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Forderungen anlässlich der Mitgliederversammlung des Thüringer Handwerkstages e. V. am 22. November 2001 zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen für das Handwerk

Forderungen anlässlich der Mitgliederversammlung des Thüringer Handwerkstages e. V. am 22. November 2001 zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen für das Handwerk

In den vergangenen Monaten und Jahren kristallisierte sich heraus, dass sich die Finanzierungsmöglichkeiten für das Handwerk zunehmend verschlechtern. Deshalb fordert der Thüringer Handwerkstag e. V. die Verantwortlichen auf, auf diesen Gebieten tätig zu werden.

1. Kreditvergabepraxis
Um die Entwicklungsmöglichkeiten in den Handwerksbetrieben weiter zu gewährleisten, sind eine solide Finanzierungsbasis und entsprechende Finanzierungsangebote die Grundvoraussetzung. Der anhaltende Konzentrationsprozess im Bankensektor, verbunden mit dem Rückzug der Kreditinstitute aus der Fläche sowie die Konzentration auf das großvolumige Kreditgeschäft trägt dazu bei, viele Handwerksbetriebe zu verunsichern. Der Thüringer Handwerkstag e. V. fordert von den Kreditinstituten verlässliche Finanzierungsmöglichkeiten zu fairen Konditionen für das Handwerk.

2. Basel II
Gerade in dem Zusammenhang, dass das Handwerk sehr stark durch eine Fremdfinanzierung geprägt ist, befürchtet das Thüringer Handwerk infolge der Umsetzung der Baseler Beschlüsse eine deutliche Verschlechterung der Finanzierungsmöglichkeiten für Handwerksbetriebe. Gefordert wird daher von allen Verantwortlichen, dass für diesen Bereich eine verträgliche Lösung gefunden werden muss, damit sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht weiter verschlechtern. Für die Betriebe dürfen keine zusätzlichen Kapazitäts- und Kostenbelastungen entstehen. Gleichzeitig müssen Lösungen für ein vereinfachtes Verfahren für Personenunternehmen gefunden werden.

3. Stärkung der Kommunalfinanzen /Verbesserung der Infrastruktur
Auf Grund der immer schlechter werdenden Haushaltslage vieler Kommunen und Kreise wird das Budget für Bauinvestitionen stets geringer. Vor diesem Hintergrund fordert der Thüringer Handwerkstag e. V. eine Stärkung der Kommunalfinanzen.
Der Thüringer Handwerkstag e. V. begrüßt die geplante Fortsetzung des Programms „Stadtumbau Ost“ und somit die Bestandserhaltung und Modernisierung des Wohnungsbestandes. Hieraus ergeben sich die dringend erforderlichen Impulse für das Baugewerbe. Ebenfalls begrüßt der Thüringer Handwerkstag e. V. das vom Thüringer Ministerpräsidenten vorgeschlagene „Sonderprogramm Ost“. Dieses Programm setzt gezielt im infrastrukturellen Bereich an und umfasst für den Zeitraum 2001 bis 2004 ein Volumen von insgesamt 40 Milliarden Mark.
Das mit diesem Vorschlag eingereichte Finanzierungsmodell findet die Zustimmung des Thüringer Handwerks.

4. Investitionsförderung
Die Investitionsförderung ist noch über einen längeren Zeitraum unverzichtbar, um die teilungsbedingten Nachteile abzubauen.
Der Thüringer Handwerkstag e. V. fordert die Landesregierung auf, sich für die Fortführung der Investitionszulage für das gesamte Handwerk und somit für eine Gleichstellung mit dem verarbeitenden Gewerbe einzusetzen. Die Einstellung der Investitionszulage für die Mehrzahl der Handwerksbetriebe würde den Trend einer konjunkturell bedingten rückläufigen Investitionstätigkeit nur weiter verstärken.

Thüringer Handwerk begrüßt Programm „Stadtumbau Ost“ Meldung vom 16.08.2001

Erfurt, den 16. August 2001

Thüringer Handwerk begrüßt Programm „Stadtumbau Ost“

Der Thüringer Handwerkstag begrüßt die angekündigte Fortsetzung des Programms „Stadtumbau Ost“, insbesondere die Pläne, sich stärker auf den Bestandserhalt zu konzentrieren. Denn die Sicherung der städtischen Kernbereiche und damit die Stabilisierung des innerstädtischen Wohnungsbestand ist eine vordringliche städteplanerische Aufgabe und kommt darüber hinaus insbesondere kleinen und mittelständischen Betrieben des Baugewerbes zugute.

Es sei zwar eine Rückführung des Wohnungsbestandes angesichts der dramatisch angestiegene Leerstände unvermeidbar. Ein „Diktat der Abrissbirne“ dürfe es allerdings nicht geben, betonte der Präsident des THT, Wolfgang Bachmann. Wo immer es möglich sei müsse dem Erhaltung und der Modernisierung des Wohnungsbestandes der Vorrang gegeben werden. Das gelte vor allem für den wertvollen Altbaubestand in den Städten.

Das Thüringer Handwerk hofft, dass durch das Stadtumbau-Programm mit seiner finanziellen Ausstattung in Höhe von insgesamt rund zwei Milliarden Mark für die Jahre 2002 bis 2004 die Investitionstätigkeit angeregt wird damit dringend notwendige Impulse für das Baugewerbe gegeben werden.

„Bauunternehmersicherungsgesetz“ Meldung vom 23.05.2001

Erfurt, den 23. Mai 2001

Gesetzesantrag auf den Weg gebracht

In Zusammenarbeit mit dem Thüringer Handwerkstag hat das Thüringer Justizministerium nunmehr einen eigenen Gesetzesantrag verfasst, um endlich die dringend notwendige Sicherung der Unternehmer eines Bauwerks gesetzlich zu gewährleisten. Kernpunkt ist das „Bauunternehmersicherungsgesetz“, das einen erweiterten Eigentumsvorbehalt des Unternehmers an eingebauten Sachen vorsieht. Damit soll sichergestellt werden, dass bei Zahlungsunwilligkeit oder Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers das Eigentum für den Handwerker gesichert ist. Bisher geht das Eigentum an einer Sache in dem Moment der Verbindung mit dem Gebäude an den Auftraggeber über.

Außerdem soll der Subunternehmer gegenüber dem Generalunternehmer ein gesetzliches Pfandrecht an dessen Forderungen gegen den Auftraggeber erhalten. Und schließlich soll die Sicherungshypothek des Bauunternehmers aufgewertet werden.

Außerdem haben sich die Thüringer Gedanken zum „Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen“ gemacht und hier Änderungen vorgeschlagen, die das bis dato uneffektive Gesetz näher an die Praxis bringen sollen.

Mit dem Gesetzesvorstoß im Bundesrat hat der Thüringer Justizminister sein Versprechen gegenüber dem Handwerk umgesetzt, und die dringlichsten Forderungen des Bauhandwerks erneut auf die Tagesordnung der Länderkammer gesetzt.

Dass ein solcher Vorschlag aus einem der neuen Bundesländer kommt, darf nicht verwundern. Auftraggeberinsolvenzen, schlechte Zahlungsmoral, Liquiditätsnot und die eingebrochene Baukonjunktur führten das ostdeutsche Bauhandwerk in eine tiefe Krise. Deutlich zeigte sich hier, dass Bauhandwerkern bei Forderungen insbesondere gegenüber zahlungsunwilligen Auftraggebern die bestehenden Gesetze kaum helfen. Die Krise am Bau hat die gesetzlichen Lücken deutlich offengelegt.

Daher hofft das Thüringer Handwerk nunmehr, dass die Thüringer Initiative nicht nur vom gesamten Handwerk in Deutschland unterstützt wird. Auch die Bundesländer müssen die Dringlichkeit erkennen und das „Bauunternehmersicherungsgesetz“ mittragen.

9. Parlamentarischer Abend des Thüringer Handwerks am 22.03.2001

Pressemitteilung des Thüringer Handwerkstages e.V. anlässlich des

9. Parlamentarischen Abends des Thüringer Handwerks am 22. März 2001 im Kongress Zentrum der Messe Erfurt

Das Handwerk schrumpft

Im Handwerk läuten die Alarmglocken bereits seit einigen Jahren. Nachdem die seit fast sechs Jahren anhaltende Krise am Bau auch in diesem Jahr keine Trendwende erfahren wird, und keine Anzeichen neuer Investitionsvorhaben in Größenordnungen zu erkennen sind, drängt der Thüringer Handwerkstag darauf, dass die Politik den Ernst der Lage endlich erkennt und entsprechend handelt.

Zum ersten Mal seit 1990 ist die Zahl der eingetragenen Handwerksbetriebe zurückgegangen; von 29 225 Ende letzten Jahres auf aktuell 29 165. Die Zahl der Lehrlinge ging auf 22 283 zurück, die der Beschäftigten auf rund 158 000.

Betroffen sind außer den Gesundheitsgewerken, dem Holzgewerbe und Teilen des Metallhandwerks alle Bereiche des Handwerks. Die Krise im Handwerk ist also nicht einzig im Bau- und Ausbauhandwerk zu erkennen, sondern umfasst weite Teile dieses für den Freistaat wichtigen Wirtschaftsbereiches.

