 Handwerksbetriebe unterschiedlichster Branchen sind in der Michaelisstraße und hinter der Krämerbrücke zu erleben. Natürlich steht das Thüringer Kunsthandwerk hierbei im Mittelpunkt. Töpferkunst, Böttcherarbeiten, Holz- und Korbwaren und Drechslererzeugnisse sind dort ebenso zu finden wie Fellprodukte, Filzkleidung, mit Gravuren veredeltes Glas, Trachten, Schnitzerein, Buchbinderarbeiten Jagdwaffengravuren, handgefertigte Kerzen, Kürschnerprodukte oder auch Schmuck, Puppen und Textiles aus Leder. Viele Aussteller verkaufen nicht nur ihre Produkte, sondern zeigen den Besuchern auch gleich, wie die kleinen Kunstwerke entstehen. Für das leibliche Wohl sorgt unter anderem eine Hausbäckerei mit Kuchen nach Thüringer Rezepten. Direkt hinter der Krämerbrücke werden in Zusammenarbeit mit dem Spielhaus Richtersche Villa aus Rudolstadt den kleinen Gästen traditionelle Handwerkstechniken zum Ausprobieren angeboten. Drucken, Weben, Seilern, der Bau und das Betreiben eines Lehmbackofens, Schmieden und vieles mehr dürfte nicht nur die jungen Besucher begeistern und zum mitmachen animieren.

Der Handwerkermarkt ist am Samstag, 2. Oktober, und Sonntag, 3. Oktober, jeweils ab 10 Uhr geöffnet.

Ausbildungsstellen-Initiative des Thüringer Handwerks

Ausbildungsstellen-Initiative des Thüringer Handwerks

Ausbildungspakt wird erfüllt

In den drei Thüringer Handwerkskammern sind bis Mitte August 2.475 neue Ausbildungsverträge für das erste Lehrjahr eingegangen. Damit befindet sich das Thüringer Handwerk auf bestem Weg, seine Zusagen im „Thüringer Pakt für Ausbildung 2004“ zu erfüllen.

Bis Ende des Jahren will das Handwerk im Freistaat 5.100 neue Ausbildungsverträge unter Dach und Fach haben. Damit wäre eine Ausbildungsquote von zehn Prozent bezogen auf die Anzahl der Beschäftigten im Handwerk (die Selbstverpflichtung des Thüringer Handwerks noch vor dem landesweiten Ausbildungspakt) erfüllt. „Wir sind auf gutem Weg und ich bin zuversichtlich, dass wir diese Zusage einhalten.“ betonte THT-Präsident Rolf Ostermann. Kammern, Innungen, Kreishandwerkerschaften und Verbände sind verstärkt aktiv geworden, um Betriebe von der Notwendigkeit und den Vorteilen einer Ausbildung zu überzeugen. Dadurch gelang es, wieder mehr erstausbildende Betriebe als in den Jahren zuvor für die Ausbildung zu gewinnen. Durch die Einrichtung von Lehrstellenbörsen wurden zudem Bewerber und Anbieter von Lehrstellen schnell und unbürokratisch zusammengeführt, so dass viele Ausbildungsplätze erfolgreich besetzt werden konnten.

Das Thüringer Handwerk rechnet in den kommenden Wochen mit starker Bewegung in den Lehrlingsrollen der Handwerkskammern, da sich erst spät viele Betriebe für die Ausbildung entschieden haben. Eine Ursache sieht Präsident Ostermann darin, dass die drohende Ausbildungsplatzabgabe der Bundesregierung viele Betriebe bei der Unterzeichnung von Ausbildungsverträgen zögern ließ. Sorgen bereitet dem THT-Präsidenten zudem die sinkende Zahl jener Betriebe im Handwerk, die ausbildungsberechtigt und -befähigt sind. Mit der Novellierung der Handwerksordnung ist nur noch für 41 Handwerke der Meisterbrief obligatorisch. Und auch hier gibt es Ausnahmeregelungen, um sich ohne Meisterqualifikation selbständig machen zu können.

Da im Handwerk allerdings die Ausbildungsbefähigung eng an den Meisterbrief gekoppelt ist, wird man künftig vor allem in der neuen Anlage B1 (53 Handwerke, die mit der Novellierung aus dem Vollhandwerk herausgelöst wurden und somit keine Meisterqualifikation mehr benötigen) deutliche Abstriche in der Qualität und Quantität der Ausbildung hinnehmen müssen. „Diese Konsequenzen hat man in der Bundesregierung offenbar nicht bedacht, als man mit der Sense über das Handwerk ging,“ betont der Präsident. Mit der Aussetzung der Ausbildungseignungsprüfungen (AEVO) als Voraussetzung für die Ausbildung Jugendlicher nimmt der Staat darüber hinaus Einbußen in der Ausbildungsqualität in Kauf.

