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Handwerkszeug für die Landespolitik

Handwerkszeugfür die Landespolitik

Parlamentarischer Abend setzt Dialog fort – 27. Parlamentarischer Abend am Mittwoch, 27. Februar 2019

Ohne Handwerk geht in Thüringen gar nichts: 30.000 Betriebe mit150.000 Beschäftigten und gut 7.000 Auszubildenden erwirtschaften mit ihrerArbeit mehr als 14 Milliarden Euro im Jahr. Während die Konjunktur weiter wächst,stellen strukturelle Veränderungen viele Handwerksbetriebe jedoch vor großeHerausforderungen. Sie arbeiten heute vielfach an ihren Kapazitätsgrenzen, dasPersonal ist überbelastet und der Wettbewerb um Fachkräfte wird immer größer.Unternehmertum und Selbstständigkeit werden durch regulatorische undfinanzielle Belastungen zusätzlich erschwert.

Gründe gibt es also genug, um die aktuelle Situation und dieZukunft des Handwerks mit den Thüringer Politikern zu besprechen. Es ist die 27. Auflage der Veranstaltung. Traditionellsuchen Vertreter des Handwerks an diesem Abend das Gespräch mit Politikern,tauschen Erfahrungen und Standpunkte aus und mahnen zu politischenAnstrengungen.

Kritik an der Novelle

Kritik an der Novelle

Vergabegesetz überarbeitet und beschlossen

Das Kabinett hat den Gesetzentwurf zur Überarbeitung des landeseigenenVergabegesetzes beschlossen. Er beinhaltet unter anderem die Einführung einesvergabespezifischen Mindestlohns von 10,04 Euro sowie die Verschärfung vonökologischen und sozialen Anforderungen bei der Bieterwahl. In den kommendenWochen wird der Gesetzentwurf im Plenum des Thüringer Landtags beraten.

Dass es eine Novelle des Vergabegesetzes braucht, betont auch Stefan Lobenstein, Präsident des Thüringer Handwerkstags. „Es ist ein richtiger Schritt. Die Vergabe öffentlicher Aufträge muss dringend entbürokratisiert und  verschlankt werden“, sagt er. Aktuell sei die Beteiligung von Handwerksbetrieben an öffentlichen Ausschreibungen rückläufig, nicht zuletzt wegen der guten privaten Auftragslage im Handwerk. Die demografische Entwicklung werde das Problem in den kommenden Jahren noch weiter verschärfen.

Das Ziel, das Vergabegesetz schlanker zu gestalten, sei mit der Novellierung jedoch verpasst worden. Während Stefan Lobenstein die geplante verpflichtende Nutzung der zentralen Landesvergabeplattform, die Einführung des Bestbieterprinzips und die Harmonisierung mit dem Bundesrecht begrüßt, findet er zahlreiche Kritikpunkte an der Novelle, vor allem den geplanten vergabespezifischen Mindestlohn von 10,04 Euro.  „Eine thüringenspezifische und vergabeeigene Regelung ist schlicht nicht notwendig“, sagt Stefan Lobenstein. Löhne würden auf Basis der von den Tarifpartnern ausgehandelten Tarifverträge bzw. nach Maßgabe des gesetzlichen Mindestlohns gezahlt. „Hierfür kommen die Tarifpartner und auch die Mindestlohnkommission regelmäßig zusammen“, so Lobenstein weiter.

Statt einer Vereinfachung des Gesetzes würden neue Regelungen zu mehr Nachweispflichten führen, die wiederum Angst vor Sanktionen und viel Bürokratie zur Folge hätten. „Das wird die Beteiligungsbereitschaft an öffentlichen Ausschreibungen nur noch weiter reduzieren. Die Landesregierung schneidet sich hier ins eigene Fleisch“, so Lobenstein.