Ursachen hierfür sieht das Handwerk unter anderem an den weiter bestehenden Strukturverwerfungen in der Thüringer Wirtschaft. Wenige industrielle Leuchttürme mit sehr guten Wachstumszahlen schaffen im Freistaat noch keinen konjunkturellen Sommer. Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit bremst das Investitions- und Kaufklima im privaten Sektor und sorgt gleichzeitig, neben weiteren Faktoren, für den anhaltenden Schwarzarbeitsboom, der Betriebe wie den Staat um Milliardenbeträge schädigt.

Um den Aufbau einer sich selbst tragenden Wirtschaftsentwicklung in den neuen Ländern voranzubringen, gilt es, insbesondere auf Bundesebene die Wirtschaftspolitik auf die tatsächlich tragende Säule zu konzentrieren, nämlich die kleinen und mittleren Betriebe, die rund 90 Prozent der Wirtschaft ausmachen.

Die Investitionsbereitschaft des Mittelstandes hat entscheidend mit steuerpolitischen Vorgaben, mit der Last der Lohnzusatzkosten und mit Möglichkeiten unternehmerischen Handelns zu tun. In der Kritik des Thüringer Handwerkstages stehen daher nicht nur die zu zaghaften Schritte der Unternehmenssteuerreform, sondern auch das Betriebsverfassungsgesetz, die verschleppte Rentenreform mit nach wie vor zu komplizierten und undeutlichen Vorstellungen einer stärkeren privaten Eigenvorsorge, die verfahrene Situation in der Gesundheitspolitik und nicht zuletzt die Öko-Steuer, die weite Teile des Handwerks belastet, während sie für Energie-Großverbraucher Sonderregelungen vorsieht.

Die geplante nächste Stufe der Öko-Steuer muss ausgesetzt und das Gesetz so umgebaut werden, dass es den eigentlichen Belangen entspricht.

Die weitere Förderung des Aufbaus Ost, dessen Notwendigkeit wohl von niemandem ernsthaft bestritten wird, darf nicht in einer kleinlichen Geber-Nehmer- Diskussion zerrieben werden. Mit einer kontinuierlichen Förderpolitik muss es gelingen, die Schere, die sich in der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen Ost und West auseinander bewegt, endlich dauerhaft zu schließen. Hierbei gilt es, die Entwicklung und Sicherung bestehender Betriebe ebenso zu unterstützen wie die Ansiedlung neuer, innovativer Unternehmen.

Eine Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung würde auch die anhaltende Abwanderung insbesondere junger und gut ausgebildeter Menschen aus Thüringen verringern beziehungsweise stoppen. Bereits heute herrscht in einigen Branchen wie beispielsweise in Teilen des Metall- und Elektrohandwerks Fachkräftemangel.

Investitionen in die Infrastruktur weiter dringend notwendig

Wichtiger Standortfaktor für Investoren ist die bestehende Infrastruktur. Während Thüringen über eine hochmoderne Telekommunikationsinfrastruktur verfügt, ist die Anbindung weiter Teile des Freistaates an das nationale und internationale Straßen- und Schienennetz weiterhin völlig unzureichend und bedarf eines zügigen Ausbaus und einer Modernisierung der bestehenden Strecken sowie des Baus neuer Trassen.

Das Handwerk sieht zudem die Gefahr, dass der Standortfaktor „Fachkräfte“ zunehmend in Gefahr gerät, da durch Abwanderung beziehungsweise lange Arbeitslosigkeit vieler Facharbeiter das Reservoir von einst zusammengeschmolzen ist. Bedarfsgerechte Qualifizierungen und arbeitsmarktpolitische Instrumente sind hier anzuwenden, damit Investoren auf qualifizierte Arbeitnehmer zurückgreifen können.

Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen

In der mittlerweile fast einjährigen Praxis hat sich dieses Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen als völlig unzureichend erwiesen. Sämtliche Neuregelungen wie die Erhöhung des Verzugszinses, die schnelle Fälligkeit von Rechnungen und die veränderten Abnahmemodalitäten haben nach Erfahrungen des Thüringer Handwerkstages die Zahlungsmoral in keinem Fall gebessert.

Da zum Teil mit krimineller Energie auf Kosten des Handwerkers Aufträge ausgelöst werden, die der Auftraggeber nie bezahlen wird, greift das Beschleunigungsgesetz viel zu spät ein.

Entscheidend ist aus Sicht des Thüringer Handwerkstages, dass bei Aufträgen ab einer Höhe von 10 000 DM eine Bankbürgschaft vom Auftraggeber vorgelegt werden muss. Wie der ausführende Handwerker Auftragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaften zu erbringen hat, so muss es für den Auftraggeber Pflicht werden, seine Zahlungsfähigkeit nachzuweisen.

Viele der rund 400 im letzten Jahr in Konkurs gegangenen Thüringer Handwerksbetriebe wären mit einem besseren gesetzlichen Schutz vor zahlungsunwilligen Auftraggebern heute noch am Markt.

Dem Handwerk entsteht durch uneinbringliche Forderungen jährlich ein Schaden von rund 300 Millionen Mark.

Der Thüringer Handwerkstag fordert die sofortige Einsetzung des Bund-Länder-Ausschusses, um das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen kurzfristig zu ergänzen. Neben der Auftraggeberbürgschaft sollte das Gesetz außerdem einen erweiterten Eigentumsvorbehalt für eingebautes Material beinhalten.

Land und Kommunen haben Fürsorgepflicht

Im Rahmen ihrer Möglichkeiten sollten Land, Kreise, Städte und Gemeinden alles unternehmen, die kleinen und mittleren Thüringer Unternehmen zu unterstützen. Gebühren- und Abgabenpolitik sind hier ebenso zu überprüfen wie die Vergabepolitik der öffentlichen Hand. Begrüßt wird daher der Vorstoß des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur, die Mittelstandsrichtlinie des Landes zwingend auf die öffentlichen Vergaben der Landkreise und Kommunen zu übertragen. Ein Vergabeprozedere, das die spezifischen Bedürfnisse der kleinen und mittleren Betriebe in der Praxis berücksichtigt, ist ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der heimischen Wirtschaft. Leider sind nach wie vor zu viele öffentliche Vergaben an Generalauftragnehmer zu registrieren. Damit die Betriebe des heimischen Handwerks nicht weiter als abhängige Subunternehmer in das letzte Glied der Rechts- und Bezahlungskette gedrängt werden, ist die öffentliche Hand aufgefordert, mehr als bisher in Fachlosen auszuschreiben.

Investitionen der öffentlichen Hand haben Lenkungscharakter, die die Verantwortung gegenüber den Steuer zahlenden, Arbeitsplätze schaffenden und ausbildenden Betrieben im Lande einbeziehen. Die Verantwortlichen im Land können daher nicht sehenden Auges den Erdrutsch in der Bauwirtschaft ausschließlich als Marktbereinigung betrachten, sondern haben hier eine Fürsorgepflicht gegenüber Betrieben, Beschäftigten und Lehrlingen. Die notwendigen strukturellen Anpassungsprozesse in der Thüringer Bauwirtschaft sind abzufedern. Ungeeignet ist nach Auffassung des Thüringer Handwerkstages allerdings das vom Land gern praktizierte „Erfurter Modell“, indem das Land privat finanzierte und gebaute Objekte anschließend least. Investitionen werden damit zwar vorgezogen, allerdings zu einem hohen Preis. Denn Sicherungsinstrumente, die in der öffentlichen Vergabe (VOB) integriert sind, brauchen i
m privaten Baurecht nicht berücksichtigt werden, Preiskämpfe und Dumping sind das Resultat. Mittelstandsrichtlinie und VOB sind daher auch im Rahmen von Aufträgen über das sogenannte „Erfurter Modell“ zwingend anzuwenden.

Städte und Gemeinden sind aufgefordert, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren und nicht weiter durch „Schein“privatisierungen von Eigenbetrieben in den Wettbewerb der privaten Wirtschaft einzugreifen.

BSE-Krise im Fleischerhandwerk zu spüren

Nicht nur Landwirte und die verarbeitende Fleischindustrie sind Leidtragende der europäischen BSE-Krise. Die Verunsicherung der Kunden schlägt sich auf das Kaufverhalten nieder.

Den Fachbetrieben der Fleischerinnungen gelingt es zwar besser als manch anderem, mit Qualitätsprodukten und guter Beratung das Vertrauen der Kundschaft zum Nahrungsmittel Fleisch wieder herzustellen. Doch insbesondere die Verteuerung der Produkte führt zur Kaufzurückhaltung der Kunden.

In die vorgesehene finanzielle Unterstützung von Land und Bund ist daher auch das Fleischerhandwerk einzubeziehen.

Umstellung der Ausbildungsförderung findet Anklang

Nach ersten Verwirrungen unter den Betrieben nach Änderung der Ausbildungsförderung, findet die Umstellung nunmehr bei sehr vielen Betrieben Anklang. Zusatzqualifikationen für Lehrlinge im Rahmen der Ausbildung sollen nicht nur das Ausbildungsniveau weiter anheben. Für einen erfolgreichen Schritt in den Arbeitsmarkt nach der Ausbildung ist es für die Gesellen heute wichtig, zusätzliche Kenntnisse vorweisen zu können.