Appell an das Handwerk
THT-Präsident Rolf Ostermann appelliert an alle ausbildungsberechtigten und ausbildungsfähigen Betriebe, die bislang noch keinen Auszubildenden eingestellt haben, sich für die Bereitstellung eines Ausbildungsplatzes zu entscheiden.

„Die Zukunft unserer Betriebe hängt ab von der Qualifikation unserer Mitarbeiter.
Und wollen wir unsere Zukunft im Handwerk gestalten, müssen wir ausbilden.
Ich bedanke mich daher bei allen Betrieben, die dieses Jahr erneut oder erstmals
einen Lehrling eingestellt haben.“

Wahlprüfsteine zur Landtagswahl – die wichtigsten Parteien in Thüringen gaben Antwort

Wahlprüfsteine zur Landtagswahl – die wichtigsten Parteien in Thüringen gaben Antwort

Auf die am 24. März zum 12. Parlamentarischen Abend des Thüringer Handwerks überreichten Wahlprüfsteine zur Landtagswahl in Thüringen am 13. Juni haben CDU, SPD, PDS, FDP und Bündnis 90/Grüne jetzt geantwortet.

Speziell zur Landtagswahl hatte der Thüringer Handwerkstag erneut „Wahlprüfsteine“ formuliert. In diesen Prüfsteinen werden den wichtigsten Parteien in Thüringen Fragen zum Handwerk gestellt. Unter anderem geht es dabei um Wirtschafts- und Ausbildungsförderung, Möglichkeiten zur Verbesserung der Eigenkapitalsituation der Betriebe, Entbürokratisierung, Arbeitsmarktpolitik sowie um Verkehrs- und Infrastrukturpolitik und Umweltpolitik.

Damit sich alle Handwerker ein Bild von den Parteien machen können, hier die Antwortschreiben der Parteien als pdf zum download:

CDU
SPD
PDS
FDP
Bündnis 90/Grüne


Im Folgendem finden Sie die Fragen und die dazugehörigen Antworten der Parteien in verkürzter Form.

1. Die Unterstützung des Handwerks auf Bundesebene, insbesondere im gesetzgeberischen Bereich, ist dringend notwendig.
– Welche Maßnahmen zur Senkung der Steuer- und Abgabenlast werden ergriffen?
– Welche steuerlichen Anreize zur Belebung der Nachfrage handwerklicher Dienstleistungen sollen geschaffen werden?
– Wie werden Sicherungsrechte effektiver gestaltet?

CDU: Mit der Senkung der Steuersätze wurde eine Erhöhung der verfügbaren Einkommen erreicht sowie eine Verbesserung der Investitionsbedingungen. Durch die Einschränkung des Verlustabzuges wurde eine wichtige Änderung  zu Gunsten mittelständischer Unternehmen erreicht. Eine Substanzbesteuerung im Rahmen der Gewerbesteuer konnte verhindert werden. Die CDU setzt sich für die Erhaltung der Eigenheimzulage ein.

SPD: EU-Förderung, Förderung im Rahmen des Solidarpaktes II und die Verbesserungen der steuerlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen und Private wirken bereits positiv. Darüber hinaus ist in Thüringen eine gezielte Ansiedlungspolitik notwendig. Priorität besitzt für die SPD die Bestandspflege bestehender Unternehmen als ein Aspekt erfolgreicher Wirtschaftsförderung im Sinne der Schaffung von konstanten Angebots- und Nachfragekonstellationen. Regelungen zur Verbesserung der Zahlungsmoral haben die Voraussetzung dafür geschaffen, dass Sicherungsrechte effektiver gestaltet werden konnten.

PDS: Die PDS strebt eine Umverteilung der Steuerlast zugunsten der kleinen und mittleren Einkommen und Gewinne an. Dazu gehören Vermögenssteuer für große Einkommen, Börsenumsatzsteuer, höhere Steuerfreibeträge und Gewerbesteuer für Freiberufler. An der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme sollen alle Einkommensbezieher einbezogen werden. Ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz und die steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen sollen im Handwerk die Nachfrage beleben. Durch die Sicherung des Eigentumsvorbehalts und höhere Verzinsung ausstehender Forderungen sollen die Sicherungsrechte verbessert werden.

FDP: Im Mittelpunkt müssen aus Sicht der FDP intensive Bemühungen um Bürokratieabbau und Deregulierung stehen. Eine Kernforderung ist die Schaffung einer Sonderwirtschaftszone für Thüringen. Ein staatlich gestützter Niedriglohnsektor wird abgelehnt. Weiter gehört zu den Forderungen ein Demontagerecht bei unbezahlten Handwerkerrechnungen und ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent für Handwerkerleistungen.

