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12. Parlamentarischer Abend des Thüringer Handwerks

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Parlamentarischer Abend des Thüringer Handwerks

Zum 12. Parlamentarischen Abend des Thüringer Handwerks trafen sich am 24. März Abgeordnete des Thüringer Landtages, an der Spitze die Landtagspräsidentin Christine Lieberknecht,  Ministerpräsident Dieter Althaus und Landwirtschaftsminister Volker Sklenar, sowie die Spitzen der Landespolitik und Vertreter der Verwaltungen und Institutionen mit dem Handwerk Thüringens. Rund 150 Gäste im Thüringer Landtag verfolgten nach der Ansprache des Präsidenten des Thüringer Handwerkstages, Rolf Ostermann, eine spannende Diskussion zwischen Politik und Handwerk.

Im Mittelpunkt des Abends standen die Abschlussbilanz der Vereinbarung zwischen der Thüringer Landesregierung und dem Thüringer Handwerkstag (eine solche Vereinbarung ist in Deutschland bislang einmalig) sowie die Vorlage der „Wahlprüfsteine“ des Thüringer Handwerks zur Landtagswahl.

Für Diskussionsstoff sorgten vor allem die zu hohen Lohnzusatzkosten als Bremsklotz für mehr Wachstum und Beschäftigung sowie die geplante Ausbildungsplatzabgabe und die Auswirkungen der Novelle der Handwerksordnung mit dem Kleinunternehmergesetz. Für das Handwerk stand fest: Die Ausbildungsplatzabgabe verhindert Ausbildungsplätze und bestraft jene, die ausbilden wollen, aber nicht können. Außerdem verschlingt die Bürokratie einen Großteil der zu erwartenden Gelder und wird damit keinen Beitrag zur Ausbildungsmotivation leisten. Als „Bürokratiemonster“ titulierte Präsident Ostermann diese Abgabe. Das Handwerk will ausbilden! Die Betriebe müssen hierzu wirtschaftlich aber auch in der Lage sein.

Einen geistigen Spagat macht die Bundesregierung nach Überzeugung der Thüringer Handwerker, wenn auf der einen Seite mehr Qualität und mehr Bildung gefordert wird und auf der anderen Seite mit der Aussetzung der Ausbildereignungsverordnung gerade ein wichtiges Instrument für die Ausbildungsqualität abgeschafft wird. Damit führe man, so die Handwerker in der Diskussion während des Parlamentarischen Abends, moderne, zukunftsorientierte Bildungspolitik ad absurdum. Sorgen bereitet den Handwerkern, dass in Deutschland keine positive Grundstimmung für Investitionen herrscht. Potenzielle private wie gewerbliche Kunden des Handwerks halten ihr Geld zurück, weil sie nicht wissen, welche Belastungen noch auf sie zukommen.

Da am 13. Mai der Thüringer Wähler das Wort hat und einen neuen Landtag bestimmt, wollten die Handwerker von den Politikern wissen, wie sie es mit dem Handwerk halten. Wahlprüfsteine wurden formuliert und CDU, SPD, PDS, FDP und Bündnis 90/Grüne überreicht. Die Fraktionsvertreter aus dem Thüringer Landtag hatten am Abend bereits Gelegenheit, ihre Verbundenheit mit dem Handwerk zu betonen. Wie weit diese Verbundenheit in der Realität reicht, das müssen die Wähler aus dem Handwerk letztlich selbst beurteilen. Antworten zu den Wahlprüfsteinen werden noch vor der Wahl veröffentlicht.


Im Vorfeld des Parlamentarischen Abends erläuterte der Vorstand des Thüringer Handwerkstages gegenüber der Thüringer Presse die Situation im Thüringer Handwerk. Die Pressemitteilung: 

 

Wir brauchen ein Jahr der richtungsweisenden Entscheidungen

Wirtschaftlich betrachtet befindet sich das Handwerk weiterhin in der Krise. Es deutet jedoch einiges darauf hin, dass der Abwärtstrend der zurückliegenden Jahre verlangsamt werden kann. Der Präsident des Thüringer Handwerkstages, Rolf Ostermann, hofft bei positiver gesamtwirtschaftlicher Entwicklung auf eine Trendwende im Jahr 2005. Da das Handwerk in Thüringen stark von der Binnennachfrage abhängt, sind positive Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, die Verbesserung der Finanzausstattung der öffentlichen Hand sowie die Investitionsbereitschaft der gewerblichen Wirtschaft entscheidend für die Betriebe des Handwerks. Die Wachstumszahlen der Thüringer Industrie werden vom Handwerk ausgesprochen positiv bewertet. Einige Zulieferbetriebe aus dem Handwerk profitieren bereits davon.

Auf die Entwicklung der Betriebs- und Beschäftigtenzahlen im Thüringer Handwerk hat jedoch weiterhin das Bau- und Ausbauhandwerk zentralen Einfluss. Und gerade hier ist mittelfristig nicht mit einer deutlichen Kehrtwende der Auftragslage zu rechnen.

Erstmals seit 1999 nahm die Zahl der Handwerksbetriebe im Jahr 2003 wieder zu ( + 121 Betriebe im Vergleich zu Ende 2002), was allerdings keinen Einfluss auf die Beschäftigten- und die Auszubildendenzahlen hatte.

Das Thüringer Handwerk hatte in den letzten Jahren einen starken Aderlass hinnehmen müssen. Um rund 500  Betriebe reduzierte sich das Handwerk in den letzten drei Jahren auf heute 28.682 Handwerksbetriebe (Stand 1. März). Die Beschäftigtenzahl ging im gleichen Zeitraum um rund 13 500 auf aktuell rund 144 500 zurück. Betroffen ist vor allem der Bau und das im Baubereich tätige Elektro- und Metallhandwerk. Allein in diesen beiden Handwerksgruppen reduzierte sich die Anzahl der Betriebe in den letzten drei Jahren um rund 400.

Auswirkungen hat die nach wie vor prekäre Situation im Handwerk natürlich auf die Ausbildung. Zählte das Handwerk Ende 2000 insgesamt 21 367 Lehrlinge, waren es Ende 2003 noch 16 674. Auch hier spielt die katastrophale Situation der Bauwirtschaft eine entscheidende Rolle. Der Thüringer Handwerkstag hofft, dass im Jahr 2004 die Zahl der bereitgestellten Ausbildungsplätze im Handwerk konstant bleibt. Die Organisationen des Handwerks in Thüringen werden daher erneut alles versuchen, um möglichst viele Betriebe für die Ausbildung zu gewinnen. Präsident Ostermann betont allerdings auch, dass gleichzeitig die Ausbildungsmotivation und die Ausbildungsreife der Jugendlichen dringend verbessert werden müssen. „Die Zahl der Ausbildungsabbrüche gerade im ersten Lehrjahr ist erschreckend, vor allem in den staatlich geförderten Ausbildungsmaßnahmen. “ In den meisten Fällen können die Ausbildungsplätze dann in dem Ausbildungsjahr nicht erneut besetzt werden, gehen also verloren.