Für die Betriebe haben die Maßnahmen den Vorteil, dass spezielle Qualifikationen, die im Rahmen-Ausbildungsplan nicht vorgesehen sind, bereits während der normalen Ausbildung vermittelt werden können.

Nach Einschätzung des Thüringer Handwerkstages e.V. wird die Zahl der Ausbildungsplätze im Handwerk in diesem Jahr nicht steigen. Die Ursachen sind bekannt.

Handwerk für Kreditinstitute ein rotes Tuch?

Mit dem Rückzug zahlreicher Großbanken aus der Fläche und aus dem Geschäft mit dem Mittelstand ist für viele Betriebe des Handwerks eine ausgesprochen schwierige Situation entstanden. Da die meisten Betriebe über eine zu schmale Eigenkapitaldecke verfügen und damit über mangelnde Liquidität, sind sie auf Kredite angewiesen. Allerdings ist die aktuelle Kreditpolitik ausgesprochen regressiv und damit nicht nur entwicklungshemmend, sondern für viele Betriebe existenzbedrohend. Der Thüringer Handwerkstag e.V. fordert daher von Banken und Sparkassen, ihre Kreditpolitik umgehend zu ändern, um den Betrieben Entwicklungschancen zu geben.

Der Baseler Akkord als Reaktion auf die globalen Anforderungen an die europäische Kreditwirtschaft wird möglicherweise zu mehr Transparenz in der Kreditpolitik führen. Auch die kreditsuchenden Unternehmen haben sich den neuen Bedingungen anzupassen. In der Handhabung darf es aber nicht dazu kommen, dass die neuen Kriterien ausschließlich zu Lasten des Mittelstandes gehen. In jeder Risikoeinschätzung muss ein hohes Maß an Verantwortungsbewußtsein gegenüber der wirtschaftlichen Entwicklung eines Unternehmens und damit möglicherweise einer Region enthalten sein.

Jahrespressekonferenz am 08. Januar 2001

Erfurt, den 8. Januar 2001

Handwerk mit einer Stimme

Über die beiden zentralen Veranstaltungen des THT, den Parlamentarischen Abend des Thüringer Handwerks und die Mitgliederversammlung, hinaus liegt der Schwerpunkt der Arbeit darin, in Gesprächen und durch Stellungnahmen auf Landes- und Bundesebene die Bedingungen für die Betriebe des Handwerks zu verbessern.

Der wichtigste Meilenstein in der Lobbyarbeit ist im Jahr 2000 gelungen: die Unterzeichnung der Vereinbarung der Thüringer Landesregierung und des Thüringer Handwerkstages. Hierin wurde erstmals konkret von einer Landesregierung in Deutschland ein Rahmen zusammen mit dem Handwerk für die Sicherung und den weiteren Aufbau dieses Wirtschaftsbereiches fixiert.

In dieser Vereinbarung ist unter anderem aufgeführt, dass kleine und mittlere Betriebe reelle Chancen bei die Auftragserteilung öffentlicher Aufträge erhalten sollen. In diesem Zusammenhang fordert der Thüringer Handwerkstag das Thüringer Wirtschaftsministerium, das Innenministerium und das Finanzministerium auf, nun endlich die Mittelstandsrichtlinie des Landes, die sich derzeit in der Überarbeitung befindet, verbindlich für die Auftraggeber in Kommunen und Landkreisen zu machen. Bisher galt die Richtlinie lediglich für Öffentliche Aufträge des Landes.

Ein neuer Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium sieht nunmehr vor, dass künftig Gemeinden, Landkreise und kommunale Körperschaften in den Geltungsbereich der Mittelstandsrichtlinie fallen. Der THT fordert das zuständige Innenministerium daher auf, dies auch durchzusetzen.

Dass allerdings fast zeitgleich mit dem neuen Entwurf der geänderten Mittelstandsrichtlinie die Landesregierung ihren Parlamentsneubau wiederum nach „Erfurter Modell“ aus der Hand und damit aus ihrer Kontrolle gibt, wird vom Handwerk ausgesprochen kritisch gesehen. Es ist für das Handwerk nicht nur wichtig, dass gebaut wird, sondern dass zu auskömmlichen Preisen mit verlässlichen Partnern gebaut werden kann. Privat finanzierte Objekte wie der Parlamentsneubau, die in der Hand eines Generalunternehmers liegen, lassen die Handwerksbetriebe wieder zu abhängigen Subunternehmern werden, die bei der Befriedigung von Forderungen an letzter Stelle stehen.

Doch gerade diese Abhängigkeit vom Generalunternehmer mit all seinen negativen Auswirkungen auf die Handwerksbetriebe sollte die Mittelstandsrichtlinie des Landes verhindern. Das Handwerk fordert daher die Landesregierung auf, ihre Richtlinie selbst konsequent anzuwenden. Politische Glaubwürdigkeit zeichnet sich nicht nur in Richtlinien- und Gesetzgebungen sondern in deren praktischen Handhabung aus.

Stiftung in Vorbereitung

Derzeit laufen beim Thüringer Handwerkstag die Vorbereitung zur Gründung einer eigenen Stiftung. Damit nimmt das Handwerk das Heft des Handelns jetzt selbst in die Hand, um unverschuldet in Not geratenen Handwerksbetrieben zu helfen.

Finanzielle Unterstützung für die Stiftung wurde bereits von der Landesregierung signalisiert. Dies freut das Handwerk umso mehr, als dass Forderungen des Handwerks nach Einrichtung eines Notfonds durch das Land jahrelang ungehört blieben.

Der THT hofft, dass sich möglichst viele öffentliche wie private Einrichtungen an der Stiftung finanziell beteiligen, damit schnell und effektiv geholfen werden kann.

Die Gründung der Stiftung soll bis Ende des Jahres 2001 erfolgen.

Handwerk und Europa

Das Handwerk in Thüringen steht zu Europa und steht auch hinter der Erweiterung der EU. Doch Europa darf sich in seinen Entscheidungen nicht von den Regionen abkoppeln. So muss das Subsidiaritätsprinzip stärker in den Entscheidungen berücksichtigt werden.

Die Erweiterung der EU braucht für alle Betroffenen Übergangszeiten, sowohl in den osteuropäischen Beitrittsstaaten als auch in den Ländern der EU.

Ökosteuer

Erfurt, den 19. September 2000

Handwerk fordert Aussetzen der Öko-Steuer

Während die Bundesregierung überlegt, Pendler mit einer höheren Kilometerpauschale von den hohen Benzinpreisen zu entlasten, ist für die Wirtschaft bisher keine Entlastung von den hohen Kosten vorgesehen.

Betroffen sind von den hohen Energie- und Benzinpreisen insbesondere die kleinen und mittleren Betriebe in den neuen Bundesländern, die aufgrund des enormen Wettbewerbs keine Möglichkeit haben, die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugeben. Dies verschärfe die ohnehin schon angespannte Finanzsituation vieler Handwerker, die kein Polster haben, um höhere Kosten abzufedern.

Der Thüringer Handwerkstag warnt die Bundesregierung daher, zu leichtfertig mit der Situation umzugehen und fordert das Aussetzen der Ökostreuer.

Für viele finanzschwache handwerkliche Kleinbetrieben, so der Thüringer Handwerkstag, sei die Lage existenzbedrohend. Im Gegensatz zu den westlichen Bundesländern gebe es in Thüringen nach wie vor keinen Konjunkturaufschwung, getragen vom Export, gebe es eine viel zu hohe Arbeitslosenquote und einen zu geringen Industriebesatz. Die Betriebe arbeiteten am Rendite-Limit, noch höhere Kosten seien für viele nicht verkraftbar.

Vor diesem Hintergrund müsse die Bundesregierung sich realistisch verhalten, und dürfe nicht den grundsätzlich notwendigen Umbau der gesellschaftlichen Sozialsysteme und den weiteren Ausbau einer ökologisch orientierten Volkswirtschaft auf Kosten der Unternehmen durchboxen.

„Wenn die Menschen keine Arbeit haben, hilft ihnen die Kilometerpauschale gar nichts“, betont THT-Geschäftsführer Dr. Dieter Artymiak.

Kooperationsvereinbarung

Kooperationsvereinbarung zwischen
  
der Wehrbereichsverwaltung VII, Strausberg, 
dem Zentrum für Nachwuchsgewinnung OST
und der
Handwerkskammer Erfurt


Präambel

Das Handwerk ist ein wichtiger Träger der zivilberuflichen Bildung und damit auch eine wesentliche Quelle für die Gewinnung qualifizierten Nachwuchses durch die Bundeswehr. Die Streitkräfte verpflichten in jedem Jahr Tausende junger Männer(und demnächst vermehrt auch Frauen) und bilden sie zu militärischen Fach- und Führungskräften aus.

Dabei kann sich die Bundeswehr auch auf gut ausgebildetes Personal des Handwerks stützen. Sie profitiert in vielfältiger Weise von den dort erworbenen beruflichen Qualifikationen und Kenntnissen.