Gleiches gelte für die weiteren sozialen und ökologischen Kriterien zur Vergabe. „Wir haben in der Vergangenheit immer wieder betont, dass die Einhaltung bestimmter Sozialstandards in einer globalisierten Wertschöpfungskette kaum nachgehalten werden kann“, erklärte der Präsident des Thüringer Handwerkstags. Bei den ILO-Arbeitsvorschriften etwa könnten zwar pro forma Erklärungen abgegeben werden. „Eine objektive Prüfung durch den Auftraggeber kann aber nicht erfolgen“, so Stefan Lobenstein. Vergabefremde Aspekte würden damit die Gefahr einer Verteuerung öffentlicher Beschaffungsvorgänge bergen, ohne jedoch eine Gewähr zu bieten, dass die intendierten politischen Ziele tatsächlich erreicht werden. Die Vertreter der Handwerksorganisationen werden in den kommenden Wochen weiter versuchen, der Landesregierung die Konsequenzen der Novellierung zu verdeutlichen.

Teilhabechancengesetz muss praktikabler werden

Teilhabechancengesetz muss praktikabler werden
Der Bundestag hat am 06.11.2018 das Gesetz zur Schaffung von Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt (Teilhabechancengesetz) verabschiedet, das am 01.01.2019 in Kraft tritt.
„Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels besteht Einigkeit über die notwendige Reaktivierung von Langzeitarbeitslosen. Während wir jedoch eine verbesserte betriebliche und überbetriebliche Nachqualifizierung fordern, will die Bundesregierung mit dem Teilhabechancengesetz einen umfangreichen sozialen Arbeitsmarkt schaffen“, schätzt Stefan Lobenstein, Präsident des THT, die aktuelle Lage ein. Das beschlossene Teilhabechancengesetz sei nicht der geeignete Weg, um mehr Langzeitarbeitslose in reguläre Arbeit zu bringen. Der bessere Weg wäre die individuelle Betreuung, Qualifizierung und gezielte Vermittlung von Langzeitarbeitslosen.
Betriebe, die Personen einstellen, die mehr als sechs Jahre SGB II-Leistungen erhalten haben, können durch das Teilhabechancengesetz mit einem Zuschuss für das Gehalt des neuen Mitarbeiters gefördert werden. In den ersten beiden Jahren entspricht das 100 Prozent des Mindestlohns – es sei denn, der Arbeitgeber ist tarifgebunden oder tariforientiert. Dann wird das tatsächlich gezahlte Arbeitsentgelt berücksichtigt. „Hier sind Wettbewerbsverzerrungen zu Gunsten von Trägern öffentlich geförderter Beschäftigung vorprogrammiert. Diese Entwicklung können wir in Thüringen mit dem 2015 verabschiedeten Förderprogramm für eine gemeinwohlorientierte Beschäftigung bereits beobachten. Man gewinnt den Eindruck, dass dem Staatsdirigismus Tür und Tor geöffnet sind“ so Lobenstein weiter.
Hintergrund
Der Thüringer Handwerkstag ist die Spitzenorganisation des Thüringer Handwerks und setzt sich aus 29 Landesinnungsverbänden, Fachverbänden und Landesinnungen sowie den drei Handwerkskammern zusammen. Der THT vertritt die Interessen von rund 30.000 Handwerksunternehmen mit 152.000 Beschäftigten und 6.000 Lehrlingen gegenüber dem Land und dem Bund.
Mit einem Jahresumsatz von rund 14 Milliarden Euro gehört das Handwerk zu den wichtigsten Wirtschaftsbereichen Thüringens. 59 Prozent aller Betriebe finden sich im Bau sowie im Metall- und Elektrobereich. Mit 16 Prozent sind die Betriebe der Gesundheitshandwerke die drittstärkste Gruppe, gefolgt vom Holzgewerbe mit einem Anteil von 12 Prozent. Die Handwerke in den Bereichen Glas, Papier sowie Nahrung und Bekleidung machen zusammen 13 Prozent des Handwerks aus.