Bündnis 90/Grüne: Das Steuersystem muss vereinfacht und durch einen konsequenten Subventionsabbau sollen weitere Spielräume für die Senkung der Abgabenlast geschaffen werden. Durch die Senkung der Lohnnebenkosten können handwerkliche Leistungen preislich attraktiver gemacht werden. Die Sicherungsrechte bei Handwerkerrechnungen sollen verbessert werden, zum Beispiel durch eine Entschlackung des Rechtsweges.


2.
Die direkte und indirekte Förderung des Handwerks zur Verbesserung der Eigenkapitalsituation, zur Erhöhung der Investitionstätigkeit sowie der Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen ist auf hohem Niveau fortzuführen.
– Welche Finanzierungsmöglichkeiten sollen dem Handwerk zur Verfügung gestellt werden?
– Welche Instrumente zum Erhalt unserer Betriebe stehen im Mittelpunkt der Förderpolitik?

CDU: Das Programm zur Gründungs- und Wachstumsfinanzierung sowie die Programme zur „Leistungssteigerung im Handwerk“ haben sich voll auf bewährt. Die CDU betrachtet das organisationseigene Beratungswesen als eine tragende Säule in der Existenzgründung sowie wirtschaftlichen Stärkung bestehender Betriebe.

SPD: Darlehen, Landesbeteiligun-gen sowie Kreditausfallbürgschaften und die Bürgschaftsprogramme der Thüringer Aufbaubank werden bei der SPD zur Stärkung bestehender Unternehmen bevorzugte Finanzierungsformen darstellen. Das „Thüringen Kapital“ soll modifiziert und andere existierende Förderprogramme optimiert werden.
Mit „One-Stop-Offices“ soll für Unternehmen die formlose Beantragung von Fördermitteln ermöglicht werden. Diese Offices sollen außerdem als Lotsen dienen.

PDS: Programme für nicht zurückzahlbare Zuschüsse sind stärker für das Handwerk zu öffnen. Handwerksbetriebe sind in den Bürgschaftsprogrammen stärker zu berücksichtigen. Landesmittel für die Handwerksförderung sind auf die Wertgröße vom Jahr 2002 zu erhöhen.

FDP: Kritisch sieht die FDP das Finanzierungsverhalten der Kreditinstitute und fordert insbesondere die Sparkassen auf, ihrem öffentlichen Auftrag im Bereich der Kreditvergabe gerecht zu werden. Auch Förderungen aus öffentlichen Mitteln, insbesondere für Gründungen und Investitionen sind notwendig. Es muss geprüft werden, ob zum Beispiel das Mittelstandsfördergesetz auf Belange des Handwerks ausgedehnt werden sollte.

Bündnis 90/Grüne: Die Geschäftspolitik der öffentlichen Sparkassen soll die Finanzierung der regionalen Wirtschaft wieder als zentrale Aufgabe begreifen. Die alleinige Bereitstellung von hochverzinslichen Krediten durch die Thüringer Aufbaubank reicht nicht, um die notwendigen Investitionen zu finanzieren. Bündnis 90/Grüne wollen deshalb Instrumente fördern, die gerade in Krisenzeiten wie echtes Eigenkapital fungieren.


3. Die qualitativ hochwertige Aus-, Fort- und Weiterbildung im Handwerk ist nachhaltig zu sichern.
Wie soll die Schulausbildung als Grundlage der Berufsausbildung verbessert werden?
– Welche Maßnahmen zur Sicherung des dualen Bildungssystems sind vorgesehen?
– Wie kann die überbetriebliche Lehrunterweisung in den qualitativ hochwertigen Berufsbildungseinrich
tungen des Handwerks nachhaltig gesichert werden?

CDU: Zur Verbesserung der Qualifikation sowie zur Unterstützung der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bei der betrieblichen Aus- und Weiterbildung sind ein regional und sektoral bedarfsgerechtes Angebot an überbetrieblichen Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten und ein bedarfsgerechtes Netz überbetrieblicher Berufsbildungsstätten erforderlich. Auch im Jahr 2004 wird die Förderung der Lehrlingsausbildung auf hohem Niveau fortgesetzt.

SPD: Ziel der SPD ist es, das Kompetenzniveau der Schüler durch frühere und individuellere Förderung weiter zu verbessern. Eine engere Verbindung von Schule und Wirtschaft unter anderem durch fächerübergreifende und altersgerechte Vermittlung arbeits- und wirtschaftsbezogener Unterrichtsinhalte sowie der Ausbau der berufsbildenden Schulen zu regionalen Zentren für Ausbildung, Fort- und Weiterbildung sollen zur besseren Hinführung in die Arbeitswelt sorgen. Das Duale Ausbildungssystem soll erhalten bleiben.