Da Soldaten auf Zeit nach dem Dienstzeitende in das zivile Erwerbsleben zurückkehren, steht im Mittelpunkt aller Bemühungen das Interesse an einer individuellen beruflichen Qualifizierung mit der Gewähr einer dauerhaften Zukunftsperspektive.

Die Entwicklung des Beschäftigungssystems in der Bundesrepublik Deutschland hat in den vergangenen Jahren zu insgesamt steigenden Qualifikationsanforderungen geführt. Diese Entwicklung wird sich auch in Zukunft weiter fortsetzen. Bester Garant für eine zivilberufliche Eingliederung der ausscheidenden Zeitsoldaten ist deshalb eine fundierte berufliche Qualifizierung, welche insbesondere das Handwerk bedarfsgerecht bieten kann.

Deshalb ist das Zusammenwirken zwischen Bundeswehr und Handwerk im Bereich beruflicher Qualifizierung und Beschäftigung ein seit langem bewährter Prozeß, der stets den aktuellen Rahmenbedingungen angepaßt und weiterentwickelt wird. Daneben gilt es, laufende Kooperationen zu intensivieren, neue Modelle zu erproben und Bestehendes weiterzuentwickeln.

Aus dieser gemeinsamen Interessenlage heraus schließen die Wehrbereichsverwaltung VII, das Zentrum für Nachwuchsgewinnung OST und die Handwerkskammer Erfurt folgende Kooperationsvereinbarung


1 Zielsetzung

Die Partner dieser Vereinbarung stimmen darin überein, daß die Förderung von Ausbildung und Beschäftigung eine umfassende sozial- und gesellschaftspolitische Verpflichtung ist. Deshalb soll die Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Handwerk sowohl der Entwicklung und Förderung des Handwerks in Mittel- und Nordthüringen dienen als auch dem Bedarf der Bundeswehr an qualifiziertem Nachwuchs für die Laufbahn der Zeitsoldaten entsprechen.

Ziel dieser Vereinbarung ist außerdem, einander als kompetente Ansprechpartner in Fragen der Nach-wuchsgewinnung, Aus- und Weiterbildung, Existenzgründung im Handwerk, des Fachkräftebedarfs sowie in Fragen der Berufsförderung und des Wehrersatzwesens zur Verfügung zu stehen. Durch die Bündelung von Kompetenzen soll eine Intensivierung der beruflichen Beratung und damit eine höhere Effizienz erreicht werden.

2 Umsetzung

2.1 Projekt „Kooperationszentrum Bundeswehr – Handwerk“

Im Rahmen eines Projektes „Kooperationszentrum Bundeswehr – Handwerk“ streben die Beteiligten durch gemeinsame Aktivitäten an:

Die bestehenden Kontakte zwischen der Bundeswehr und der Handwerkskammer Erfurt zu intensivieren und regelmäßigen Erfahrungs- und Informationsaustausch durchzuführen mit dem Ziel

  • die Information und Beratung der Soldaten auf Zeit über berufliche Qualifikationen,
     Eingliederungsmöglichkeiten und Existenzgründungen im Handwerk zu intensivieren,
  • Auszubildende im Berufsbildungzentrum (BBZ) der Handwerkskammer Erfurt über
    Tätigkeiten und Verwendungsmöglichkeiten als Soldat auf Zeit zu informieren und auf Möglichkeiten einer beruflichen Qualifizierung im Handwerk hinzuweisen,
  • Möglichkeiten der zivilberuflichen Ausbildung vor dem Wehrdienst nach dem Ausbildungsmodell „Schaumburg“ darzustellen und zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten in Handwerksbetrieben bei der Vergabe entsprechender Plätze an Bewerber zu erschließen.

Kontakte mit Betriebsinhabern, die Nachfolger oder Mitarbeiter für ihr Unternehmen suchen
zu fördern und zu pflegen (Stellenbörse BFD/BA),

Soldaten auf Zeit im Rahmen des Projektes „Ausbildungs-Coaching“ bei der Suche
nach geeigneten Praktikantenplätzen in Betrieben des Handwerks zu unterstützen, soweit
die Handwerkskammer Erfurt mit der Durchführung der theoretischen Maßnahme beauftragt
ist.

Zu den o. g. Punkten stellt die Handwerkskammer Erfurt ihr BBZ zur Verfügung.

2.2 Zusammenarbeit im Bereich beruflicher Aus- und Fortbildung

Die Beteiligten richten eine Koordinierungsgruppe Bundeswehr – Handwerk, bestehend aus Vertretern des Kreiswehrersatzamtes Erfurt – Berufsförderungsdienst -, dem Zentrum für Nachwuchsge-winnung OST und der Handwerkskammer Erfurt mit dem Ziel ein:

  • Informationsveranstaltungen (Berufsorientierung) in dem BBZ der Handwerkskammer zur Lage auf dem Arbeitsmarkt, zu Entwicklungstendenzen im Handwerk und in der Bundeswehr durchzuführen,
  • Aus- und Weiterbildungsangebote der Handwerkskammer Erfurt sowie Existenzgründerseminare für Soldaten auf Zeit anzubieten,
  • den Informationsfluss zwischen Handwerkskammer und Soldaten auf Zeit über Qualifizierungsmöglichkeiten im Handwerk zu verbessern,
  • Ausbildungsplätze im Rahmen aktueller Projekte ( Schaumbuger Modell etc.) zu schaffen.

3 Schritte der weiteren Zusammenarbeit

3.1 Mindestens halbjährlich findet eine Tagung der Koordinierungsgruppe statt, die vor allem der
Ergebnisanalyse der bisherigen Zusammenarbeit, dem Informations- und Erfahrungsaustausch
und der Festlegung neuer Arbeitsschwerpunkte dient. Bei Bedarf werden hierzu die Komman-
deure der Truppenteile eingeladen.

3.2 Vorgesehen sind kontinuierliche Kontaktgespräche mit den Kommandeuren der Truppenteile des Betreuungsbereiches und eine fortwährende Informationstätigkeit.

3.3 Die Handwerkskammer Erfurt ermöglicht in ihrem BBZ nach vorheriger Absprache die Beratung und Information interessierter Auszubildender über Tätigkeiten, Verwendungs- und Ausbildungsmöglichkeiten als Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr durch das Zentrum für Nachwuchsgewinnung OST.

3.4 Der Berufsförderungsdienst Erfurt und das Zentrum für Nachwuchsgewinnung OST nehmen an den von der Handwerkskammer Erfurt durchgeführten „Tagen der offenen Tür“ bzw. Berufs- ausbildungsmessen mit Informationsständen teil. Die Truppe wird – wo immer möglich – interessierte Soldaten beim Besuch dieser Veranstaltungen unterstützen.

3.5 Die Handwerkskammer Erfurt initiiert bzw. fördert Kontakte zu mittelständischen Unternehmen/Betriebsinhabern zur Akquisition von Praktikantenplätzen für das Projekt Ausbildungs-Coaching, soweit sie mit der Durchführung der theoretischen Maßnahme beauftragt ist.

3.6 Über Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Rahmenvertrag „Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“ vom 15. Dezember 1999 sowie Pilotprojekte für zukünftige Zusammenarbeitsmöglichkeiten von Bundeswehr, Wirtschaft und Handwerk wird zu einem späteren Zeitpunkt zwischen den Beteiligten beraten.

3.7 Die Handwerkskammer Erfurt unterstützt den Berufsförderungsdienst an den Truppenstandorten mit Informationen, Beratungen und Fachvorträgen zu Möglichkeiten der Qualifizierung von Soldaten im Handwerk.

3.8 Der Berufsförderungsdienst Erfurt wählt im IV. Quartal – nach Entlassungsdaten getrennt – Soldaten auf Zeit nach Standort, Vorbildung, Berufsabschluß sowie Eingliederungsziel aus. Auf der Grundlage des hieraus ermittelten Aus- und Weiterbildungsbedarfs erarbeitet die Handswerkskammer Erfurt am Fachkräftebedarf orientierte Bildungsangebote mit integrierten Betriebspraktika, die zu einer wesentlichen Verbesserung der Eingliederungschancen von Zeitsoldaten beitragen
sollen.

3.9 Zwischen der Handwerkskammer Erfurt und den Beratern des Berufsförderungsdienstes Erfurt werden halbjährlich gemeinsame Veranstaltungen zum Zwecke des gegenseitigen Informations- und Erfahrungsaustausches organisiert.

Steuerreform

Erfurt, den 10. Juli 2000

Statement des Thüringer Handwerkstages e.V. zur geplanten Steuerreform

Die Schieflage im bisherigen Gesetzespaket zur Steuerreform geht nahezu vollständig zu Lasten der kleinen und mittelständisch geprägten Unternehmen des Handwerks. Als notwendige Reformschritte fordert das Thüringer Handwerk eine Abflachung des Einkommensteuertarifs über den gesamten Tarifverlauf mit einer Senkung des Spitzensteuersatzes sowie eine parallele Regelung für Einzelunternehmen und Personengesellschaften in Bezug auf die Steuerfreistellung bei Veräußerungsgewinnen von Kapitalgesellschaften.