Praktischer Leistungswettbewerb 2018: Ehrung der besten Thüringer Junghandwerker

Praktischer Leistungswettbewerb 2018: Ehrung der besten Thüringer Junghandwerker

Thüringer Handwerkstag zeichnet mit dem Leistungswettbewerb PLW die besten Junghandwerker im Freistaat aus. 
„Profis leisten was – PLW“ – unter diesem Motto ermittelt das Handwerk Jahr für Jahr die besten Nachwuchshandwerker. Die Sieger auf Kammer- und auf Landesebene stehen bereits fest. In 33 Berufen traten in diesem Jahr die leistungsstärksten jungen Gesellinnen und Gesellen aus Thüringen gegeneinander an und ermittelten ihre Besten. Wer schließlich auf Bundesebene ganz oben stehen wird, ist noch nicht in allen Berufen entschieden. Die Ehrung der Bundessieger findet am 1. Dezember in Berlin statt.
„Außergewöhnliche Leistung verdient außergewöhnliche Beachtung, ja: öffentliche Anerkennung. Ein Stück Bewunderung darf auch hinzukommen. Mit dem PLW kürt das Handwerk seine Besten. Auf die Sieger dürfen wir stolz sein. Jedes Jahr messen sich hier unsere Nachwuchstalente. Und die gezeigten Leistungen waren absolut überzeugend“, so Stefan Lobenstein, Präsident des Thüringer Handwerkstages.
Am 23. November ehrt der Thüringer Handwerkstag (THT) die Thüringer Landes- und Kammersieger im Rahmen einer Festveranstaltung im Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer Erfurt.
Sieger und Teilnehmer sind die Leistungsträger von morgen
Die hervorragenden Leistungen der Teilnehmer zeigen einmal mehr, dass eine gute Ausbildung nicht in erster Linie eine Frage der Masse, sondern der individuellen Klasse, der Ausdauer und des ausbildenden Umfeldes ist. Zu letzterem gehören Ausbildungsbetriebe, Berufsbildende Schulen und die Bildungszentren.
„Die erfolgreichen Teilnehmer am Leistungswettbewerb zeigen deutlich: Leistung lohnt sich. Und Leistung im Handwerk lohnt sich doppelt!“, so Lobenstein. Eine Ausbildung im Handwerk sei ein guter Start ins Berufsleben und bilde eine wichtige Basis für den beruflichen Erfolg. Im Handwerk bilde der leistungsorientierte Berufsnachwuchs eine wichtige Basis für die künftige Führungsgeneration in diesem Wirtschaftsbereich. Viele der Teilnehmer an den Wettbewerben beschreiten weitere Karrierewege im Handwerk, absolvieren die Meisterausbildung oder studieren. Hieraus erwachsen traditionell die künftigen Unternehmergenerationen im Handwerk.
Seinen Dank richtet Stefan Lobenstein insbesondere an die ausbildenden Betriebe. Ohne das große Ausbildungsengagement in den Handwerksbetrieben gäbe es nicht Jahr für Jahr diese hervorragenden Leistungen. Ausbildung sei der Königsweg in der Nachwuchsförderung und der Fachkräftesicherung, betont der Kammerpräsident im Hinblick auf den Mangel an Fachkräften, der in zahlreichen Branchen akut ist.

Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks

Förderung begabter Junghandwerker

Mit dem Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks (PLW) zeichnet das Handwerk die begabten Junghandwerker aus.
Ziele des Leistungswettbewerbs des Deutschen Handwerks sind:
  • Die Vorzüge der betrieblichen Ausbildung herausstellen,
  • die Achtung vor der beruflichen Arbeit im Handwerk stärken und gleichzeitig für das Handwerk werben,
  • die Öffentlichkeit auf die Ausbildungsleistungen im Handwerk aufmerksam machen,
  • begabte Lehrlinge, die als Preisträger hervorgehen, in ihrer beruflichen Entwicklung fördern,
  • die Arbeit der Ausbildungsberater, Lehrlingswarte und Gesellenprüfungsausschüsse intensivieren und eine Steigerung des Leistungs- und Prüfungsniveaus herbeiführen,
  • die Auszubildenden in ihrer Arbeit unterstützen und fördern.
Wettbewerb in Stufen
Der Wettbewerb wird auf Kammer-, Landes- und Bundesebene durchgeführt.
Wer darf teilnehmen?
Zur Teilnahme berechtigt sind Junghandwerker, die ihre Gesellenprüfung/ Abschlussprüfung in der Zeit vom Winter des Vorjahres bis zum Sommer des Wettbewerbsjahres abgelegt und zum Zeitpunkt der Gesellen- bzw. Abschlussprüfung das 27. Lebensjahr noch nicht überschritten haben.
Die Abschluss- oder Gesellenprüfung muss mindestens mit 81 Punkten abgeschlossen worden sein.