PDS: Die PDS spricht sich für das polytechnische Prinzip in einem modernen, praxisnahen Unterricht in Zusammenarbeit mit den Kammern aus. Hohe Priorität hat die Verbesserung der Berufsorientierung. Zur Sicherung des Dualen Ausbildungssystems setzt die PDS auf eine Umlagefinanzierung.

FDP: Die FDP bekennt sich zum Dualen Ausbildungssystem und will die Förderung der überbetrieblichen Ausbildung im Handwerk fortsetzen. Diese überbetriebliche Ausbildung soll zur Sicherung der hohen Ausbildungsqualität in den Bildungszentren der Handwerkskammern konzentriert werden.

Bündnis 90/Grüne: Mit einer Bildungsoffensive wollen Bündnis 90/Die Grünen den einzelnen Menschen mit seinen individuellen Interessen und Fähigkeiten in den Mittelpunkt rücken. Ein verbindlicher Mindestwissensstand soll festgelegt werden. Das duale Bildungssystem soll beibehalten werden und auch auf den akademischen Bereich ausgeweitet werden. Die Berufsbildenden Schulen in Thüringen wollen Bündnis 90/Grüne zu regionalen Aus- und Weiterbildungszentren ausbauen.


4.
Das Handwerk lehnt eine Ausbildungsplatzabgabe konsequent ab.
– Welcher Standpunkt wird dazu eingenommen?

CDU: Die CDU Thüringen vertritt die Auffassung, dass eine Ausbildungsplatzabgabe wenig hilfreich dafür ist, die Ausbildungssituation zukunftssicher zu gestalten.

SPD: Die SPD sieht eine Ausbildungsplatzabgabe als letztes Mittel, sofern die Wirtschaft nicht bereit ist, ein ausreichendes Angebot qualifizierter Ausbildungsplätze bereit zu stellen.

PDS: Als Ausgleich zwischen aus-bildenden und nicht ausbildenden Betrieben favorisiert die PDS ein Modell, das im Branchenbereich zwischen den Tarifpartnern in Anlehnung an die Ausbildungskasse der IG Bau vereinbart wird.

FDP: Die Ausbildungsabgabe wird strikt abgelehnt.

Bündnis 90/Grüne: Die Ausbildungsplatzabgabe wird unterstützt.


5. 
Schwarzarbeit muss unterbunden und verfolgt werden.
– Welche Maßnahmen im Kampf gegen illegale Beschäftigung und unerlaubte Handwerksausübung sind vorgesehen?

CDU: Die CDU Thüringen engagiert sich  dafür, das Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit so zu gestalten, dass die Belastung des Faktors Arbeit mit Steuern und Abgaben, die Regulierung sowie die Steuer- und Sozialgesetzgebung als tatsächliche Ursachen der Schwarzarbeit aufgezeigt werden.

SPD: Korruption, Wirtschaftskriminalität und Schwarzarbeit sind energisch zu bekämpfen und nicht als Kavaliersdelikt zu behandeln. Polizei und die Schwerpunktstaatsanwaltschaften werden entsprechend ausgestattet.

PDS: Durch Senkung des Umsatzsteueranteils für Handwerkerleistungen und zusätzliche Sanktionen für Auftraggeber bei illegaler Beschäftigung und unerlaubter Handwerksausübung soll die Schwarzarbeit eingedämmt werden.

FDP: Nicht vorrangig und ausschließlich repressive Maßnahmen sondern die Senkung von Lohn- und Nebenkosten, Steuersenkung und -vereinfachung und somit preiswertere Handwerkerleistungen  können die Schwarzarbeit eindämmen.

Bündnis 90/Grüne: Durch  Mini- und Midijobs kann der Schwarzarbeit der Anreiz genommen werden. Unternehmen, die Schwarzarbeit betrieben haben, müssen für drei Jahre von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.


6. 
Die begonnenen Deregulierungs- und Entbürokratisierungsmaßnahmen des Landes sind konsequent weiterzuführen.
– Welche Schwerpunkte sowie Umsetzungstermine sind geplant?

CDU: Die Landesregierung hat eine unabhängige Stabsstelle „Verwaltungsvereinfachung/ Entbürokratisierung“ eingerichtet. Ein wesentlicher Beitrag des Landes für mehr Wirtschaftsfreundlichkeit liegt insbesondere in der Verbesserung des Vollzuges. Die CDU wird Verwaltung service- und kundenorientierter gestalten.

SPD: Alle Gesetze, Rechtsvorschriften und Richtlinien sollen auf ihre Sinnhaftigkeit hin überprüft werden; insbesondere die Richtlinien der Wirtschaftsförderung. Die Zahl der Bearbeitungsinstanzen in der Wirtschaftsförderung soll reduziert werden.