Denn während bei Kapitalgesellschaften bereits zum 1. Januar 2001 eine absolute Senkung der Steuerlast auf 25 % eintreten soll, werden die Steuersätze für Einzelunternehmer und Personengesellschaften nur schrittweise bis 2005 gesenkt.

Darüber hinaus führt nur ein Spitzensteuersatz von unter 40 Prozent zur notwendigen spürbaren Entlastung.

THT-Präsident Wolfgang Bachmann appelliert an die Vertreter des Bundes und der Länder im Vermittlungsausschuss, die Schieflage der bisherigen Reformvorlage zügig zu beseitigen, damit ein einfaches, entlastendes und leistungsförderndes Steuerrecht auch für Handwerker zum Beginn des Jahres 2001 in Kraft treten kann.

 

Spizentreffen zwischen Thüringer Landesregierung und dem Thüringer Handwerkstag e.V. am 23.06.2000

Erfurt, den 23. Juni 2000

Vereinbarung ist wichtiger Meilenstein

Die unterzeichnete Vereinbarung zwischen der Thüringer Landesregierung und dem Thüringer Handwerk e.V. stellt für das Handwerk im Freistaat einen wichtigen Meilenstein dar. Erstmals in der Geschichte der Länder der Bundesrepublik wurde zwischen einer Landesregierung und der Handwerksorganisation ein solches Papier, das gemeinsame Ziele und Aufgaben zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung benennt, unterzeichnet.

Der konstruktive und sachliche Meinungsaustausch zwischen Handwerk und Regierung in Thüringen erhält damit im „Jahr des Handwerks“ eine deutliche Untermauerung. Wichtig ist für das Handwerk jedoch zu betonen, dass diese Vereinbarung das Ergebnis einer konsequenten Sachpolitik des Thüringer Handwerks und des politischen Willens der Landesregierung ist, die Entwicklung dieses wichtigen Teils der Thüringer Wirtschaft voranzutreiben und zu unterstützen.

Die Vereinbarung sei Ergebnis eines konstruktiven Miteinanders in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung von Politik und Wirtschaft. Dieses Signal aus der Mitte Deutschlands hat nach Überzeugung von THT-Präsident Wolfgang Bachmann das Zeug dazu, in die Bundesrepublik auszustrahlen und Vorbildfunktion einzunehmen.

In der Vereinbarung ist festgeschrieben, die Rahmenbedingungen zu sichern, die es der mittelständischen Wirtschaft, darunter das Handwerk, in Thüringen ermöglicht, in Größenordnungen Arbeitsplätze zu schaffen und diese zukunftssicher zu machen. Dazu gehört unter anderem, dass die handwerksrelevanten Förderprogramme fortgesetzt werden, die Schwarzarbeit und die unerlaubte Handwerksausübung konsequent bekämpft werden sollen, Planungs- und Genehmigungsverfahren auf ihre Mittelstandsfreundlichkeit hin überprüft werden, sich die Vergabepraxis der öffentlichen Hand stärker als bisher auf die Bedürfnisse der kleinen und mittleren Betriebe orientiert und im Rahmen der Möglichkeiten gegenüber dem Bund auf eine Verbesserung der Zahlungsmoral hinzuwirken. Darüber hinaus sollen der Technologietransfer im Handwerk, die Gewerbeförderung und die Qualifizierung unterstützt werden.

Eine wichtige Zielstellung in der Vereinbarung ist die Absicherung der beruflichen Erstausbildung. Hier will das Thüringer Handwerk als wichtiger Träger der Ausbildung seinen Beitrag auch künftig leisten und damit für einen qualifizierten Fachkräftenachwuchs im Land sorgen. In der Arbeitsmarktpolitik setzen Regierung wie Handwerk auf die stärkere Fokussierung der Programme auf den ersten Arbeitsmarkt.

Die konsequente Realisierung der wichtigen Verkehrsvorhaben im Rahmen der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit und die Anbindung Ostthüringens an den Schienenfernverkehr sind weitere Themenschwerpunkte.

In der Wirtschafts- und Steuerpolitik wird das Augenmerk auf die Ertragsfähigkeit der Unternehmen, insbesondere der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung durch die Arbeit des Handwerks gelegt. In diesem Zusammenhang wurde in der Vereinbarung festgeschrieben, dass sich die Landesregierung im Rahmen ihrer Bundesratstätigkeit für eine große Steuerreform mit einer spürbaren Reduzierung der Steuerbelastung für die mittelständische Wirtschaft und ein Herunterschrauben der Lohnnebenkosten einsetzt.

Wie THT-Präsident Wolfgang Bachmann in seiner Rede betonte, bildet die Vereinbarung einen großen Rahmen für die weitere Entwicklung des Handwerks. In einem nächsten Schritt müssten konkret Themen aufgegriffen werden.

Außerdem sieht das Handwerk die Vereinbarung auch als Basis für die weitere Diskussion mit den politischen Parteien im Landtag.

Der Thüringer Handwerkstag vertritt als Dachorganisation die Interessen der 29 300 Handwerksbetriebe in Thüringen mit rund 158 500 Beschäftigten und 24 500 Lehrlingen.

 

8. Parlamentarischer Abend des Thüringer Handwerks am 12.04.2000

Ansprache des Präsidenten des Thüringer Handwerkstages e.V., Wolfgang Bachmann anläßlich des 8. Parlamentarischen Abends des Thüringer Handwerkstages e.V. am 12. April 2000 in Erfurt

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

heute begehen wir den 8. Parlamentarischen Abend des Thüringer Handwerks. Zum achten Mal treffen sich hier:

als Gäste: unsere Landespolitiker, Verantwortungsträger aus allen Ebenen des Landes, Verwaltungen, Behörden, Kammern, Verbänden, Gewerkschaften und Kirchen,

und als Gastgeber: das Thüringer Handwerk, personifiziert durch Ehrenamtsträger aus dem ganzen Land, aus Innungen, Verbänden, Kreishandwerkerschaften und Kammern, aus allen Berufsbranchen. Und es ist mir einen Freude, Sie alle hier sehr herzlich begrüßen zu dürfen. Unser besonderer Gruß gilt unserer Landesregierung, an der Spitze, in alter Tradition unser Ministerpräsident Herr Dr. Vogel, herzlich willkommen! Und ebenso – es gilt unser besonderer Gruß unserem Landtag, allen Abgeordneten und hier an der Spitze unsere Landtagspräsidentin, Frau Christine Lieberknecht. Auch Ihnen – ein herzliches Willkommen!

Meine Damen und Herren, seien Sie uns alle herzlich willkommen, auch wenn ich Sie nicht alle namentlich begrüße. Wir wissen ja alle: Zeit ist Geld, und so wollen wir uns lieber in Gemeinsamkeit den Sachthemen widmen als uns an zuviel Ehrbezeugung aufzuhalten. Wir kennen uns – so glaube ich, so gut, dass diese Vorgehensweise praktikabel ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor gut zehn Jahren war die Wende, in wenigen Monaten haben wir zehn Jahre ein geeintes Deutschland, seit acht Jahren gibt es den Parlamentarischen Abend – also: eine spannende Zeit liegt hinter uns, die wir alle mit gestalten konnten. Und ich glaube – eine noch spannendere Zeit liegt vor uns, wenn ich an die vielen Probleme denke, die wir gemeinsam vor uns haben. Doch lassen Sie mich der Reihe nach vorgehen.

Heute, hier zum 8. Parlamentarischen Abend, gibt es wieder einige kleine Veränderungen, wie Sie gemerkt haben. Da ist es zum ersten der Raum. Wir waren zuerst stets in der Landtagsgaststätte, heute hier im modernen Carl-Zeiss-Saal der Erfurter Messe. Gewiss – einige Abgeordnete haben uns gesagt, der Raum der Landtagsgaststätte wäre an Hässlichkeit nicht zu überbieten – aber da halten wir uns zurück. Vielleicht ist der Saal auch ein Ausdruck für den Inhalt des Abends – wir wollen modern sein, wir wollen neue Wege gehen, wollen erfolgreicher sein. Aber der wahre Grund des Raumwechsels liegt noch tiefer: wir haben heute alle Innungsobermeister eingeladen. Für alle Nichthandwerker: die Innungen sind unsere Basisgrößen innerhalb unserer Berufsstandsvertretung. Und unsere Innungsobermeister sind unsere Ehrenamtsträger vor Ort, in den Regionen, echt am Puls der Wirtschaft.

Und weil wir im Handwerk heute etwas mehr Personen sind, deshalb dieser größere Raum.

Aber auch hier gibt es wieder einen Grund zur Änderung. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, da muß ich zur Erklärung etwas weiter ausholen.