Ostermann appelliert an alle Betriebe im Handwerk, in diesem Jahr auszubilden. Denn ab dem Jahr 2007 wird die demografische Entwicklung dazu führen, dass die Bewerberzahlen drastisch einbrechen. Die Alterstruktur in den Betrieben führt parallel dazu, dass eine große Anzahl älterer Mitarbeiter ausscheidet. Hinzu kommt im Handwerk die Altersstruktur der Unternehmer. In wenigen Jahren steht das Handwerk vor einem Generationswechsel. Um die Zukunft der Betriebe zu sichern, muss frühzeitig geeigneter Führungsnachwuchs gewonnen werden. Auch hieran sollten die Handwerksunternehmer denken, wenn es um die Frage der Ausbildung geht.

 

Ausbildungsplatzabgabe

Zu großer Verunsicherung bei den Betrieben führt die von der SPD geplante Ausbildungsplatzabgabe. Dieses Verwaltungsmonster wird vom Handwerk rundweg abgelehnt, weil es keine zusätzlichen Ausbildungsplätze schafft, sondern nur Bürokratie aufbaut und Kosten verursacht. Im Bauhandwerk gibt es seit Jahrzehnten die Sozialkasse Bau (früher ULAK), die unter anderem ein spezielles Umlageverfahren für die Entrichtung des Lehrlingsentgeltes beinhaltet. Zusätzliche Ausbildungsplätze sind dadurch nicht entstanden. „Die Politik wäre besser beraten, der Wirtschaft Anreize für die Ausbildung zu geben und nicht mit Bestrafungen zu agieren. Damit werden keine zusätzlichen Ausbildungsplätze geschaffen, sondern nur neue Kosten verursacht,“ so Präsident Ostermann, der die Abgabepläne als „klassischen Rohrkrepierer“ bezeichnet.

 

Handwerk und Politik

Die Bilanz
Am 23. Juni 2000  wurde die Vereinbarung zwischen der Thüringer Landesregierung und dem Thüringer Handwerk
stag e.V. unterzeichnet. Zum Ende der Legislaturperiode liegt nunmehr die Schlussbilanz vor. Die Eckpunkte der Vereinbarung zielen darauf ab, dem Mittelstand in Thüringen, insbesondere dem Handwerk, Möglichkeit zu bieten, sich den Anforderungen anzupassen und entsprechend zu entwickeln. „Es war die richtige Entscheidung. Mit den vielen Umsetzungsschritten vermag die Vereinbarung, dynamische Prozesse im Handwerk zu unterstützen und positiv zu begleiten“, unterstreicht Ostermann die Bedeutung dieses in Deutschland bisher einmaligen Vertrages zwischen Politik und Handwerk.

Trotz angespannter Haushaltslage des Landes in den letzten Jahren ist es gelungen, für die Entwicklung des Handwerks einiges zu tun. An erster Stelle seien die Förderprogramme wie das Landesinvestitionsprogramm oder das Programm zur Gründungs- und Wachstumsfinanzierung (GuW) genannt, die die Entwicklung der Betriebe nachhaltig unterstützt haben. Das „Thüringen Kapital“ als jüngstes Kind der Förderfamilie wird aller Voraussicht nach für das Handwerk zu einem wichtigen Instrument der Eigenkapitalverbesserung. Diese direkte Form der Eigenkapitalverbesserung ohne Umweg über die Hausbank war lange Forderung des Handwerks. Die Förderung in der betrieblichen Ausbildung, die Unterstützung der Beratungsleistungen im Handwerk und der Messebeteilungen sind als weitere erfolgreiche Felder zu nennen.

Das Handwerk ist daran interessiert, nach der Landtagswahl mit der neu gewählten Landesregierung erneut eine Vereinbarung abzuschließen, um den positiven Prozess der Förderung von Handwerk und Mittelstand gemeinsam fortzusetzen.

Reformen im Handwerksrecht
Zum 1. Januar 2004 trat die Novellierung der Handwerksordnung und das Kleinunternehmergesetz in Kraft.

Dass die Pläne, das Handwerk zu zerschlagen, am Ende nicht aufgingen, ist auch ein Erfolg der Handwerksorganisation, die mit ihren Argumenten eine Mehrheit im Vermittlungsausschuss und die Opposition im Bundestag überzeugen konnte. Tatkräftige Unterstützung fand man dabei in den Bundesländern Hessen, Bayern und Thüringen. Insbesondere die Ausbildungsleistung vieler Handwerke fand am Ende seinen Niederschlag in der Meisterberufe-Anzahl von 41. Von der Bundesregierung waren lediglich 29 Meisterberufe vorgesehen.

Hingegen wird das neue Kleinunternehmergesetz für das Handwerk zu tiefgreifenden Veränderungen führen, an deren Ende womöglich ein Handwerk mit einem anderen Gesicht stehen könnte. Eine gigantische Grauzone unerlaubter Handwerksausübung, die niemand mehr kontrollieren kann, wird am Rande des Handwerks entstehen. Für die Schwarzarbeit ist das Kleinunternehmergesetz ein hervorragender Nährboden.

Altgesellenregelung, Kleinunternehmergesetz, Aussetzung der Eignungsprüfung bei der Ausbildung – für das Handwerk sind dies alles Maßnahmen, die dem erklärten politischen Ansinnen der deklarierten Eliten-Förderung und der Bildungsoffensive zuwider laufen. Vom Grundsatz, so Präsident Ostermann auch in seiner Rede, sei die Novellierung falsch angelegt.

Als Eingriff in die Selbstverwaltung des Handwerks wird die abgestufte Kammerbeitragsfreistellung für Existenzgründer abgelehnt. Hier greift der Staat in unzulässiger Weise in Strukturen des Handwerks ein und untergräbt den seit Jahrhunderten praktizierten Solidargedanken des Handwerks, dass sich alle gegenseitig nach Kräften helfen, und bestimmte Gruppen nicht nur nehmen.

Ohne zeitliche Notwendigkeit sei die Novellierung der Handwerksordnung und das Kleinunternehmergesetz am Ende mit heißer Nadel gestrickt worden, kritisiert Ostermann das überhastete Verfahren. Schon bei der Gesetzesverabschiedung wussten die Verantwortlichen, dass es ein Bereinigungsgesetz geben wird, in dem die handwerklichen Fehler ausgebessert werden müssen. „Ohne Qualifikation keine Qualität“, resümiert der THT-Präsident und fordert die Bundesregierung auf, zumindest bei den Nachbesserungen mehr Sorgfalt an den Tag zu legen.