PDS: Die Deregulierungsaktivitäten auf  Landesebene sollen nach Prioritäten geordnet und terminlich fixiert werden. Zu begrüßen ist die Aktivität im Land zur Bewertung Thüringens als Innovationsregion.

FDP: Die Deregulierungs- und Entbürokratisierungsmaßnahmen sind konsequent zu gestalten und dürfen sich aus Sicht der FDP nicht nur auf Verwaltungsvorschriften beschränken. Gesetze und Verordnungen müssen auf ihre Notwendigkeit hin überprüft werden und, wenn möglich, nicht wenn nötig, abgeschafft werden.

Bündnis 90/Grüne: Bündnis 90/Die Grünen wollen sich für eine Entschlackung überflüssiger Regelungen einsetzen. Rechtsvorschriften müssen verständlich und nachvollziehbar abgefasst und zugänglich gemacht werden. Verwaltungsabläufe sollen beschleunigt werden.


7. 
Eine mittelstandsfreundliche Vergabepolitik ist für das Handwerk äußerst wichtig.
Wie soll die konsequente Anwendung der Thüringer Vergabe-Mittelstandsrichtlinie, insbesondere auf kommunaler Ebene, gewährleistet werden?

CDU: Die Thüringer Vergabe-Mittelstandsrichtlinie ist die wesentliche Grundlage für eine handwerksfreundliche Vergabepraxis. Die Schulungsangebote für Mitarbeiter der Vergabestellen wurden entsprechend ausgebaut. Die Auftragsberatungsstelle Thüringen e.V. sichert die qualifizierte Hilfestellung zu allen Fragen bei der Vergabe.

SPD: Es soll ein zentrales Korruptionsregister aufgebaut werden. In einem Thüringer Vergabegesetz sollen öffentliche Aufträge im Hochbau und im Dienstleistungsbereich an eine tarifvertragliche Bindung des Unternehmens geknüpft werden.

PDS: Um die Richtlinie konsequent anwenden zu können, ist der Gültigkeitsbereich der Vergabemittelstandsrichtlinie auf die kommunale Ebene auszudehnen.

FDP: Wichtig ist aus Sicht der FDP, dass bei der Vergabe auf die Belange des Handwerks, beispielsweise durch Ausschreibung in kleinen Losen, Rücksicht genommen wird. Das Handwerk muss durch Bildung von Bietergemeinschaften selbst flexibler bei Ausschreibungen reagieren.

Bündnis 90/Grüne: Für den Mittelstand sollen weitere Maßnahme
n zur Verbesserung der Zahlungsmoral auch der öffentlichen Auftraggeber entwickelt werden. Lokale Standortvorteile der Thüringer Unternehmen sollen bei Ausschreibungen zur Geltung kommen.


8. 
Städte und Gemeinden sind wichtige Auftraggeber für das Handwerk.
– Mit welchen Modellen können Städte- und Gemeinden finanziell besser ausgestattet werden?

CDU: Zur Stärkung und finanziellen Entlastung der Kommunen haben die unionsgeführten Länder ein Sofortprogramm initiiert. Die Bemühungen der CDU zielen darauf, kommunale Investitionen mittels moderner Finanzierungsformen zu ermöglichen. Weiterhin fordert die CDU eine umfassende Gemeindefinanzreform.

SPD: Die Finanzkraft der Kommunen muss unter anderem mithilfe eines kommunalen Finanzausgleiches nach objektiven und transparenten Kriterien stabilisiert werden. Bundesmittel als Ausgleich für die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollen komplett an die Kommunen durchgereicht werden.

PDS: Um besser auf örtliche Gegebenheiten und Notwendigkeiten reagieren zu können, sind die Pauschalzuweisungen des Landes, die bisher als „aufgabengebundene Finanzmittel“ gegeben wurden, an die Kommunen als Investitionspauschale zusammenzuführen. Restriktionen bei der Kreditaufnahme sind zu lockern.

FDP: Die FDP fordert die Abschaffung der Gewerbesteuer. Als Ausgleich sollen die Gemeinden eigene Zu- oder Abschläge auf die Einkommens- beziehungsweise Körperschaftssteuer erheben können sowie einen Anteil von 11,5 Prozent der Umsatzsteuer erhalten.

Bündnis 90/Grüne: Entlastungen, die den Kommunen durch die Änderungen bei der Gewerbesteuer und der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zugute kommen, sollten durch das Land in den Kommunen  belassen werden, um dort Investitionsschübe auszulösen.


9. 
Die Förderung des ersten Arbeitsmarktes hat unverändert Priorität vor der Förderung des zweiten Arbeitsmarktes.
– Welche Förderschwerpunkte werden hierzu zukünftig gesetzt?