Viele von uns hier im Saal waren bei allen Parlamentarischen Abenden dabei. Ich glaube, vom ersten Beschnuppern, von den ersten verbalen Schlagabtauschen haben wir viel gelernt. Und – wir haben auch viel bewegt. Das heißt nicht, dass wir uns jetzt zurücklehnen können nach dem Motto: das Glas ist doch schon halb voll! Nein – nach unserer Auffassung ist das Glas noch halb leer – deshalb müssen wir noch viel tun für unsere Wirtschaft, für unsere Unternehmen, für jeden Unternehmer, aber auch für unsere Gesellschaft, in der wir leben. Und deshalb werde ich nachher noch viel sagen, was wir anpacken müssen.

Doch zurück zu dem Erreichten: was wir in Thüringen praktizieren ist in anderen Bundesländern noch nicht auf der Tagesordnung. Diese Treffen wie heute – Landespolitik und Wirtschaft an einem Tisch – sind aus der Sicht des Handwerks mit ein Grund dafür, dass wir die jetzt vorliegenden Wirtschaftsdaten in unserem Freistaat haben. Die Tatsache, dass die Interessenvertretung des Handwerks, der Thüringer Handwerkstag, mit dem Ministerpräsidenten, mit dem Wirtschaftsminister, mit dem Kultusminister, mit dem Justizminister usw. hier gemeinsam berät, ist doch ein Zeichen von gelebter Demokratie. Dass wir uns dabei nicht umarmen und auf die Schultern klopfen, das ist doch klar. Dass wir aber – jeder auf seinem Gebiet – versuchen, die Kräfte und Möglichkeiten zu verzahnen – das ist das gemeinsame Ziel. Und dafür streiten wir als Handwerker auch mal, und unsere Meinung werden wir auch nicht akademisch verbrämen, nein: unsere Auffassung ist, dass auf einen groben Klotz ein grober Keil gehört. Und so werden wir auch heute um die Sache streiten! Aber ich möchte Ihnen ja sagen, warum ich so ausholen muss, um eine weitere Veränderung zu erklären.

Zu unserer letzten Mitgliederversammlung des Thüringer Handwerkstages, letztes Jahr Oktober, habe ich der Landesregierung den Vorschlag gemacht, ob es nicht möglich ist, dass wir in Thüringen eine Vereinbarung „Landesregierung – Thüringer Handwerkstag“ abschließen können, die unsere Gemeinsamkeiten hervorhebt, die aber auch die Aktionsräume den Vereinbarungspartnern klar zuweist. Diese Rahmenvereinbarung soll sozusagen der Schirm sein, unter dem sich unsere Entwicklung vollzieht, und sie soll Verlässlichkeit bringen und Vertrauen schaffen. In der Untersetzung dieser Rahmenvereinbarung können dann kurzfristige Aufgaben abgeleitet werden, die dann zur Umsetzung anstehen.

Wir im Handwerk versprechen uns von dieser Vorgehensweise einerseits eine klare Politik und andererseits bessere Rahmenbedingungen für unser Handwerk.

Dieser Vorschlag wurde von unserem Ministerpräsidenten aufgegriffen. Und das nicht halbherzig.

Sehen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Jahr 2000 werden die Handwerkskammern in Thüringen 100 Jahre alt. Vor einhundert Jahren trotzten unsere Vorväter der damaligen Regierung das Recht auf eine Berufsstandsvertretung ab. Aber keine Vertretung mit Vereinsmentalität, sondern eine mit staatlichen Rechten und Pflichten. Und dieses System bewährt sich bereits 100 Jahre. Das war der Anlass, dass unser Ministerpräsident das Jahr 2000 zum Jahr des Handwerks erklärt hat. Und um das richtig zu unterstreichen, soll in diesem Jahr auch die genannte Landesvereinbarung zur Handwerksentwicklung abgeschlossen werden. Die Vorarbeiten dazu sind gemacht. Heute wollen wir nochmals die Gedanken sammeln, was die Vereinbarung rund machen soll. Wir wollen heute mit darüber reden, was ist machbar, welche Anregungen kommen von unseren Obermeistern. Was kann das Land machen, nach innen und nach außen und was können wir Handwerker machen. Und deshalb haben wir unsere Obermeister eingeladen, um auch hier noch Gedanken, die berücksichtigt werden können, aufzugreifen. Und deshalb auch der größere Raum!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine solche Vereinbarung zwischen Landesregierung und Handwerk ist in Deutschland erstmalig. Es ist sozusagen das Pilotprojekt für Deutschland. Wir Handwerker sollten erkennen, was Verantwortung und Glaubwürdigkeit in der Politik bedeutet, und unsere Politiker sollten erkennen, wie ernst es der Interessenvertretung des Handwerks um die Entwicklung unseres Freistaates geht. Dass dabei der Weg gewählt wird: es soll unseren Unternehmen gut gehen, dann geht es auch der Gesellschaft gut, das ist uns recht und billig, weil genau dieser Weg eben eine Triebkraft ist.

Aber, meine Damen und Herren, wir dürfen bei all unseren Gedanken nicht vergessen – was ist Landespolitik, was ist Bundespolitik, was kann das Land richten, was kann oder muß der Bund richten. Sicher können wir unseren Landespolitikern sagen, was zum Bund aus unserer Sicht zu transportieren wäre, aber – an die Verantwortlichkeiten müssen wir uns bei jeder Abrechnung erinnern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich bitte jetzt zur Bundespolitik übergehen. Aus Handwerkssicht muss ich hier ein Gesamturteil fälle
n „enttäuschend“. Die Bundespolitik hat uns Handwerker noch nie verwöhnt, was aber jetzt uns in der letzten Zeit vorgesetzt wurde, das ist eben mehr als enttäuschend.

Wir im Handwerk stellen uns die Frage, warum unsere Bundespolitik die simple Tatsache der Arbeitsteilung in unserer Gesellschaft zwischen Politik und Wirtschaft vergessen hat.

Die Politik sollte die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich unsere Unternehmen entwickeln können. Wir werden die Handwerkswirtschaft dann schon machen. Wir wollen nicht mehr und nicht weniger, als dass wir als Unternehmer leben können, dass unsere Gesellen ihren Arbeitsplatz haben und dass wir Gelegenheit haben, unsere Lehrlinge auszubilden. Mehr wollen wir nicht.

Und ich sage, das, was wir wollen, das muß Auftrag für die Politik sein. Und die Politiker machen das nicht für uns persönlich, sondern sie machen es für die Gesellschaft. Und für die Gesellschaft was zu tun steht ja wohl im Amtseid der Politiker an erster Stelle.

Und so denke ich, ist es legitim, von unseren Bundespolitikern Rahmenbedingungen zu fordern, die der Basis oder an der Basis gut tun.

Was kommt aber. Ich möchte nur Beispiele nennen, die das Dilemma beschreiben. Man mag gar nicht mehr erinnern an die 630,- DM-Job-Aktion. Was unsere Dienstleistungshandwerker gelitten haben und noch leiden – das wissen wir. Was unsere Gesellschaft von dem Debakel hat – das verschweigen uns noch unsere Bundespolitiker. Was die positiven Ergebnisse der Scheinselbständigkeitskampagne sein sollen, oder was die Heraufsetzung der Kündigungsgrenze gebracht hat – außer Pseudosiegesmeldungen der Bundespolitiker sind uns im Handwerk keine positiven Entwicklungsschübe bekannt. Aber es geht ja weiter.

Stichwort Ökosteuer! Schon in einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages steht: das Ökosteuergesetz ist verfassungsrechtlich bedenklich. Uns verkauft man diesen roten Luftballon im wahrsten Sinne des Wortes: denn wir bezahlen die Kraftstoffpreise, die wir nicht auf unsere Leistung umlegen können. Wenn dann wenigstens mit dem Geld etwas Ökologisches gemacht werden würde! So gießt man es in den großen Bottich der Rentenkassen zum Verausgaben anstatt am Rentensystem zu reformieren. Was Selbstvorsorge heißt wissen wir als Handwerker doch am besten, warum konnte das nicht in Teilen verallgemeinert werden.

Stichwort: Zahlungsmoral!

Ich kann unseren ersten Forderungskatalog von 1992 vorholen. Dort steht schon drin, was die Wirtschaft braucht. Und wie hat unsere Bundespolitik darauf reagiert. Aussitzen, um auf eine neue Moral zu warten, das hat Betrüger nur ermuntert!

Jetzt endlich haben wir das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen. Und hätte unsere Landesregierung durch Mitmachen bei der Sächsischen Initiative nicht mit Druck aufgemacht, dann hätten wir heute noch nichts.

Gewiss – wir erkennen die positiven Seiten des Gesetzes voll an. Es ist ein richtiger Schritt. Ich kann meine Handwerkskollegen nur ermutigen, das – was wir jetzt haben – auch anzuwenden.

Aber – es fehlen wichtige Grundgrößen im Gesetz. Es fehlt die Auftraggeberbürgschaft. Warum darf jeder einen Auftrag auslösen, auch wenn er gar kein Geld hat – und wir als Handwerker müssen eine Erfüllungsbürgschaft geben. Es ist doch nur recht und billig, bei Großaufträgen zu zeigen: ja – ich kann bezahlen. Aber da geht unsere Bundespolitik nicht ran.