Reformen in Deutschland
Vor etwas mehr als einem Jahr war das Handwerk in Deutschland unter dem Motto „Handwerk gegen Stillstand“ auf die Straßen gegangen. Rund 2 000 Thüringer Handwerker protestierten in Erfurt. Die in der Agenda 2010 niedergeschriebenen Reformpläne werden vom Handwerk grundsätzlich begrüßt. Die Umsetzungsschritte indes kritisch gesehen. Sozialreformen haben ihr Ziel, die Senkung der Lohnzusatzkosten, verfehlt. Die Steuerreform ist noch immer zu kurz gesprungen. Vom Bürokratieabbau ist bisher bei den Unternehmen nichts spürbares angekommen.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Erweiterung der Europäischen Union am 1. Mai muss es in Deutschland gelingen, zukunftsfähige Sozial- und Steuersysteme zu entwickeln. Das Handwerk in Thüringen sieht die Erweiterung der EU als den richtigen Schritt hin zur globalen Entwicklung. Die Erweiterung sei sowohl Herausforderung als auch Chance für das Handwerk, betont Ostermann. Für die Politik gelte jetzt, mit großer Sachlichkeit und unter Berücksichtigung der nationalen Gegebenheiten, die Vergrößerung der EU zu einem Gewinn für alle zu machen.

Wahlen in Thüringen und Europa
Die Bürger im Freistaat haben am 13. Juni gleich zwei wichtige Entscheidungen zu treffen: Sie wählen einen neuen Landtag und ein neues Europaparlament. Da Demokratie vom Mitmachen lebt, ruft der Präsident des Thüringer Handwerkstages alle Bürger auf, sich an der Wahl zu beteiligen und vom Stimmrecht Gebrauch zu machen.

Speziell zur Landtagswahl hat der Thüringer Handwerkstag erneut „Wahlprüfsteine“ formuliert. In diesen Prüfsteinen stellt das Handwerk den wichtigsten Parteien in Thüringen Fragen zum Handwerk. Unter anderem geht es dabei um Fragen der Wirtschafts- und Ausbildungsförderung, Verbesserung der Eigenkapitalsituation der Betriebe, Entbürokratisierung, Arbeitsmarktpolitik sowie um Verkehrs- und Infrastrukturpolitik und Umweltpolitik. Damit sich alle Handwerker ein Bild von den Parteien machen können, werden die Antworten in der Deutschen Handwerks Zeitung veröffentlicht.

12. Parlamentarischer Abend des Thüringer Handwerks

12. Parlamentarischer Abend des Thüringer Handwerks

Am Mittwoch, den 24. März findet der diesjährige Parlamentarische Abend statt.

Die deutsche Bundesregierung versucht gegenwärtig „geistige Eliten“ aufzubauen, ohne zu wissen wie und baut gleichzeitig „fachliche Eliten“ im Handwerk ab, ohne zu wissen warum.

Dies alles ist politisch motiviert, weit ab von den Realitäten und vor allem von den Erwartungen der Menschen in Deutschland. Nach wie vor beschreiben Schlagworte wie Kriese, Arbeitslosigkeit, Sozialabbau und „leere Kassen“ den Zustand des Staates, der Wirtschaft und der Gesellschaft.

Auch Thüringen kann sich diesen Rahmenbedingungen nicht entziehen. Jedoch praktizieren Thüringer Handwerk und die Thüringer Landesregierung eine andere Politik, die des Miteinanders. Der formelle Ausdruck dafür ist die vor vier Jahren abgeschlossene Vereinbarung zwischen der Thüringer Landesregierung und dem Thüringer Handwerkstag e.V. Die Bilanz zu dieser Vereinbarung steht im Mittelpunkt des diesjährigen Parlamentarischen Abends.

neue handwerksordnung (HWO)

Die neue Handwerksordnung

Die neue Handwerksordnung ist zum 1. Januar 2004 in Kraft getreten.

Die entsprechenden Neuregelungen waren nach Verabschiedung durch Bundestag und Bundesrat am 29. Dezember 2003 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Bei der Novellierung des Handwerksrechts handelt es sich im einzelnen um das „Dritte Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften“ und um das „Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und zur Förderung von Kleinunternehmen“, die sogenannte große und kleine Novelle der Handwerksordnung (HwO).

Das Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) können Sie sich jetzt als PDF herunterladen – download Handwerksordnung.

Spitzentreffen zwischen Kirche und Handwerk in Thüringen

Erfurt, den 16. Januar 2004

1. Spitzentreffen zwischen Kirche und Handwerk in Thüringen

Sozialkompetenz des Handwerks als Vorbild

Handwerk und Kirche haben mehr gemeinsame Schnittpunkte, als gemeinhin bekannt. Die soziale Kompetenz des Handwerks in Gesellschaft und Wirtschaft stand im Blickpunkt einer erstmals durchgeführten gemeinsamen Sitzung der Spitzenvertreter des Thüringer Handwerks, der katholischen Kirche in Thüringen und der evangelischen Landeskirche Thüringen in Gera. Insbesondere vor dem Hintergrund der sozialen Veränderungen in der Gesellschaft, der zunehmenden Anonymisierung, der tiefen sozialen Sorge gerade in den neuen Bundesländern und des Wertewandels hätten Handwerk und Kirche als Stabilitätsfaktoren der Gesellschaft eine nicht zu unterschätzende Bedeutung, betonten die Teilnehmer des Treffens. So wies Bischof Dr. Joachim Wanke auf die Beziehungskultur in der Gesellschaft hin, die erhalten bleiben müsse. „Verantwortung füreinander, Ehrlichkeit, die Achtung vor dem Mitmenschen sowie Leistungsbereitschaft und gegenseitiges Verständnis sind wichtige Eckpfeiler, die für unser Zusammenleben notwendig sind,“ betonte der Bischof.

Außerdem sprach sich der evangelische Landesbischof Dr. Christoph Kähler dafür aus, dies auch bei der Bildungsdebatte zu berücksichtigen. „Es muss in der Schulbildung um die sichere Beherrschung des Grundwissens gehen; gleichzeitig sind Fächer wie Ethik und Religion unverzichtbar.“

Für diese Attribute steht das Handwerk. „Rund 90 Prozent unserer Betriebe hier in Thüringen sind Familienbetriebe. Der Meister kennt seine Gesellen und Lehrlinge. Man kennt sich in den Familien. Unsere Handwerksmeister übernehmen persönlich Verantwortung für ihre Mitarbeiter. Da feuert es sich nicht so leicht. Und laufen die Geschäfte nicht so gut, spüren dies sofort auch die Familien der Handwerker,“ so der Präsident des Thüringer Handwerkstages, Rolf Ostermann.