CDU: Die Thüringer Arbeitsmarktpolitik ist primär auf den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet. Zum Thema Sicherung des Fachkräftebedarfs wurde eine Management-Arbeitsgruppe eingerichtet.

SPD: Die Verlagerung der Prioritäten vom 2. in den 1. Arbeitsmarkt wird von der SPD mitgetragen. Arbeitsmarktpolitik und -förderung will die SPD aus einem Guss entwerfen.

PDS: Neben der Förderung des ersten Arbeitsmarktes sind arbeitskrafterhaltende Maßnahmen und die Durchführung von Arbeiten im „Non Profit“-Bereich im 2. Arbeitsmarkt mit dem Ziel der Entlastung öffentlicher Kassen und Haushalte geboten.

FDP: Schwerpunkte der Wirtschaftsförderung müssen in den Bereichen Existenzgründungsförderung, Unterstützung des Exports von Klein- und mittelständischen Unternehmen und in der Förderung des Technologietransfers liegen. Die Investitionszulage ist beizubehalten.

Bündnis 90/Grüne: Umfassende Bildung der Menschen in Thüringen ist die wichtigste Grundlage wirtschaftlicher Entwicklung und damit neuer Arbeitsplätze. Hier soll Thüringen Triebfeder neuer Bildungskonzepte werden. Regionale Energieerzeugung statt Atom- oder Kohlestrom sowie ökologisch verträglicher Tourismus schafft Arbeitsplätze.


10. 
Umweltpolitik muss wirtschaftsverträglich sein.
– Wie kann die Belastung der Unternehmen, die durch die Öko-Steuer entsteht, deutlich gesenkt werden?
– Wie soll die Abfallwirtschaft, insbesondere für kleine Unternehmen, verträglich gestaltet werden?

CDU: Die CDU setzt sich für eine Abschaffung der Öko-Steuer ein. Eine nachhaltige Abfallwirtschaft ist so zu gestalten, dass durch effiziente, kostenoptimierte Entsorgungsstrukturen die Ansprüche des Umweltschutzes und betriebswirtschaftliche Forderungen möglichst weitgehend in Einklang gebracht werden.

SPD: Die Öko-Steuer führte laut SPD bei kleinen und mittleren Betrieben zu keiner Mehrbelastung. Vielmehr hat sie aus Sicht der SPD dazu beigetragen, den Energieverbrauch zu senken.

PDS: Umweltpolitik muss wirtschaftsverträglich sein, aber Wirtschaftspolitik auch umweltverträglich. Die Ökosteuer kann hierbei ein sinnvolles Instrument darstellen, um dem ökologischen Umbau der Gesellschaft näher zu kommen. Die PDS bevorzugt die mechanisch-biologische Behandlung in den zu schaffenden Abfallvorbehandlungsanlagen. Als problematisch sieht die PDS die weiter bestehende Möglichkeit an, gewerblichen Abfall privaten Unternehmen anzudienen.

FDP: Im Rahmen einer umfassenden Steuerreform, die zu einer Vereinfachung und deutlichen Senkung der Steuern führen soll, muss auch die Ökosteuer abgeschafft werden. Hier ist im Rahmen der Sonderwirtschaftszone ein eigener Weg des Landes Thüringen denkbar.

Bündnis 90/Grüne: Die Öko-Steuer entlastet durch die damit finanzierte Absenkung der Lohnnebenkosten insbesondere arbeitsintensive Unternehmen. Im Bereich Abfallwirtschaft kommt es darauf an, nach wirtschaftlichen Alternativen zu suchen, bevor teure Investitionen Bürger und Unternehmen belasten.


11. 
Eine gute Verkehrsinfrastruktur ist wesentliche Voraussetzung für eine funktionierende Wirtschaft.
– Welchen Verkehrsprojekten werden in Thüringen besondere Priorität eingeräumt?

CDU: Der im Juli 2003 beschlossene Bundesverkehrswegeplan enthält die für Thüringen wichtigsten Verkehrsprojekte an Bundesfernstraßen und Bundesschienenwegen.

SPD: Die SPD setzt sich für einen zügigen Weiterbau der Autobahnen, Bundesstraßen und des Schienennetzes ein. Der Landesstraßenbau und der Erhalt des Nebenstreckennetzes im Schienenverkehr sind ebenfalls Prioritäten.

PDS: Das kommunale Straßennetz (einschließlich des Baus von Umgehungsstraßen) und die Erschließung der Gewerbegebiete haben für die PDS neben der Fortsetzung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit Priorität.

FDP: Die im Bundesverkehrswegeplan ausgewiesenen Schienenprojekte müssen wie vorgesehen umgesetzt werden. Außerdem sind die vorgesehenen Autobahnen und Ortsumfahrungen von besonderer Bedeutung.