Oder – der Überziehungszinssatz. Ja meinen unsere Bundespolitiker wirklich, die rund sieben Prozent schaffen Anreize zu bezahlen. Wenn ein normaler Kontokorrent schon zehn Prozent beträgt?! Da ist doch die „Handwerkerbank“ wesentlich günstiger. Oder nehmen wir das nächste: Stichwort: Trockenbau. Der Trockenbau, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine uralte Handwerkerleistung. Mit industriellen Elementen wird individuell der Ausbau gemacht. Und was meinen die klugen Köpfe am grünen Tisch in Berlin: der Trockenbau gehört zur Industrie, das ist kein Handwerk. Und die Begründung: es werden industrielle Zulieferteile verwendet! Also – jedem klar denkendem Menschen bleibt jetzt die Luft weg. Da gehört wohl der KFZ-Techniker auch nicht zum Handwerk – weil er industrielle Zulieferteile verbraucht. Da gehört wohl der Elektriker auch nicht mehr zum Handwerk – aus demselben Grund.

Also – meine sehr geehrten Damen und Herren, es gab im Trockenbau überhaupt keinen Grund, dieses Thema aufzugreifen. Es gab keinerlei Anlass dazu. Da fragt man sich als kleiner Thüringer Handwerker, warum machen die da oben in Berlin das. Und ich kann nur sagen:

man macht Nebenkriegsschauplätze auf, weil man an der Hauptfront keinen Sieg hat, weil man ablenken will. Und da hat man sich das Handwerk als Spielplatz ausgesucht. Wenn ich das so sarkastisch sage, hat das auch seinen Grund: es geht ja noch weiter. Passen Sie mal bitte auf. Deutschlands Stärke bei den kleinen Betrieben, bei den Handwerksbetrieben ist der Meister. Als ausgebildete Persönlichkeit leitet er einen Betrieb, gibt Gesellen Arbeit, bildet Lehrlinge aus.

Das ist unserer jetzigen Bundesregierung ein Dorn im Auge. Als erklärtes Ziel – in der Koalitionsvereinbarung nachzulesen – gilt die Aufweichung des Meisterbriefes. Und das begründet man mit: Behinderung der Existenzgründung muss weg, die Meisterwürde ist die Zugangsbremse für das Handwerk.

Meine Damen und Herren,

wer so etwas behauptet, hat von der Realität überhaupt keine Ahnung. Wir bilden in Thüringen jedes Jahr 1500 Meister aus. Und diese Meister lassen sich freiwillig ausbilden. Und die Hälfte von ihnen macht sich selbstständig. Und die andere Hälfte? Die wartet, dass endlich die Bundesregierung etwas schafft, damit die Rahmenbedingungen stimmen, um sich selbstständig zu machen. Man hat in Berlin überhaupt noch nicht erkannt, dass der Meister eine Ausbildungsstufe ist, dass man mit dem Meisterbrief ausgebildet ist, einen Betrieb zu führen, Lehrlinge auszubilden. Also es ist doch Schizophrenie: da redet man in Berlin davon, wir treten in die Wissensgesellschaft ein und zerbröckelt dabei gleichzeitig die Ausbildungsstufe des Meisters!

Meine Damen und Herren,

und wenn Sie denken, ich kann meine Kritik gegenüber Berlin beenden, dann irren Sie. Es kommt ja noch schlimmer. Unser Bundeswirtschaftsminister hat ja in München die Eröffnungsrede zur Internationalen Handwerksmesse gehalten. Alle Achtung – solche Rede gab es zu diesem Anlaß noch nie. Ich möchte es mal auf einen Hauptnenner bringen: es war eine Nabelschau und ein Affront gegen das Handwerk und seine Organisation. Wir wissen jetzt, wie das Handwerk eingestuft wird. Jeder Interessierte kann sich ja die Rede vornehmen, lesen und selbst beurteilen.

Unser Urteil im Handwerk wird gleich noch abgerundet:

Vor drei Wochen hat der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie erklärt, dass er beabsichtigt, für die Förderung des Beratungs- und Informationswesen im Handwerk ab dem Haushaltsjahr 2001 keine Mittel mehr zur Verfügung stellen will!

Ja, meine Damen und Herren,

lassen Sie sich bitte diesen Satz so richtig auf der Zunge zergehen.

Die Stärke dieser Bundesrepublik Deutschland, den kleinen und mittleren Betrieben über diese Beratungsförderung einen Nachteilsausgleich gegenüber den Großen zukommen zu lassen, um die Stabilität der Gesamtwirtschaft durch einen starken Klein- und Mittelstand zu garantieren, diese Stärke wird jetzt demontiert. Es möge sich jeder bitte selbst ein Bild davon machen.

Warum, meine sehr geehrten Damen und Herren, gehe ich hier so tiefgründig auf diese Sachverhalte ein.

Es liegt mir sehr daran – insbesonders für meine Handwerkskollegen, den Frontverlauf klarzustellen. Ich möchte deutlich machen, wofür ist die Bundespolitik verantwortlich, wofür die Landespolitik. Ich verhehle nicht, dass manche Handwerker hier Schwierigkeiten haben zu unterscheiden, was macht wer in der Demokratie, und somit aus Versehen Dinge vom Land und sogar von der Handwerkskammer abfordern, für die wir in Berlin das Geld ausgeb
en.

Natürlich, und auch das will ich deutlich machen, umarmen wir uns mit der Landespolitik nicht. Einmal geziehmt sich das nicht, weil wir in der Handwerksorganisation politisch neutral sind, und außerdem gilt auch im Zusammenwirken von Politikern und Handwerkern das alte Sprichwort: genaue Rechnung – gute Freunde. Und genau rechnen tun wir schon, und gute Freunde wollen wir auch bleiben. Und da ich gerade vom Rechnen sprach, ich habe mal nachgerechnet, verehrte Damen und Herren des Landtages.

Die Thüringer Allgemeine hat ja die Vorstellung der Landtagsabgeordnete sich zur Aufgabe gemacht. Da gibt es auch die Frage: „Was wollen Sie als Abgeordnete erreichen?“.

Ich habe mal die Antworten nach Stichworten durchsucht und ausgezählt, z.B.

das Wort „Handwerk“: wie oft vorhanden — 0,
das Wort „Arbeitsplatzbeschaffung“: wie oft vorhanden — 11,
das Wort „Wirtschaftsförderung“: wie oft vorhanden — 16 mal.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich möchte weder, dass Sie annehmen, wir Handwerker fühlen uns als Nabel Thüringens, ich weiß auch, dass Begriffe eng miteinander verwandt sind. Aber zum Nachdenken – dazu scheint auch solche Recherche gut.

Lassen Sie mich doch noch einige Problemfelder der Landespolitik aufgreifen. Da ist das weite Feld der Förderung. Die einen rufen nach der Gießkannenfördermethodik, die anderen tun das als Subventionen ab; Politiker, die keine Verantwortung zu übernehmen haben, ermuntern zu reichlich Fördermittel, ohne Quellen zu nennen; Politiker, die sparen wollen, wissen nicht – wie sag ich es meinen Handwerkern.

Sie sehen, es ist schon ein schwieriges Feld.

Lassen Sie mich also klar sagen. Ein Handwerker, der in einem gesunden Markt arbeiten kann, dessen Unternehmen ist dann auch gesund, der braucht keine Subventionen. Anders sieht es aus, wenn der Markt kaputt ist, wenn keine Marge zu erwirtschaften ist, wenn der Wettbewerb verzerrt ist.

Und, meine Damen und Herren Politiker,

der Markt ist kaputt, der Wettbewerb ist verzerrt. Und hier muss die Gesellschaft eingreifen, über die Landesregierung und über den Landtag. Aber da sind Fördermittel nur eine Komponente, dazu gehören auch Vergabekriterien, Landesregelungen, Landesgesetzgebungen. Wir haben in unserem

heutigen Positionspapier dazu etwas aufgeschrieben.

Wer sparen muss, der kann nicht mehr soviel ausgeben, das gilt auch für Fördermittel. Und ich muss meinen Handwerkskollegen schon sagen, dass wir in der Handwerksorganisation wußten, wo die Reise hingeht und wo weniger kommt. Aber wichtig ist doch, dass wir mit dem, was da ist, gut haushalten. Da ist die Förderung der überbetrieblichen Lehrunterweisung, die Förderung von Zusatzlehrgängen uns schon sehr wichtig – übrigens mit Fördersätzen, die einmalig in Deutschland sind. Aber wir brauchen auch neue Ideen: angefangen von neuen Ideen, wie Arbeit im Land, in der Region bleibt bis zum Notfonds für Handwerksunternehmen, die unverschuldet in Not geraten sind. Wir brauchen Ideen, wie die Thüringer Aufbaubank schneller arbeitet, welche weitere Aufgaben – wie z.B. Factoring – noch übernommen werden könnten. Wir brauchen eine stärkere Verzahnung von Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur – Landesarbeitsamt Sachsen-Anhalt-Thüringen – Arbeitsamt – Kommunen betreffs ersten und zweiten Arbeitsmarkt. Wir begrüßen das Programm 50 plus und sagen gleich, das ist ein Anfang.