Die Familie als Kern und Basis sowie der Umgang mit jungen Menschen und deren Erziehung zu Verantwortungsbewusstsein, Fleiß und gegenseitiger Achtung haben im Handwerk eine herausragende Bedeutung. Gleiches gilt für die Kirchen. Daher betonten auch beide Seiten, dass diese sozialen Kompetenzen des Handwerks vom Staat nicht wegreglementiert beziehungsweise durch Gesetze geschwächt werden sollten. Hierzu wiesen die Handwerksvertreter darauf hin, dass es auch in der Verantwortung der Politik liege, die Menschen nicht blind in unternehmerische Abenteuer zu stürzen.

Es ist nach Auffassung der Handwerksvertreter unverantwortlich, den Bürgern vorzugaukeln, dass sie ohne fundierte Ausbildung und ohne unternehmerische Kenntnisse erfolgreich eine selbständige Existenz aufbauen könnten. Das neue Kleinunternehmergesetz und die Ich-AG-Regelungen schaffen nach Überzeugung der Vertreter aus Handwerk und Kirche zahllose ruinierte Existenzen, hoffnungslos verschuldet und ohne soziale Absicherung.

An dem Treffen nahmen Bischof Wanke, Landesbischof Kähler, THT-Präsident Ostermann, die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der Thüringer Handwerkskammern und leitende Mitarbeiter beider Kirchen teil.

Prognosen für das Thüringer Handwerk

Pressemitteilung
Erfurt, 12. Januar 2004

Prognosen für das Thüringer Handwerk
Erst 2005 ist Besserung in Sicht
Jahr der Wahlen
Handwerk in der Gesellschaft
Die Studie „Zukunft des Thüringer Handwerks“
Internetportal des Thüringer Handwerks – www.handwerk-th.de
Aktuelle Zahlen des Thüringer Handwerks

Erst 2005 ist Besserung in Sicht 

Im Rahmen der Jahrespressekonferenz der Handwerkskammer Erfurt nahm Präsident Rolf Ostermann in der seiner Eigenschaft als Präsident des Thüringer Handwerkstages Stellung zur Entwicklung des Handwerks im Freistaat.

Das Jahr 2004 wird demnach für das Handwerk im Landes voraussichtlich nicht schlechter als das Vorjahr verlaufen. Sollte sich die leichte Konjunkturbelebung in Deutschland verstetigen, so die Einschätzung Ostermanns, werden positive Effekte frühestens 2005 beim Handwerk spürbar werden. Dies bedeutet zwar, dass das Tunnelende näherrückt, es allerdings in den kommenden Monaten kaum heller im Handwerk werden wird.

Der THT-Präsident rechnet daher damit, dass auch in diesem Jahr Beschäftigte im Handwerk abgebaut werden, insbesondere im Bau- und Ausbauhandwerk. Der Rückgang von Handwerksbetrieben mit Meistertitel wird sich fortsetzen. Betriebe aus dem handwerksähnlichen Gewerbe (dort ist kein Meisterbrief notwendig)  werden ihren Anteil am Gesamthandwerk weiter erhöhen. Hinzukommen werden voraussichtlich deutlich mehr Ich-AG´s, da mit dem neuen Kleinunternehmergesetz das Betätigungsfeld im Handwerk für Existenzgründungswillige deutlich erweitert wurde. Und damit verschieben sich auch die betrieblichen Strukturen: Die durchschnittliche Beschäftigtenzahl wird weiter sinken. Liegt sie derzeit noch bei fünf, so prognostiziert Ostermann für die kommende Zeit eine Reduzierung auf vier Beschäftigte je Betrieb. Im Handwerk, so die Befürchtungen, wird mit Umsetzung des Kleinunternehmergesetzes eine gigantisch große Grauzone entstehen, in der Schwarzarbeit nicht mehr zu kontrollieren ist.

Der Ausbildungsmarkt steht weiterhin unter Druck. Er werden ähnliche Ausbildungszahlen wie im Jahr 2003 erwartet. Um dies zu erreichen, muss die Beratung der Betriebe in Bezug auf die Ausbildung allerdings weiterhin vom Land unterstützt werden. Daher fordert das Handwerk die Landesregierung auf, die Förderung der Ausbildungsplatzentwickler und Lehrstellenwerber fortzusetzen.

Das Hauptaugenmerk der Lobbyarbeit des Thüringer Handwerkstages liegt weiterhin auf der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für eine bessere Entwicklung der Betriebe. In erster Linie bleiben die Landesregierung und die Ministerien Ansprechpartner für das Thüringer Handwerk. Ebenso wird versucht, in der kommunalen Politik bessere Bedingungen für das Handwerk zu erzielen. Förderpolitik, Infrastrukturmaßnahmen, öffentliche Auftragsvergabe, der Arbeitsmarkt sowie die Bildungspolitik in Thüringen stehen im Blickpunkt der handwerkspolitischen Arbeit, insbesondere im Hinblick auf die anstehende Landtagswahl.

Bundespolitisch wird das Thüringer Handwerk weiter für eine große Steuerreform und eine deutliche Entlastung von Betrieben und Bürgern eintreten. Dies ist der Dreh- und Angelpunkt für eine positive Entwicklung Deutschlands.

Jahr der Wahlen 

Im Sommer wählen die Thüringer ein neues Landesparlament. Gleichzeitig findet die Europawahl statt. Für das Handwerk zwei wichtige Entscheidungen. Zum Abschluss der jetzigen Legislaturperiode wird die Schlussbilanz der Vereinbarung zwischen Landesregierung und Thüringer Handwerk im Rahmen des Parlamentarischen Abends des Thüringer Handwerks am 31. März vorgelegt. Drei Jahre existiert dann diese gemeinsame Vereinbarung. Das Thüringer Handwerk hofft, auch mit der neuen Landesregierung wieder ein solches Papier erarbeiten zu können.

Das Thüringer Handwerk wird zur Landtagswahl wieder Wahlprüfsteine erarbeiten und die zur Wahl antretenden großen Parteien um Stellungnahmen bitten. Wichtig ist dem Handwerk in diesem Zusammenhang insbesondere, wie eine weitere Unterstützung der kleinen und mittelständischen Betriebe gesehen wird. Außerdem steht nach wie vor die Bildungs- und Ausbildungspolitik auf der Prioritätenliste. Die Thüringer Wirtschaft wird voraussichtlich, wie bereits nach den letzten Landtagswahlen, einen Forderungskatalog an die neue Landesregierung formulieren.

Die Landesregierung hat in den zurückliegenden Jahren einige wichtige Förderinstrumente für das Handwerk entwickelt und umgesetzt. Zuerst zu nennen seien hier das Landesinvestitionsprogramm, die GuW (Gründungs- und Wachstumsfinanzierung), die Ausbildungsplatzförderung und das neu hinzugekommene Thüringen-Kapital. In der Förderpolitik des Landes gilt es weiterhin, bewährte Förderinstrumente weiterzuentwickeln und zu straffen, stets die erzielten Effekte zu überwachen um ggf. Programme zu überarbeiten oder zu streichen.