Azubi-Ticket mausert sich zum Erfolg

Azubi-Ticket mausert sich zum Erfolg

Am 27. September vermeldete das Infrastrukturministerium, dass bereits vor dem offiziellen Start 1.300 Azubi-Tickets verkauft wurden. Zudem erklärten sich zuletzt deutlich mehr Landkreise bereit, das Ticket anzuerkennen. Das Thüringer Handwerk wertet das als starkes Signal für die duale Ausbildung und unsere Auszubildenden.
Stefan Lobenstein, Präsident des Thüringer Handwerkstag e.V., zeigt sich erfreut über die jüngsten Entwicklungen. „Wir haben auf allen Ebenen lange für eine kostengünstige Mobilität der Lehrlinge gekämpft. Die Auszubildendenzahlen im Thüringer Handwerk haben sich innerhalb der letzten zehn Jahre halbiert. Hier spielen auch Rahmenbedingungen wie Schulstandorte und Fahrtwege eine gewichtige Rolle.“, so Lobenstein. „Dass es Handlungsbedarf gab, war allen beteiligten Akteuren klar. Unsere Auszubildenden haben in einer Umfrage mit deutlicher Mehrheit für die Einführung eines günstigen Tickets plädiert“, erklärt der Präsident weiter.
Trotzdem blieb es lange ruhig um das Thema. „Unklar bleibt, warum wir uns jahrelang beim Infrastrukturministerium und den zuständigen Stadt- und Kreisverwaltungen für die Auszubildenden einsetzen mussten. Es sollte doch im Interesse aller sein, dass junge Menschen bei uns in Thüringen bleiben“, so der Präsident.
„Umso mehr freut es mich jetzt, dass auch dank der Landesförderung weitere Landkreise nachgezogen haben und das Azubi-Ticket zusehends seinen Namen verdient. 1.300 verkaufte Abos noch vor dem offiziellen Start zeigen einmal mehr, wie wichtig eine Lösung des Problems ist. Es bleibt zu hoffen, dass auch die restlichen Regionen positiv votieren und unsere Auszubildenden bald günstig mit einem Fahrschein in ganz Thüringen unterwegs sein können.“ 