Bündnis 90/Grüne: Investitionen in die Infrastruktur sollen so ausgestaltet werden, dass sie mittelfristig tatsächlich zu Struktureffekten in Thüringen führen. Gefordert wird ein  durchgängig zweigleisiger Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung sowie, wo notwendig und möglich, Ortsumgehungen.


12. Die EU-Osterweiterung bietet für das Handwerk Risiken und Chancen.
– Wie soll das Handwerk in diesem Prozess wirkungsvoll unterstützt werden?

CDU: Die CDU sieht in der EU-Osterweiterung große Chancen für die Thüringer Wirtschaft. Bei Vorlage entsprechender Projekte bestehen Möglichkeiten der Prüfung von  Förderungen im Rahmen bestehender Programme.

SPD: Den Unternehmen soll geholfen werden, sich noch stärker an Europa auszurichten, mit besonderem Schwerpunkt in
Osteuropa. Hierbei sollen die One-Shop-Offices unterstützend wirken.

PDS: Große Bedeutung für das Handwerk hat eine „Exportkampagne von Wissen und know-how“, die mit einer Informationsoffensive der Kammern flankiert und vom Freistaat finanziell gefördert werden sollte.

FDP: Die von der FDP vorgeschlagenen Maßnahmen sollen Thüringen als Standort im erweiterten Europa zukunftsfähig machen. Die Landespolitik muss sich künftig an den Bedürfnissen derer orientieren, die Arbeitsplätze in Thüringen schaffen.

Bündnis 90/Grüne: Durch ein regional optimiertes Vergabegesetz soll dafür Sorge getragen werden, dass einheimische Unternehmen nicht durch Lohndumping von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Fachbetriebe sollen durch spezielle Finanzierungsmöglichkeiten und Programme dabei unterstützt werden, ihr spezielles Wissen in den Beitrittsländern anzubieten.

Ost-Förderung ist Deutschlandförderung

Pressemitteilung
Erfurt, den 18. Juni 2004

Ost-Förderung ist Deutschlandförderung

Für das Handwerk in Thüringen ist die neuerliche Diskussion um die Ost-Förderung ein deutliches Indiz dafür, dass es in einigen Politikerköpfen immer noch zwei Deutsche Welten gibt. „Bundeswirtschaftsminister Clement sollte bei seinen Streichungsplänen nicht vergessen, dass es ohne einen Aufschwung in den neuen Bundesländern keine dauerhafte Stabilisierung der gesamtdeutschen Wirtschaft gibt. Es ist unerträglich, dass immer wieder die Ost-Förderung mit dem Solidarpakt II bei Haushaltsdiskussionen als erstes aus der Schublade gezogen wird. Dabei beruht gerade der Solidarpakt auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens,“ kommentiert der Präsident des Thüringer Handwerkstages, Rolf Ostermann, die Diskussionen vom Wochenende.

Für die Entwicklung des Handwerks in Thüringen ist es von enormer Bedeutung, dass es weitere Investitionen von Unternehmen und öffentlicher Hand gibt, die Arbeitsplätze schaffen und erhalten. „Wenn Clement jetzt an den Solidarpakt die Axt anlegt, dann wird es hier in den neuen Ländern bald keine Investitionen mehr geben, weil den Unternehmen auch die letzte Planungssicherheit genommen wurde. Schon die Diskussion darüber schadet uns.“

Ostermann fordert den Bundeswirtschaftsminister auf, sich seiner gesamtdeutschen Amtsverantwortung zu erinnern. „Zusagen müssen eingehalten werden. Sonst geht der Politik auch der letzte Rest Glaubwürdigkeit verloren. Es wäre die Konkurserklärung jeder vernünftigen Sachpolitik, wenn die neuen Länder als Spielball machtpolitischer Strategien verheizt werden,“ erklärte Ostermann in Richtung Clement.

Abiturienten kennen nur sechs Handwerksberufe

Interview in der Verlagssonderbeilage „Handwerk in Thüringen“ (Zeitungsgruppe Thüringen) vom 27. April 2004

Abiturienten kennen nur sechs Handwerksberufe
Fragen an Rolf Ostermann, Präsident des Thüringer Handwerkstages

Herr Präsident, wie geht es dem Thüringer Handwerk?

Entgegen einiger Prognosen jedenfalls nicht so, dass wir jubeln könnten. Das Handwerk hat vor allem mit mangelnder Binnennachfrage, fehlenden Aufträgen besonders im Baugewerbe und zurückgehender Industrienachfrage zu kämpfen. Bisher gestaltet sich das Jahr 2004 negativer als das Vorjahr.

Worauf führen Sie das zurück?