Außerdem ist das Thüringer Handwerk der Meinung, dass auf kommunaler Ebene mehr Privatisierungen kommunaler Eigenbetriebe als bisher durchgeführt werden sollten. Gleichzeitig sollten Subventionen aller Art auf den Prüfstand kommen. Denn das Handwerk ist weiterhin der Überzeugung, dass grundsätzlich Subventionen zurückgefahren werden sollten. Gleichzeitig gilt es, die Betriebe und Beschäftigten von Kosten zu entlasten. Hierzu gehört auf jeden Fall die deutliche Reduzierung der Steuer- und Abgabenlast. In diesem Zusammenhang fordert das Handwerk von der Politik, eine echte Reform des Steuerrechts mit deutlichen Vereinfachungen und Senkungen. Dies ist die wichtigste politische Aufgabe des Jahres 2004. Denn ohne diese Impulse kann Deutschland im internationalen Wettbewerb nicht erfolgreich agieren und erhält der Binnenmarkt keinen Schub.

Handwerk in der Gesellschaft  

Handwerk ist in der Gesellschaft tief verwurzelt. Dies ist nicht nur Resultat jahrhundertealter Traditionen, sondern auch eines traditionell großen Engagements der Handwerker in ihren Regionen. Und so ist auch der christliche Glaube bei vielen Handwerkern verwurzelt. Handwerkergottesdienste oder christliche Fahnenweihen sind hierbei sichtbare Zeichen. Regelmäßige Treffen zwischen Vertretern der Handwerksorganisation und den Kirchen gehören ebenfalls dazu. Anfang Januar findet eine weitere solche Veranstaltung statt.

Die Studie „Zukunft des Thüringer Handwerks“ 

Nicht nur für die Organisationen des Handwerks, vor allem für die Betriebe sind verlässliche Daten zur Entwicklung dieses Wirtschaftsbereiches für Planungen und Strategien wichtig. Daher wurden insbesondere konkrete Ausführungen zu künftigen Entwicklungstendenzen, Marktverschiebungen und Kundenstrukturen in der Studie erarbeitet. Die vor rund zwei Jahren in Auftrag gegebene Studie wird zu 90 Prozent vom Thüringer Wirtschaftsministerium und zu 10 Prozent vom Handwerk finanziert. In Kürze wird das Gesamtergebnis von den wissenschaftlichen Bearbeitern an das Handwerk übergeben.

Internetportal des Thüringer Handwerks – www.handwerk-th.de

Das Thüringer Handwerk hat seit Ende 2003 ein Internet-Portal, das einen zentra
len Einstieg ins Thüringer Handwerk für Kunden, Betriebe und alle am Handwerk Interessierten ermöglicht. Ob Handwerkersuche, Fragen zu Betriebsführung, Fortbildung oder Ausbildung, ob Berufe des Handwerks oder offene Lehrstellen, Betriebsbörsen und Kooperationen, Online-Shops oder Messen, Schlichtungsstellen oder Sachverständige – www.handwerk-th.de öffnet allen Nutzern die Vielfalt des Handwerks im Freistaat. Das Internet-Portal ist eine Initiative des Thüringer Handwerkstages, gefördert vom Thüringer Wirtschaftsministerium.

Aktuelle Zahlen des Thüringer Handwerks (2. Halbjahr 2003) 

 

Handwerkskammer Erfurt

Handwerkskammer für Ostthüringen

Handwerkskammer Südthüringen

Gesamt

Betriebe:

13.204

8.830

6.629

28.663

Neu abgeschlossene 
Ausbildungsverträge:

2.613

1.392

1.115

5.120

Lehrlinge insgesamt:

8.029

4.814

3.831

16.674

neue Handwerksordnung

Informationen zu den neuen Regelungen im Handwerksrecht

Zwei Gesetze zur Änderung des Handwerksrechts (Drittes Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften; Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und zur Förderung von Kleinunternehmen) sind zum 1.1.2004 in Kraft getreten.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit informiert über die neuen Regelungen hierzu auf seinen Internetseiten:

neue Handwerksordnung

Neue Handwerksordnung

Ab dem 1. Januar 2004 gilt die vom Bundestag und Bundesrat verabschiedete geänderte Handwerksordnung. Sobald diese Handwerksordnung uns in der vollständigen Textfassung vorliegt, werden wir Sie im Januar 2004 an dieser Stelle informieren. 

Wir wünschen unseren Mitgliedern, Partnern und allen Handwerkern ein friedvolles Weihnachtsfest sowie einen erfolgreichen Start in das Jahr 2004!

Eindrücke von der Mitgliederversammlung 2003

Eindrücke von der Mitgliederversammlung 2003

Abstimmung

Stehempfang im Foyer

Begrüßung von Ministerpräsident Dieter Althaus

Ansprache von Präsident Rolf Ostermann

Ansprache von Ministerpräsident Dieter Althaus

Thüringer Handwerkstag kritisiert SPD-Boykott

Pressemitteilung
Erfurt, den 7. November 2003

Thüringer Handwerkstag kritisiert SPD-Boykott

Zum guten Ton in der Politik gehört für den Thüringer Handwerkstag die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Standpunkten. Offensichtlich ist dazu die Thüringer SPD nicht mehr bereit. Kaum anders ist es zu verstehen, dass zur gestrigen Mitgliederversammlung des Thüringer Handwerkstages kein einziger Vertreter der SPD anwesend war, nicht aus der Parteispitze, nicht aus der Landtagsfraktion.

Der Geschäftsführer des Thüringer Handwerkstages, Dr. Dieter Artymiak zu dieser Tatsache: „Das Handwerk stellt fast 40 Prozent aller Thüringer Betriebe. Im Handwerk sind fast 20 Prozent aller Arbeitnehmer beschäftigt, und über 30 Prozent aller Lehrlinge absolvieren ihre Ausbildung im Handwerk. Damit sind wir eine wichtige wirtschaftliche Gruppe im Land. Auch wenn die Ansichten über notwendige politische Entscheidungen auseinandergehen, sollte man sich die Argumente doch zumindest anhören und darüber diskutieren. Es ist für mich äußerst bedenklich, dass sich die SPD mit dem gestrigen Boykott unserer Mitgliederversammlung offensichtlich von der Bereitschaft zur Diskussion verabschiedet hat.“ 11 der 17 Landtagsabgeordneten der SPD hatten noch nicht einmal eine Absage geschickt.

Während der Geschäftsführer mit Verlauf und inhaltlichen Aspekten dieser Großveranstaltung des Thüringer Handwerks sehr zufrieden war, konnte ihn die Resonanz aus den eigenen wie aus den politischen Reihen jedoch nicht zufrieden stellen. Erstmals fehlten sämtliche Landesminister. Sie schickten aber zumindest Absagen an den THT.