Berufsorientierung im Lehrplan

Berufsorientierung im Lehrplan

Zur Novellierung des Thüringer Schulgesetzes
Die Thüringer Landesregierung überarbeitet derzeit das Schulgesetz. Während die öffentliche Diskussion vor allem vom zu hohen Unterrichtsausfall und möglichen Mindestgrößen für Schulen bestimmt wird, ist für das Handwerk ein weiteres Thema von zentraler Bedeutung. Die Dringlichkeit einer Ausweitung und Versteti-gung der Maßnahmen zur Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler wurde nun erneut im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens von Handwerksvertretern verdeutlicht. 
Zu viele Ausbildungsabbrüche
Diese Meldung sorgte für Schlagzeilen. Gemäß dem kürzlich veröffentlichten Berufsbildungsbericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wurden im Jahr 2016 bundesweit 146.376 Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst. Dies entspricht einer Vertragslösungsquote von 25,8 Prozent. Wenngleich nicht jede Vertragslösung einem endgültigen Ausbildungsabbruch gleichkommt, zeigt der Trend der letzten Jahre nach oben. „Die Gründe sind natürlich vielfältig. Oft sind es aber falsche Erwartungen vom Berufsbild und dem Arbeitsalltag, die letztlich zu einer Umorientierung der Jugendlichen führen“, schätzt Stefan Lobenstein, Präsident des Thüringer Handwerkstag und Konditormeister, die Lage ein. „Umso wichtiger ist es, Schülerinnen und Schüler schon frühzeitig auf Basis ihrer Interessen, Kompetenzen und Potenziale Orientierungshilfen zu geben.“
Orientierungsmaßnahmen
Mit der „Landesstrategie zur praxisnahen Berufsorientierung“ hat das Land Thüringen 2013 ein wegweisendes Instrumentarium geschaffen, welches durch Schulen und Wirtschaft erfolgreich getragen und entwickelt wird. Ziel ist es, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, sich selbstverantwortlich, frei von Klischees und aktiv für ihren weiteren Bildungs- und Berufsweg zu entscheiden. „Die Erfolge der letzten Jahre sind durchaus sichtbar. So liegen die Abbruchquoten im Thüringer Handwerk deutlich unterhalb des bundesweiten Durchschnitts. Aber keine Frage, es gibt Gewerke, in denen können wir mit der Entwicklung nicht zufrieden sein. Umso wichtiger ist eine Weiterentwicklung und Ausweitung der Berufsorientierungsmaßnahmen“, so Lobenstein.
Erstmals gesetzliche Verankerung
Im Zuge der Reform ist erstmals eine Festschreibung der beruflichen Orientierung im Gesetz vorgesehen. „Dieser Schritt wird ausdrücklich begrüßt. Die Formulierungen sind aber noch zu schwammig. Es fehlt das klare Bekenntnis zur Ausweitung auf die Gymnasien, denn hier findet bislang oftmals keine ausgeglichene Berufs- und Studienorientierung statt“, so Lobenstein.
Ausweitung auf Gymnasien gefordert
Die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Studienberechtigtenquote in Thüringen mittlerweile bei annähernd 50 Prozent liegt. Die ausgeprägte gesellschaftliche Entwicklung hin zum akademischen Bildungsweg führt dazu, dass großen Teilen der Schülerschaft die Alternativen zum Studium, etwa die klassischen und modernen Bildungswege des Handwerks, nur unzureichend bekannt sind. Derzeit beginnt nur jeder achte Abiturient eine Ausbildung in einem Handwerksberuf. „Die berufliche Orientierung an Gymnasien sollte im Gesetz deshalb deutlich differenzierter betrachtet und entsprechend einheitlich, analog den Regelschulen, gefasst werden“, fasst Lobenstein die Marschrichtung für den weiteren Abstimmungsprozess zusammen.