Wir müssen prüfen, wie wir kaputtgemachte – ich sage ausdrücklich kaputtgemachte, Handwerksunternehmen über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wieder flott kriegen. Hier sind neue Ideen der Zusammenarbeit gefragt. Hier müssen insbesonders die dritte und vierte Ebene in unseren Ministerien, in unseren Behörden und Verwaltungen mal richtig ins Laufen kommen. Wenn wir uns auch mit den Leitungen der Einrichtungen einig sind, dann muss Dampf gemacht werden gegen „Dienst nach Vorschrift“ in den Ausführungsebenen. Es hilft doch nur Schnelligkeit. Wenn es z. B. um die Ausreichung eines Konsolidierungsdarlehens geht, dann muss es eben schnell kommen, um zu helfen, nach neun Monaten, da kann ich es getrost an die Wand nageln.

Da ist noch mehr im Land zu machen. Jetzt ist gerade die Kommunalgesetzänderung in der Mangel. Da heben wir schon die Finger: keine Ausdehnung der Kommunalbetriebe. Auch wir sehen hier sehr detailliert die Tatsachen. Natürlich sollen unsere Stadtwerke im Strommarkt bestehen können. Wir haben ja im Handwerk durch unseren Strompool mit TEAG und Stadtwerken den richtigen regionalen Weg gefunden. Aber – warum es ein städtisches Bestattungsinstitut geben muß, das ist uns im Handwerk völlig unklar. Warum ein städtisches Busunternehmen Wasch- und Pflegedienst für den Privatmann anbieten muß – das ist uns ein Rätsel. Für diese Dinge haben wir absolut kein Verständnis. Hier fordern wir die Privatisierung. Dass das kein einfacher Prozess ist, das ist uns klar. Aber glauben Sie uns, unsere eigenen Betriebe zu führen ist auch kein einfacher Prozess. Somit brauchen wir steuersubvensionierte Kommunalbetriebe nicht noch als Konkurrenz.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, es gibt eben Dinge im Land, die können wir auch im Land, ohne Bund, regeln. Das zu tun, das ist unsere Forderung und unsere Bitte an unsere Landespolitiker und an die Verantwortungsträger im Land!

Meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich möchte auf das aus meiner Sicht ernsteste Thema des Abends kommen. Und hier sind unsere Landespolitiker und unsere Handwerker gleichermaßen gefragt. Ich habe vorhin gesagt: der Markt ist kaputt. Das ist bittere Wahrheit. Das hat Auswirkungen. Das führt dazu, dass Unternehmen kaputt gehen, dass Betrüger am Markt Morgenluft wittern, dass der Mittelstand in Bedrängnis kommt, dass Kollegen von uns ganz tief fallen. Und es führt zu Gegenreaktionen. Eine davon ist ein Verein namens O.S.S.I, ein Verein mit dem sinnigen Namen „Ostdeutscher Selbsthilfeverein zum Schutz vor Insolvenz“. Dass Menschen in Not sich zusammenschließen, das ist legitim. Dass ein solcher Verein auf sich aufmerksam macht ist ebenfalls legitim. Ob aber alle Mittel und Wege dazu auf der Grundlage unserer Demokratie ablaufen, das muss schon hinterfragt werden. Es liegt mir fern zu bewerten, wie ein solcher Verein die Verbindung zu Verantwortungsträgern sucht. Es liegt aber auf der Hand zu bewerten, wenn ein solcher Verein die Richtung verliert. Wenn so – wie geschehen – die legitime Vertretung des Handwerks, die Berufsstandsvertretung, von der Seite angegangen wird, dann gilt es, dieses abzuwehren. Und ich appelliere da gerade an die Handwerkskollegen, die glauben, die Trennung in mehrere Grüppchen sei eine Stärke, darüber ernsthaft nachzudenken.

Als vor über 100 Jahren aktive Handwerker an Bismarck herangetreten sind, um eine Handwerksvertretung – nämlich das heutige Kammersystem – zu haben, da hat es lange gedauert, bis durch Einigkeit im Handwerk diese Forderung durchgebracht wurde. Diese Einigkeit gilt es zu bewahren! Wir Handwerker werden unglaubwürdig, wenn wir uns zerteilen, wenn jeder nach Wetterlage seine Forderungen aufmacht. Hier geht es um die Einigkeit des Handwerks. Das ist meine Forderung und Botschaft zugleich an alle Handwerker.

Aber es kommt ja noch schlimmer. Vor gut zwei Wochen gab es eine Demonstration des OSSI-Vereins vor dem Landtag. Auch Handwerker waren dabei. Wir könnten noch verstehen, wenn man dort über alles schimpft, aber falsch Zeugnis reden z. B. über die Handwerksorganisation, über die Kammern, das kann nicht im Raum stehen bleiben. Der gefährliche Höhepunkt der Veranstaltung war, dass extreme Randgruppen unserer Gesellschaft die Not unserer Handwerker ausnutzen, um auf eine solche Veranstaltung aufzusatteln und um dort eine Plattform zu suchen für Ihre Ziele weit entfernt von Realität, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Wenn das „Nationalkomitee Freie DDR“ im Kielwasser einer solchen Veranstaltung eine Flugblattaktion macht, dann kann ich nur sagen: nein, die Not unserer Unternehmer kann keine Plattform für solche Kräfte sein. D
ie ganze Tragik auf dieser eben genannten Aktion war ja der Auftritt von Landtagsabgeordneten. Da wettert ein führender PDS-Abgeordneter gegen die legitimierte Berufsstandsvertretung des Handwerks und er sagt nicht ein Wort zu dieser Flugblattaktion vor seinen Augen! Da tritt ein führender CDU-Abgeordneter auf und sagt ebenfalls nichts dazu! Hier müssen wir doch alle die Augen aufmachen! Das sagt mir doch ganz klar, ein solcher Abend wie heute ist ungemein wichtig, damit alle demokratischen Kräfte sich kennen, zusammenrücken, um für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzutreten. Unsere Generation hat die Wende herbeigeführt, das lassen wir uns von Randgruppen nicht kaputt machen. Diese Haltung sind wir als Handwerker unserer Ehre wegen schon schuldig. Wir haben es geschafft, dass Deutschland eines wurde und wir werden es auch schaffen, ein demokratisches und geeintes Deutschland an unsere nächste Generation zu übergeben.

Sehen Sie meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir Handwerker haben heute hier auch eine Demonstration vor. Wir haben diese Anstecker, um zu zeigen, wo wir stehen.

Es ist uns einfach leid, die ganze Aktion „Schwarze Koffer“ immer wieder politisch aufzuwärmen, zu wissen wer mit wem mit Steuergeldern Urlaub macht und wer mit Steuergeldern Parteiarbeit finanziert, wer lügt oder wer eben nur nachinformiert. Wir sagen deutlich: so etwas ist mit uns nicht zu machen, Handwerk ist sauber, und wir sind gegen Korruption und Machtmissbrauch in Politik und Gesellschaft.

Sehr geehrte Damen und Herren Politiker, machen Sie mit. Lassen Sie hier in Thüringen die neue Qualität der politischen Erfüllung gesellschaftlicher Normen wachsen, um sie nach außen, nach Deutschland zu tragen. Wir haben jetzt in Thüringen die besten Voraussetzungen dazu. Geben wir von Thüringen aus ein Signal – unser Anstecker soll ein äußeres Zeichen dafür sein!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Parlamentarische Abend des Handwerks ist nun das achte Mal ein Podium der Begegnung, und eine Möglichkeit, Kräfte zu erkennen und zu bündeln. Uns liegt es fern im Handwerk, als Besserwisser hier aufzutreten. Es hat sich aber gezeigt, dass klare Worte immer zu klaren Antworten und zu klaren Standpunkten führen. Das ist auch heute unser Ziel. Es ist immer ganz gut, wenn man mit einem ausgewähltem Wortzitat endet, was zum Nachdenken anregt. Sie wissen doch, wie es mit dem Propheten im eigenen Lande ist. Deshalb möchte ich ein Bibelwort zitieren, nämlich aus dem Matthäus-Evangelium, Kap. 7, Vers 12 „Alles, was Ihr für Euch von den Menschen erwartet, das tut Ihnen auch“. Und ich glaube, hier ist jeder gemeint. So wollen wir jetzt in eine Diskussionsrunde eintreten unter sachgerechter Moderation. Ziel soll sein, die Probleme nicht nur zu erkennen und zu beschreiben, sondern sie anzupacken. Das klappt nicht mit dem berühmten Schuldzuweisen hin und her, das klappt nur im abgestimmten Miteinander. Lassen Sie uns damit kräftig an-fangen, wir Handwerker sind dabei.

Für heute wollen wir allerdings noch einen guten Startpunkt setzen, damit wir gestärkt an die Arbeit gehen können. So darf ich Sie alle nach der Diskussionsrunde, zum Abendessen mit dem Thüringer Handwerk einladen.

Und ich sage Ihnen, langen Sie beherzt zu, es ist alles bezahlt – vom Handwerk. Denn Sie wissen ja – wir sind sauber!

So wünsche ich uns allen einen interessanten Abend.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Sperrfrist: Redebeginn am 12.04.2000

Es gilt das gesprochene Wort!