Brief an CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel

Für das deutsche Handwerk geht es in diesen Tagen um sehr viel. Am 13. November werden im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag letztmals das Gesetz für Förderung von Kleinunternehmen auf der Tagesordnung stehen.

Der Thüringer Handwerkstag hat in diesem Zusammenhang einen Appell an die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel gerichtet, im direkten Gespräch mit dem Bundeskanzler doch noch einen tragfähigen Kompromiss in Sachen „Reform des Handwerks“ zu finden. Ziel müsse sein, das Handwerk auf eine zukunftsfähige Basis zu stellen. Die jetzigen Regierungspläne bewirkten das Gegenteil; die Zerstörung eines erfolgreichen Wirtschaftsbereiches.

„Die Einführung des Gesetzes würde den Ordnungsrahmen des Handwerks und die Struktur handwerklicher Tätigkeiten völlig zerstören, weil eine Atomisierung der den einzelnen Handwerken zugeordneten Einzeltätigkeiten die Folge wäre. Die damit verbundene Aushöhlung der Handwerksberufe würde auch der Berufsausbildung im Handwerk praktisch den Boden entziehen. Die handwerkliche Berufswelt wäre nicht mehr von der Fachkompetenz der Meister und Gesellen, sondern von „Job-Hopper`n“ bestimmt,“ schreibt Rolf Ostermann, Präsident des Thüringer Handwerkstages.

Mitgliederversammlung des Thüringer Handwerkstages am 6. November 2003 in Gera

Mitgliederversammlung des Thüringer Handwerkstages am 6. November 2003 in Gera

Download als PDF:
– Die Rede des Präsidenten
– Das Positionspapier
– Die Kurzfassung der Studie „Zukunft des Thüringer Handwerks“

Pressemitteilungen:
– Die Situation im Thüringer Handwerk                     
– Entscheidende Weichenstellung in Berlin                               
– Aktuelles aus den Konjunkturumfragen              
– Auswirkungen auf Ausbildung und Beschäftigung
                    
– Handwerk auf politische Hilfen angewiesen             
– Die Studie – wichtiger Wegweiser für die Handwerksbetriebe       
– Das Internet-Portal des Thüringer Handwerks

Die Situation im Thüringer Handwerk                           

Das Handwerk im Freistaat Thüringen war nach der „Wende“ der Motor für Wachstum, Beschäftigung und Ausbildung. Die Zahl der Betriebe hat sich mehr als verdoppelt, die Zahl der Beschäftigten und Lehrlinge vervielfacht. Seit Ende der 90er Jahre ist Handwerk und Mittelstand geprägt von Stillstand, Umsatz- und Ertragsrückgang. Personalabbau, weniger Lehrstellen und zunehmende Betriebsschließungen kennzeichnen ein düsteres Bild der gegenwärtigen Situation. Die Bundesregierung sieht die Gründe für die Verschlechterung der Wirtschaftslage im Handwerk selbst und insbesondere im Ordnungsrahmen der jetzigen Handwerksordnung. Kompromisslos setzt man sich über die fatalen Folgen einer mittelstandsfeindlichen Steuer-, Sozialversicherungs- und Arbeitsmarktpolitik hinweg. Das beschäftigungsintensive Handwerk ist dabei in besonderem Maße betroffen. Verfehlte Politik und Reformstau haben den öffentlichen Haushalten leere Kassen und großen Teilen der Bevölkerung Verunsicherung und Zukunftsangst beschert.

Mit diesen Worten wird die Studie zur „Zukunft des Thüringer Handwerks“ eingeleitet. Und damit ist nicht nur ein aktuelles Bild gezeichnet, sondern auch gleichzeitig ein Handlungsrahmen aufgetan. Doch die Studie beschäftigt sich nicht im Schwerpunkt mit dem Jetzt und Heute, sondern mit künftigen Entwicklungspotenzialen, die durch Politik, Verwaltung und die Betriebe selbst beeinflussbar sind.

– Mehr zur Studie unter: Die Studie – wichtiger Wegweiser für die Handwerksbetriebe –

Entscheidende Weichenstellungen in Berlin 

Wie und ob sich die Handwerksbetriebe überhaupt weiterentwickeln können, liegt heute mehr denn je in den Händen der Bundespolitik. Gestern traf sich der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag, um über das „Gesetz zur Förderung von Kleinunternehmen“ und die Novellierung der Handwerksordnung zu sprechen. Unabhängig vom Ausgang der Gespräche gilt für das Handwerk folgendes:

– Kein Kleinunternehmerförderungsgesetz und keine Novellierung der Handwerksordnung,
  die einzig und allein das Ziel verfolgen, das Handwerk als bedeutenden Faktor der
  bundesdeutschen Wirtschaft aufzulösen!
– Keine Atomisierung der heute existierenden komplexen Handwerksberufe
– Keine de-facto-Abschaffung des Meisterbriefes als Qualifikationsnachweis im Handwerk
– Keine staatlich subventionierte Billigkonkurrenz

Das Handwerk braucht moderne Rahmenbedingungen; auch in der Handwerksordnung. Diese soll Existenzgründungen fördern und bestehende Existenzen sichern helfen. Das Handwerk braucht mehr Flexibilität und mehr Offenheit. Vorschläge dazu liegen von Seiten des Handwerks bereits seit langem vor; sind vom Bundeswirtschaftsministerium jedoch bis heute nicht aufgegriffen worden.

Das Konzept des Handwerks: Es fördert neue Existenzgründungen und schafft damit sichere Arbeits- und Ausbildungsplätze im Handwerk. Es verbindet dynamische Entwicklung mit dem Prinzip der geprüften Qualifikation. Es verbindet Handwerksrecht mit einem durchlässigen Konzept zur beruflichen Bildung nach einem Baukastensystem. Es ist ausgerichtet an europäischen Erfordernissen.

Das Modernisierungskonzept des Handwerks strukturiert die Handwerksberufe durch einfache, transparente Regelungen: in Handwerke, in denen der Meisterbrief Voraussetzung für die selbständige Ausübung ist, in Handwerke, die ohne Meisterpflicht selbständig ausgeübt werden können und nach Möglichkeit ausbilden, in einfache handwerkliche Tätigkeiten mit der Chance, sie durch Qualifizierung zu anspruchsvollen Berufen entwickeln zu können.

Die Zuordnung zu den Berufen, für deren selbständige Ausübung der Meisterbrief vorausgesetzt wird, erfolgt dabei nach den Kriterien: Verbraucherschutz, Ausbildungsleistung, wirtschaftliche Nachhaltigkeit und Bestandsfestigkeit.