Thüringen und der Weltkindertag

Thüringen und der Weltkindertag

Landesregierung plant zusätzlichen Feiertag ab 2019
Die rot-rot-grüne Landesregierung plant die Einführung eines zusätzlichen Feiertags ab 2019. Favorit ist der Weltkindertag, der jedes Jahr am 20. September stattfindet. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Feiertage in Deutschland, die anhaltende Diskussion in Thüringen und mögliche Auswirkungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Handwerk.
Feiertage in Deutschland
Bundesweit einheitlich gibt es elf gesetzliche Feiertage im Jahr. Dazu zählen der Neujahrstag, die Tage um Ostern, der Tag der Arbeit, Christi Himmelfahrt, die Pfingsttage, der Tag der deutschen Einheit und der 1. und 2. Weihnachtstag. Je nach Bun-desland gibt es bis zu drei zusätzliche Feiertage. In den evangelisch geprägten Regionen zählt dazu etwa der Reformationstag. In einigen katholisch geprägten Regionen gelten Fronleichnam, Maria Himmelfahrt oder Allerheiligen zu den gesetzlichen Feiertagen. In Thüringen ist neben den elf bundesweiten Feiertagen der Reformationstag ein im Feiertagsgesetz verankerter freier Tag. Das Eichsfeld sowie einzelne katholisch geprägte Gemeinden im Unstrut-Hainich-Kreis und Wartburgkreis haben mit Fronleichnam einen weiteren gesetzlichen Feiertag. Außer dem internationalen Tag der Arbeit und dem geschichtsträchtigen Tag der deutschen Einheit handelt es sich bei allen anderen in Deutschland geltenden Feiertagen um religiös motivierte arbeitsfreie Tage.
Aktuelle Diskussion
Auch andere Regionen in Deutschland diskutieren über weitere Feiertage. Die norddeutschen Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben in den vergangenen Monaten die Aufnahme des Reformationstages als gesetzlichen Feiertag beschlossen. Die Entscheidung im Bundesland Berlin steht unterdessen noch aus. Ein wichtiger Unterschied zwischen Thüringen und den genannten Bundesländern ist jedoch, dass letztere bislang keinen landeseigenen Feiertag hatten. Sie ziehen mit Bundesländern wie Thüringen also gleich.
Auswirkungen auf die Wirtschaft
Es ist davon auszugehen, dass sich mit dem Weltkindertag für die Thüringer Unternehmen Einbußen bei Ertrag und Wirtschaftlichkeit ergeben. Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln zeigt in einer aktuellen Studie auf, dass ein zusätzlicher Feiertag die Jahres-Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent reduziert. Auch das Thüringer Finanzministerium geht von einem Rückgang in dieser Größenordnung aus, was in etwa 62 Millionen Euro entspricht. Gerade im mehrheitlich arbeitsintensiven Handwerk wird ein zusätzlicher Feiertag zu spürbaren Einbußen führen, wenn der Ausfall an Arbeitsstunden nicht durch Überstunden an anderen Tagen kompensiert werden kann. Vor dem Hintergrund der guten Auftragslage werden die Kapazitätsengpässe damit weiter verschärft. Offen ist zudem, welche Auswirkungen auf die Beiträge zur Pflegeversicherung zu erwarten sind. Nach Sozialgesetzbuch XI folgt einer Erhöhung der Zahl der Feiertage gegenüber dem Stand vor Einführung der Pflegeversicherung 1994 die Erhöhung des Pflegebeitrags um 0,5 Prozentpunkte. Der Versuch der Landesregierung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, wird am Ende nicht aufgehen. Anstatt Betreuungsmöglichkeiten zu verbessern oder entlastende Maßnahmen für das Familienbudget zu beschließen, wird hier bereits um die Wählergunst für die Landtagswahl 2019 gebuhlt. Der 20. September fällt im nächsten Jahr übrigens auf einen Freitag.

Zu viele brechen Lehre ab

Zu viele brechen Lehre ab

In Thüringen liegt die Quote unter dem Bundesdurchschnitt
Anfang April veröffentlichte das Bundesministerium für Bildung und Forschung seinen Berufsbildungsbericht, wonach im Jahr 2016 jeder vierte Ausbildungs-vertrag vorzeitig aufgelöst wurde. Als Gründe werden in der Studie u. a. die gute konjunkturelle Lage genannt, die einen Wechsel in ein anderes Ausbildungsverhältnis erleichtert. Eine Vertragsauflösung bedeute deshalb keinesfalls den Abbruch der gesamten Be-rufsausbildung. Weitere Gründe seien Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten, ungünstige Arbeitsbedingungen oder eine falsche Vorstellung vom gewählten Beruf. Aus Sicht der Betriebe werden eine zu geringe Leistungsbereitschaft und mangelnde Motivation genannt.
In Thüringen liegt die Abbruchquote mit 13 Prozent deutlich unterhalb des Bundesdurchschnitts, auch wenn es große Unterschiede zwischen den Branchen gibt. Laut Studie ist die Abbrecherquote in den Handwerksberufen vor allem bei den Gebäudereinigern, Friseuren, Gerüstbauern und Bauten- und Ob-jektbeschichtern groß. Die Zahl der Abbrüche hängt dabei stark vom Lehrjahr und Schulabschluss ab. Lehrlinge im ersten Lehrjahr und ohne Hauptschulabschluss brechen statistisch betrachtet deutlich häufiger ihre Ausbildung ab.
Die Bildungsberater der Handwerkskammern unterstützen Auszubildende, Ausbildungsbetriebe aber auch Eltern und Lehrer bei allen Fragen und Problemen rund um die Ausbildung.

