Duale Ausbildung stärken!
Unternehmergeist wecken!
Thüringer Handwerk stellt erneut Forderungen an die Landespolitik
In diesen Tagen beginnt das neue Ausbildungsjahr und erneut bleiben hunderte Lehrstellen im Thüringer Handwerk unbesetzt. Der Nachwuchsmangel setzt sich damit ungehindert fort.
Demografie nicht alleiniger Grund
Stefan Lobenstein, Konditormeister und Präsident des Thüringer Handwerkstag e. V. (THT), sieht die demografische Entwicklung als wichtigen Treiber. „Die Auswirkungen sind heute in allen Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen zu spüren. Allerdings ist der rückläufige Trend im Handwerk deutlich stärker ausgeprägt“, fasst Lobenstein die aktuelle Entwicklung zusammen.
Die Statistik zeigt, dass sich zwischen 1996 und 2016 die Zahl der Schulabsolventen um 49 Prozent reduzierte, die Zahl der Lehrlinge im Thüringer Handwerk jedoch im gleichen Zeitraum um 76 Prozent zurückging. „Ursächlich ist hier die von der Politik geförderte Ansicht in unserer Gesellschaft, dass nur das Abitur und ein Studium für sichere Arbeitsperspektiven und Karrieremöglichkeiten sorgen. Dabei bietet das Handwerk hochanspruchsvolle und abwechslungsreiche Berufe, die gerade im Zuge der Digitalisierung immer mehr Köpfchen erfordern“, so Lobenstein.
Im vergangenen Jahr erwarben in Thüringen bereits 51 Prozent der Schulabsolventen die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife. Das Abitur wird damit zusehends zum Regelabschluss. Lobenstein zeigt sich besorgt. „Wenn der natürliche Weg eines Abiturienten an eine Hochschule zu führen hat, brauchen wir uns nicht wundern, wenn immer mehr Lehrstellen unbesetzt bleiben oder Betriebe mangels Erfolg sogar gänzlich auf die Ausschreibung von Ausbildungsplätzen verzichten.“
Maßnahmenkatalog vorgestellt
Um die duale Ausbildung zu stärken und den Unternehmergeist in den jungen Menschen zu wecken, stellte der Thüringer Handwerkstag e. V. kürzlich seinen aktuellen Maßnahmenkatalog vor. Thomas Malcherek, Geschäftsführer des THT, fasst die wesentlichen Handlungsfelder zusammen: „Das beginnt bei der Ausweitung von Berufsorientierungsveranstaltungen auf alle Schulformen. Gymnasiasten sollten das Recht haben, ausgeglichen über Studien- und Berufsmöglichkeiten informiert zu werden. Es bedarf auch einer stärkeren Vermittlung von Unternehmertum an den Schulen. Wir müssen es durch Planspiele, Betriebsbesichtigungen und Praktika stärker schaffen, den Unternehmergeist in den Jugendlichen zu wecken. Das erfolgreich gestartete Handwerkergymnasium mit über 80 Schülern ist dafür ein wichtiger Ansatz, der konsequent fortentwickelt werden muss. Aber auch die Rahmenbedingungen einer Ausbildung müssen attraktiver werden. Wenn die Landesregierung das Berufsschulnetz ausdünnt, dann muss sie auch Alternativen schaffen“, moniert Malcherek den aktuellen Stillstand. „Weder sind unsere Berufsschulen personell ausreichend ausgestattet, noch sind sie in der Lage, den digitalen Wandel des Handwerks durch moderne Unterrichtsmittel zu vermitteln. Der gleiche Stillstand ist beim seit langem geforderten Azubi-Ticket zu verzeichnen.“
Als weitere Handlungsfelder benennt der Maßnahmenkatalog etwa die verbesserte Gewinnung von Studienabbrechern oder die Weiterentwicklung der Ansätze zur Integration von Geflüchteten. „Der Maßnahmenkatalog nennt konkrete Ansatzpunkte und ist damit eine wichtige Grundlage für die kommenden Gespräche mit der Landespolitik und den Ministerien“, fasst Malcherek die Intention zusammen.
Zum Download als PDF: 10 Punkte-Programm Duale Ausbildung