Der Zugang zur Selbständigkeit soll über die bereits vorhandenen Ausnahmetatbestände hinaus erleichtert werden, u.a. durch Aufgabe des Inhaberprinzips: Personenunternehmen soll die Betriebsführung durch einen angestellten Meister erlaubt werden. Anerkennung vergleichbarer Abschlüsse von Industriemeistern und Technikern. Dieses Konzept zur Modernisierung des Handwerks schafft Raum für die Weiterentwicklung der Betriebe und  stellt damit den Wirtschaftsbereich Handwerk auf eine tragfähige Basis.

Aktuelles aus den Konjunkturumfragen  

Ist die Talsohle erreicht? Die jüngsten Konjunkturdaten aus dem Thüringer Handwerk geben Anlass dazu, an ein Ende der Talfahrt zu glauben. Denn die anhaltende Skepsis der letzten Monate hat bei den 28.534 Betrieben des Thüringer Handwerks leicht nachgelassen. Ob die Einschätzungen lediglich auf kurzfristige saisonale Einflüsse zurückzuführen sind, oder tatsächlich eine Konjunkturbelebung bevorsteht, ist derzeit nicht feststellbar. Von einer Trendwende spricht man im Thüringer Handwerk daher noch nicht.

Großen Einfluss auf den leicht positiven Gesamttrend hat die leichte Belebung im Bau- und Ausbauhandwerk. Auf niedrigem Niveau wurden dort leichte Auftriebseffekte verzeichnet, die sich voraussichtlich nicht über den Winter stabilisieren werden. Aufgrund saisonal bedingter Auftragsrückgänge in den Wintermonaten und einem unverändert hohen Preisdruck wird in den kommenden Monaten mit weiteren Entlassungen im Bau- und Ausbauhandwerk gerechnet. Unter zunehmenden Druck sind die Betriebe des Metallgewerbes geraten. Hatte das Metallgewerbe in den ersten Jahren der Krise im Handwerk der konjunkturellen Talfahrt teilweise standhalten können, so sehen aktuell mehr als die Hälfte der Betriebe ihre Geschäftslage als schlecht an.

Weiterhin unter massivem Preisdruck stehen die Nahrungsmittelhandwerke. Die geringe Kaufkraft der Bevölkerung aufgrund der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit führt zu Kaufzurückhaltung. B
illigdiscounter profitieren davon. Eine weitere Betriebskonzentration ist festzustellen. Kontinuierliche Umsatzrückgänge im Nahrungsmittelhandwerk sind ebenfalls die Folge.

Die positiven Konjunkturdaten, die in den letzten Wochen führende Wirtschaftsforschungsinstitute veröffentlichten, schlagen sich im Handwerk erst mittelfristig nieder. Mit einer Verzögerung von rund ein bis zwei Jahren wirkt sich eine Belebung der Wirtschaft auch spürbar im Handwerk aus. Dies ist zurückzuführen auf die starke Orientierung des Handwerks auf den Binnenmarkt und auf die privaten Kunden. Hinzu kommt, dass gerade das Handwerk in den neuen Ländern von der Finanzsituation der öffentlichen Hand abhängt. Aufträge aus den Gemeinden, Städten, Landkreisen und vom Land sind aufgrund weiterhin mangelnder privater und gewerblicher Auftraggeber ein wichtiges Standbein des heimischen Handwerks. Fallen diese Aufträge immer geringer aus, verschlechtern sich entsprechend die Entwicklungsmöglichkeiten der Betriebe. Es muss daher unbedingt gelingen, die katastrophale finanzielle Situation der Kommunen zu verbessern.

Auswirkungen auf Beschäftigung und Ausbildung  

Auswirkungen hat die wirtschaftliche Situation der Unternehmen auf Beschäftigung und Ausbildung im Handwerk. Aktuell zählt das Thüringer Handwerk rund 146.500 Beschäftigte. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang um 3.500 Mitarbeiter. Und in den kommenden Monaten rechnet das Handwerk saisonbedingt mit weiteren Entlassungen. Die Mitarbeiterzahl im Handwerk war von der Wende bis 1996 auf rund 158.000 angewachsen. In den letzten acht Jahren erlebte das Handwerk also einen Aderlass von rund 11.500 Beschäftigten. Durchschnittlich sind nur noch 5,1 Mitarbeiter pro Betrieb beschäftigt. 1996 lag die Zahl noch bei 5,7.

In der Ausbildung schlägt sich die schlechte Lage ebenfalls nieder. Bis Mitte Oktober wurden 4.438 neue Ausbildungsverträge im Thüringer Handwerk abgeschlossen. Das Handwerk rechnet damit, dass ein Ausbildungs-Minus von unter zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr bleiben wird, das bis zum Jahresende nicht mehr geschlossen werden kann.

Die Ursachen für den Ausbildungsrückgang sind vielfältig. Zuerst zu nennen ist die wirtschaftliche Situation vieler Betriebe. Hinzu kommt, dass Ausbildungsordnungen für neue Berufe in diesem Jahr erst sehr spät bekannt gegeben wurden, und die Betriebe entsprechend verunsichert sind. Und nicht zuletzt wird die politische Diskussion um die Zukunft des Handwerks seinen Anteil daran haben, dass Betriebe bei der Ausbildung Zurückhaltung geübt haben. Denn sollten die Pläne der Bundesregierung zur Novellierung der Handwerksordnung und zur Förderung der Kleinunternehmen nicht verhindert werden können, droht dem Deutschen Handwerk eine Umstrukturierung mit weitreichenden Konsequenzen für den gesamten Wirtschaftsbereich.

Eine deutliche Absage erteilt das Thüringer Handwerk der von der Bundesregierung weiterhin geplanten Ausbildungsplatzabgabe. Damit wird nicht ein zusätzlicher Ausbildungsplatz geschaffen. Vielmehr werden vor allem kleine und mittlere Betriebe bestraft, die beispielsweise aus wirtschaftlichen oder persönlichen Gründen nicht ausbilden können. Ausbildung sollte gefördert werden; allerdings nicht mit Strafandrohungen!

Handwerk auf politische Hilfen angewiesen  

Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Studie zum Thüringer Handwerk ist die Erkenntnis, dass ein Weg aus der aktuellen Krise nur mit flankierenden politischen Maßnahmen erzielt werden kann. Diese Maßnahmen werden vom Handwerk zwar seit Jahr und Tag eingefordert. Allerdings hat sich gerade auf dem bundesdeutschen Regierungsparkett in dieser Hinsicht nichts zum Guten verändert.