Fachkräfteengpass spitzt sich zu

Fachkräfteengpass spitzt sich zu

Bis 2030 braucht Thüringen 345.000 neue Arbeitskräfte
Die Thüringer Wirtschaft brummt. Was auf den ersten Blick erfreut, offenbart zugleich die zunehmenden strukturellen Probleme. Eine Anfang März im Arbeitsministerium vorgestellte Studie der Universität Halle rechnet vor, dass Thüringen bis 2030 345.000 neue Arbeitskräfte benötigt. 90 Prozent dieses Bedarfs liegen laut Studie auf Facharbeiterniveau.
Die prognostizierten Zahlen ergeben sich aus Daten der Bundesagentur für Arbeit sowie einer repräsentativen Befragung in mehr als 1.000 Thüringer Betrieben. Ursächlich ist vor allem die demografische Entwicklung. Der Berufseintritt der geburtenschwachen Jahrgänge kompensiert nicht annähernd das altersbedingte Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge. Laut Studie kommen zwischen 2025 und 2030 auf einen Berufseinsteiger im Schnitt 1,5 Ruheständler. Hinzu kommt ein Mehrbedarf aufgrund der anhaltend guten wirtschaftlichen Lage im Freistaat.
Entwicklungen auch im Handwerk spürbar
Die Entwicklungen sind auch im Handwerk spürbar. „Fähiges Personal ist am Arbeitsmarkt Mangelware. Bei der guten Auftragslage wird das für viele Hand-werksbetriebe zum Engpassfaktor und hemmt die vorhandenen Wachstumspotenziale“, warnt Stefan Lobenstein, Präsident des Thüringer Handwerkstag e.V. (THT). Überproportional betroffen sind aktuell die Bau- und Ausbaugewerke, die aufgrund anhaltender Niedrigzinsen und einer hohen privaten und staatlichen Baunachfrage volle Auftragsbücher vorweisen. „Kunden müssen vermehrt mit langen Wartezeiten rechnen. Der Auftragsvorlauf liegt aktuell bei zwölf Wochen und mehr. Viele Betriebe sind vollkommen ausgelastet und finden kein Personal, um ihre Kapazitäten auszuweiten“, konstatiert Lobenstein.
So blieben im vergangenen Jahr 22.000 Stellen unbesetzt. „Im SHK-Bereich und anderen Ausbaugewerken suchen Betriebe fast ein dreiviertel Jahr, um eine offene Stelle besetzen zu können. In ländlichen Regionen findet sich oftmals gar kein geeigneter Bewerber mehr“, so Lobenstein.
Handwerk blickt in schwierige Zukunft
Die Studie der Universität Halle empfiehlt höhere Löhne, die längere Beschäftigung von Älteren sowie mehr Digitalisierung, um dem Fachkräfteengpass zu begegnen. „Leider steht zu befürchten, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen, um die Entwicklungen im Handwerk aufzuhalten. Die Zahl der Lehrlinge hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als halbiert. Die Politik hat die Akademisierung der Gesellschaft lange befördert, bislang ist kein ernsthaftes Umdenken festzustellen. Hinzu kommt, dass insbesondere in den körperlich intensiven Gewerken irgendwann die Luft raus ist. Mit 65 Jahren Gerüstteile schleppen oder Dächer eindecken – das kann im Ausnahmefall gelingen, ist aber nicht die Regel.“ Auch bei der Digitalisierung sieht Lobenstein natürliche Grenzen im Handwerk: „Die Betriebe wissen um die Chancen der Digitalisierung, ob bei der Kundenakquise, in der Produktion und Dienstleistungserbringung oder im Büro. Einige Betriebe sind hier bestens für die Zukunft gewappnet, etwa in den Gesundheitsgewerken oder im Kfz-Bereich. Aber Handwerk – das ist und bleibt eine individuelle Leistungserbringung, die auch in Zukunft von Handarbeit geprägt sein wird“.
Um der Entwicklung entgegenzuwirken, werden sich die Thüringer Handwerksorganisationen weiterhin politisch engagieren. „Das Themenspektrum der Gespräche reicht von einer deutlich verbesserten Berufsorientierung an den Thüringer Schulen bis hin zu den Chancen von Arbeit 4.0 für ältere Arbeitnehmer. Hier werden wir weiter hart arbeiten, damit das Handwerk auch in Zukunft ein wichtiger Eckpfeiler der Thüringer Wirtschaft ist.“

