Meisterförderung im Vergleich
Wie unterschiedlich Jungmeister in den Bundesländern gefördert werden und warum Thüringen hinterherhinkt
Die Thüringer Wirtschaft brummt. Was auf den ersten Blick erfreut, offenbart zugleich die zunehmenden strukturellen Probleme in Thüringen. So blieben im vergangenen Jahr 22.000 Stellen unbesetzt. Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung geben 35 Prozent der Thüringer Unternehmer an, zunehmende Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen zu haben.
Fachkräftemangel im Handwerk
Die Entwicklungen sind auch im Handwerk spürbar. „Fähiges Personal ist am Arbeitsmarkt mittlerweile Mangelware. Bei der guten Auftragslage wird das für viele Handwerksbetriebe zum Engpassfaktor und hemmt die vorhandenen Wachstumspotenziale“, fasst Stefan Lobenstein, Konditormeister und Präsident des Thüringer Handwerkstag e.V. (THT), die aktuelle Lage zusammen.
Lobenstein sieht die Ursache vor allem in der zunehmenden Akademisierung unserer Gesellschaft. „Heute schließen 58 Prozent der Schüler ihre Schullaufbahn mit dem Abitur ab. Dann strömen sie an die Universitäten, anstatt Karriere im Handwerk zu machen. Dabei sind 80 Prozent des Arbeitskräftebedarfs in Thüringen auf Facharbeiterniveau. Das ist eine völlig verfehlte gesellschaftliche Entwicklung, die nicht nur die Personalsuche immer schwieriger macht, sondern auch beim Thema Betriebsnachfolge immer größere Sor-gen bereitet. Allein in den nächsten zehn Jahren steht ein Drittel der Thüringer Handwerksbetriebe vor der Herausforderung einen geeigneten Nachfolger zu finden.“
Verbessertes Meister-BAföG
Das Handwerk fordert hier seit Langem ein Umdenken. Allmählich beginnt die Politik zu begreifen und versucht gegenzusteuern. So erhalten angehende Meister seit dem vergangenen Jahr erhöhte Zuschüsse über das Aufstiegsfortbildungsgesetz (AFBG), besser bekannt als MeisterBAföG. Aktuell beläuft sich die Unterstützung auf 40 Prozent der Fortbildungskosten. Bei bestandener Prüfung werden 64 Prozent als Zuschuss gewährt. Die SPD forderte im Bundestagswahlkampf sogar die vollständige Abschaffung von Fortbildungskosten. „Das ist der einzig richtige Weg, um berufliche und akademische Ausbildung gleichzustellen. Die dafür notwendige Anpassung des AFBG (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz) muss Thema in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD sein“, so Lobenstein.
Bundesländer unterschiedlich weit
Bis dahin sind die Bundesländer gefordert, ihren Meisternachwuchs zu entlasten und Anreize zur Fortbildung zu schaffen. So vergibt Bayern bereits seit 2013 den sogenannten Meisterbonus in Höhe von 1.000 Euro an jeden Meisterabsolventen. Auch Mecklenburg-Vorpommern vergibt ein Meister-Extra von 1.000 Euro. Der niedersächsischen Landesregierung sind ihre Meister seit September sogar 4.000 Euro Prämie wert. In anderen Bundesländern hat sich ein anderes Modell, die Meistergründungsprämie, durchgesetzt. So vergeben Berlin und Nordrhein-Westfalen bereits seit vielen Jahren einen Zuschuss von aktuell rund 7.000 Euro an gründungs- und übernahmewillige Jungmeister. Bei Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen kommen weitere 5.000 Euro obendrauf. Seit 2015 erhalten auch Meisterabsolventen in Brandenburg einen Gründungszuschuss. Sachsen-Anhalt lockt seit die-sem Jahr junge Meister sogar mit 10.000 Euro Zuschuss in die Selbstständigkeit.
Die Thüringer Meisterprämie in Höhe von 1.000 Euro, die ausschließlich an die besten Jungmeister vergeben wird, wirkt da wie ein Tropfen auf den heißen Stein. „Die Landesregierung ist gefordert, sich im Bund für eine Aus-weitung des AFBG einzusetzen und mit Landesmitteln ihre Wertschätzung eines jeden Thüringer Meisters zum Ausdruck zu bringen“, fasst Lobenstein den Appell in Richtung Wirtschaftsministerium zusammen. „Sich fortzubilden muss bezahlbar sein. Wir werden hier nicht locker lassen und uns weiter für den Handwerkernachwuchs stark machen.“
Im vergangenen Jahr schlossen 439 Jungmeister erfolgreich ihre Meisterausbildung ab.