Kernpunkte politischer Reformen müssen aus Sicht und Lage des Handwerks dringend folgende Zielstellungen haben:

– Beibehaltung der Handwerksordnung mit dem Meisterbrief als Kernkompetenz
  handwerklicher Betriebe
– Kein subventioniertes und gesetzlich protegiertes Preisdumping und einen
  damit einhergehenden Marktverdrängungseffekt durch eine Erweiterung der
  Existenzgründungen durch sogenannte „Gesellen-Betriebe“ oder Zerstückelung
  qualifizierter und komplexer Handwerksberufe
– Steuerliche Gleichstellung von Personen- und Kapitalgesellschaften
– Verkürzung der Abschreibungsdauer in den AfA-Tabellen
– Keine weitere Erhöhung der Mehrwertsteuer
– Reform der Ökosteuer
– Betonung des Leistungsprinzips
– Deregulierung des Arbeitsmarktes
– Steuerabzugsmöglichkeit für Bauleistungen und andere definierte
  Handwerksleistungen
– Verbesserung der Zahlungsmoral insbesondere der öffentlichen Hand
  Verbesserung der Finanzausstattung der öffentlichen Haushalte
– Abbau bestehender Überreglementierungen
– Grundlegende Reform der Sozialversicherungen; abgelehnt werden
  sowohl die Kopfprämie als auch die Bürgerversicherung, statt dessen
  werden nachhaltige Reformen auf der Ausgabenseite der
  Sozialversicherungen gefordert

An den Freistaat Thüringen werden insbesondere Forderungen im Bereich der Bildung laut. Hier wird vom Handwerk gefordert, die Ausbildungseignung des potenziellen Nachwuchses im Handwerk durch eine Neuordnung der Bildungslandschaft zu erzielen. Hier wird vor allem abgezielt auf eine grundlegende Modernisierung der berufsvorbereitenden und auch -begleitenden Schulausbildung.

Die Vereinbarung zwischen Thüringer Landesregierung und Thüringer Handwerk hat in den letzten Jahren aktiv dazu beigetragen, diesen Wirtschaftsbereich wirksam zu fördern und damit die Auswirkungen der konjunkturellen Krise abzufedern. Springt die Konjunktur wieder an, sind die Betriebe des Handwerks auch dank der Unterstützung durch Programme des Landes darauf gut vorbereitet.

Die Haltung von Ministerpräsident Dieter Althaus, grundsätzlich gesprächsbereit gegenüber der Bundesregierung zu sein, wird vom Thüringer Handwerk ausdrücklich begrüßt. Die Betriebe des Handwerks brauchen dringend steuerliche Entlastungen; gleiches gilt für die Bürger. Das Vorziehen der Steuerreform birgt die Chance in sich, dass die Investitions- und Konsumbereitschaft in Deutschland endlich wieder anwächst.

– Mehr dazu im Positionspapier des Thüringer Handwerks – download Positionspapier (als PDF)

Die Studie – wichtiger Wegweiser für die Handwerksbetriebe  

Eine zentrale Aufgabe der wissenschaftlichen Studie „Zukunft des Thüringer Handwerks“ war die Erarbeitung möglicher Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Handwerk. Eine Stärken-Schwächen-Analyse bildet hierfür die Grundlage. Unabhängig von volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen gibt es zahlreiche Handlungsoptionen für die Organisationen des Handwerks wie für die Betriebe selbst.

Die Leistungen des Thüringer Handwerks wird von der Kundschaft positiv gesehen. Aus deren Bewertung ergibt sich ein Dreiklang aus guter Qualität der Handwerksarbeit, hoher Lebensqualität in der Region, verbunden mit dem Wunsch, auch in Zukunft in Thüringen leben zu wollen. Sofern die bundespolitischen Rahmenbedingungen deutlich verbessert werden können, wird das Thüringer Handwerk aus eigener Kraft seine Stellung als ein wichtiger Wirtschaftsfaktor Thüringens weiter ausbauen und im zukünftigen Wettbewerb bestehen. So das Schlussurteil der Wissenschaftler.

Was nicht bedeutet, dass es in den Betrieben und den Organisationen keinen Handlungsbedarf gäbe. Vielmehr ist man zu dem Ergebnis gekommen, dass eine permanente Qualifizierung, Schulung und Motivation der Mitarbeiter ein zentrales Qualitätsmerkmal für den Handwerksbetrieb darstellt. Eine qualifizierte Beratung und die Kommunikation mit dem Kunden sowie der Einsatz innovativer Technologien stellen nach Überzeugung der Wissenschaftler wichtige Pluspunkte im Wettbew
erb um den Kunden dar. Entsprechende Bildungsangebote und Beratungsschwerpunkte sollten in diese Richtung gesetzt werden. Denn eines hat die Studie offengelegt: Es ist nicht in jedem Fall der Preis, der über Auftrag oder nicht Auftrag entscheidet, sondern Maßstäbe wie Beratung, Service oder Reklamationsverhalten der Betriebe.

Für die betriebliche Beratung und Qualifizierung heißt dies, die Aspekte Kaufentscheidung und Kundenzufriedenheit miteinander zu verknüpfen sowie Schwächen in den Bereichen Finanzen, Marketing sowie innovative Technologien und die Nutzung moderner Kommunikationstechnologien aufzugreifen und hier Defizite abzubauen. Träger der Beratungsaktivitäten sollten nach Erkenntnissen der Wissenschaftler vor allem die Einrichtungen des Handwerks selber sein.

Die Studie des Thüringer Handwerkstages wurde im Rahmen der Projektförderung von der Thüringer Landesregierung gefördert. Ende des Jahres ist der Abschluss der Studie. Dann wird die wissenschaftliche Langfassung vorliegen.

– Die Kurzfassung der Studie können Sie sich als PDF herunterladen – download Studie

Internet-Portal des Thüringer Handwerks – www.handwerk-th.de

Das Thüringer Handwerk hat nunmehr ein Internet-Portal, das einen zentralen Einstieg ins Thüringer Handwerk für Kunden, Betriebe und alle am Handwerk Interessierten ermöglicht. Ob Handwerkersuche, Fragen zu Betriebsführung oder Ausbildung, ob Berufe des Handwerks oder offene Lehrstellen, Betriebsbörsen und Kooperationen – dieses Portal öffnet allen Nutzern die Vielfalt des Handwerks. Das umfangreiche Bildungsangebot der Bildungszentren des Handwerks ist über www.handwerk-th.de ebenso zu finden wie die Beratungsleistungen, Sachverständige oder auch die Schlichtungsstellen.

Eine speziell entwickelte Suchmaschine ermöglicht das schnelle Finden von Thüringer Handwerksbetrieben nach eigenen Suchbegriffen. Links zu den Online-Shops von Handwerksbetrieben, Infos zu Handwerker-Märkten und Messen komplettieren das Internet-Portal und machen es damit vielfach und vielfältig nützlich.

Das Internet-Portal ist ein Projekt des Thüringer Handwerkstages, gefördert vom Thüringer Wirtschaftsministerium.