Fachkräftemangel und Nachfolgersuche spitzen sich zu

Fachkräftemangel und Nachfolgersuche spitzen sich zu

Wie die demografische Entwicklung das Handwerk verändert
Schaut man auf die Entwicklung des Handwerks in den letzten Jahren, so überwiegen die positiven Nachrichten. Die meisten Handwerksbetriebe profitieren von der anhaltend guten konjunkturellen Lage, wie die prall gefüllten Auftragsbücher zeigen. Wartezeiten von zehn Wochen sind für viele Kunden mittlerweile Alltag. Auch die Umsätze steigen mehrheitlich. Anhaltende Niedrigzinsen und die hohen privaten und staatlichen Konsumausgaben führen derzeit vor allem in den Bau- und Ausbaugewerken sowie bei den handwerklichen Zulieferern zu Hochstimmung.
Fachkräftesuche wird schwieriger
Doch immer häufiger suchen viele Betriebe händeringend nach Fachkräften, um ihre Kapazitäten ausweiten zu können. Die aktuellen Zahlen der Arbeitsagenturen zeigen: über 26.000 offene Stellen sind gemeldet, also knapp 3.000 Stellen mehr als vor einem Jahr. Stefan Lobenstein, Präsident des Thüringer Handwerkstag e.V., betrachtet die Entwicklung mit Sorge. „Das altersbedingte Ausscheiden vieler Fachkräfte wird die Situation weiter verschärfen! Hochrechnungen gehen in einigen Regionen Thüringens von einem 30-prozentigen Rückgang der Erwerbspersonenzahl bis 2030 aus. Konkret geht es hier um etwa 345.000 Thüringerinnen und Thüringer, die in den nächsten Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden.“
Der Berufseintritt der geburtenschwachen Jahrgänge kompensiert diese Entwicklung nicht annähernd. Laut einer aktuellen Studie der Universität Halle kommen zwischen 2025 und 2030 auf einen Berufseinsteiger im Schnitt 1,5 Ruheständler. Die Zahl der Thüringer Handwerkslehrlinge hat sich in den letzten zehn Jahren auf zuletzt 6.649 halbiert.
Kaum Nachfolger in Sicht
Schwieriger wird auch die Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Ein Drittel der Betriebsinhaber hat heute das 55. Lebensjahr bereits erreicht. Über 9.000 Handwerksbetriebe stehen in den nächsten zehn Jahren vor dem Aus. „Die klassische Betriebsübergabe an den Sohn oder die Tochter hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen“, fasst Lobenstein eine der Hauptursachen zusammen.
Um der demografischen Entwicklung entgegen zu wirken, empfiehlt die Universität Halle höhere Löhne, die längere Beschäftigung von Älteren sowie mehr Digitalisierung. „Leider steht zu befürchten, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen. Der Drang zu studieren, hat sich in den Köpfen vieler Jugendlicher festgesetzt. Das Handwerk wird oftmals als unattraktiver Arbeitgeber wahrgenommen. Hinzu kommt, dass insbesondere in den körperlich intensiven Gewerken irgendwann die Luft raus ist. Mit 65 Jahren Gerüstteile schleppen oder Dächer eindecken – das kann im Ausnahmefall gelingen, ist aber sicherlich nicht die Regel.“ Auch bei der Digitalisierung sieht Lobenstein natürliche Grenzen im Handwerk. „Die Betriebe wissen um die Chancen der Digitalisierung. Einige sind bereits bestens für die Zukunft gewappnet. Aber Handwerk – das ist und bleibt eine individuelle Leistungserbringung, die auch in Zukunft von Handarbeit geprägt sein wird. Dafür braucht es Personal“, so Lobenstein.
Um der Entwicklung entgegenzuwirken, werden die Thüringer Handwerksorganisationen sich weiterhin politisch engagieren. Das Themenspektrum der Gespräche reicht von einer deutlich verbesserten Berufsorientierung an den Thüringer Schulen, über neue Karrierewege im Handwerk, verbesserte Bedingungen für ältere Arbeitnehmer bis hin zu stärkeren Anreizen bei der Übernahme eines Betriebs.