Das ist der wirtschaftlichen Lage insgesamt geschuldet und hat mehrere Ursachen. Eine wesentliche sehe ich in der Zurückhaltung der Leute beim Geldausgeben. Sie sind sich ihrer sozialen Absicherung nicht mehr so sicher, müssen Vorsorge fürs Alter treffen, Praxisgebühr bezahlen … Aber natürlich fehlen auch die großen Investitionen und Aufträge der öffentlichen Hand.

Welche Branchen sind besonders betroffen?

Nach wie vor sieht es im Bauhandwerk schlecht aus und besonders bedenklich ist die Entwicklung gegenwärtig in der Nahrungsmittelbranche.

Aber gegessen und getrunken wird immer …

Das ist ja richtig. Nur werden zunehmend Billigprodukte beim Discounter gekauft und kaum noch auf die Qualitätserzeugnisse der Bäcker oder Fleischer zurückgegriffen. Der Preiskampf im Nahrungsmittelhandwerk nimmt ruinöse Formen an.

Dumping ist an der Tagesordnung?

Zumindest muss sich das Handwerk zunehmend damit auseinandersetzen. Und die Novellierung der Handwerksordnung, die seit dem 1.1. 2004 in Kraft ist, tritt dem nicht gerade entgegen.

Wie meinen Sie das?

Wir hatten bisher 94 Berufe, für die ein Meisterbrief zur Führung eines eigenen Betriebes Voraussetzung war. Jetzt sind es nur noch 41. Die Auswirkungen sind bereits spürbar: Mehr Handwerksbetriebe drängen auf den Markt, und das mit staatlicher Förderung. Sie unterbieten sich gegenseitig im Preis. Dabei gibt es aber nicht mehr Arbeit, im Endeffekt haben alle nur weiniger von allem.

Wie hat sich denn die Zahl der Handwerksbetriebe in jüngster Zeit verändert?

Nehmen wir z. B. die aktuelle Entwicklung im Kammerbezirk Erfurt. Hier ist die Zahl der Betriebe von 13.096 Ende 2002, über 13.204 zum Jahresende 2003 auf 13.349 zum 31. März 2004 angewachsen. Aber die Beschäftigtenzahl ging allein im letzten Jahr um 1.000 zurück. Wir haben nicht mehr durchschnittlich sieben Beschäftigte in den Handwerksbetrieben, sondern nur noch fünf. Übrigens gab es in diesem Jahr bisher die meisten Abmeldungen von den Betrieben, wo keine Meisterausbildung vorliegt.

Wie steht es mit der Ausbildung in solchen Betrieben?

Nach der Novellierung der Handwerksordnung wird es künftig weniger Meister geben, die ausbilden können. Zudem hat man die Ausbildereignungsverordnung für fünf Jahre ausgesetzt. D. h. im Klartext, Handwerker ohne entsprechenden Kompetenznachweis dürfen ausbilden. Abgesehen davon, dass sich daraus rechtliche Konsequenzen ergeben können, wenn ein Azubi nicht qualitätsgerecht ausgebildet wird, ergibt sich für mich ein gewaltiger Widerspruch zu dem, was wir nach der PISA-Studie debattieren. Wir brauchen gut ausgebildete Fachkräfte auch im Handwerk und auch in Zukunft.

Wie steht es denn mit dem Interesse Jugendlicher für handwerkliche Berufe?

Interesse hat auch immer etwas mit Wissen um eine Sache zu tun. Wenn man nicht weiß, welche Handwerksberufe es überhaupt gibt, was deren Inhalt ist und welche beruflichen Chancen man hat, wird man kaum dafür Interesse zeigen. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang eine bundesweite Analyse des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Demnach konnten Abiturienten im Durchschnitt nur sechs Handwerksberufe nennen. Bekanntermaßen gibt es auch unverantwortlich viele Ausbildungsabbrüche, meist deshalb, weil die jungen Menschen entweder gar keine oder falsche Vorstellungen von ihrem zukünftigen Beruf hatten. Und wir sehen zunehmend das Problem der Unternehmensnachfolge für Betriebe. Es gibt also viel zu tun.

Was unternehmen Sie?

Wir haben das Projekt Berufsstart mit Schülern initiiert, um eine bessere Berufsvorbereitung und damit weniger Ausbildungsabbrüche zu erreichen. Wir haben die Ausbildung sogenannter Betriebsassistenten für Abiturienten auf den Weg gebracht, um die Unternehmensnachfolge zu gewährleisten. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem Modell Einjährige Berufsfachschule in unserem BBZ gesammelt. Im letzten Jahr lag die Vermittlungsquote der Jugendlichen dort immerhin bei 88 %. Aber diese und viele andere Projekte können nur weitergeführt werden, wenn die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung stehen.

Gespräch: M. KRAMER